Alltag in der Kurapotheke im oberbayerischen Schliersee. Wie in Tausenden anderen Apotheken in Deutschland kommen Patienten, um Verordnungen einzulösen. Was den meisten dabei nicht bewusst ist: Wenn ein Apotheker ein Rezept entgegennimmt, muss er genau prüfen, ob es korrekt beschriftet ist.
Die Identifikations-Nummer des Arztes etwa darf ebenso wenig fehlen wie die Unterschrift. Sonst kann die Krankenkasse eine sogenannte Null-Retaxierung vornehmen. Hinter dem sperrigen Begriff steht bares Geld, erklärt der Apotheker Alexander von Waldenfels.
"Das bedeutet eben in dem Fall, das Arzneimittel wurde korrekt abgegeben, der Patient wurde korrekt beliefert. Aber die Krankenkasse zahlt dem Apotheker das Medikament nicht, das wird im Nachhinein wieder abgezogen."
Es gibt einige Gründe, aus denen die Kasse sich weigern kann, ein Rezept zu erstatten. Und es kann um beträchtliche Summen gehen.
"Ich hatte letztes Jahr persönlich einen ziemlich harten Fall, da ging es um ein sehr teures Medikament. Da waren es über 5.000 Euro."
Eine Patientin habe von einem Facharzt ein Rezept für ein sehr teures Medikament bekommen, das sie immer wieder braucht, erzählt Waldenfels. Weil solche Arzneien meist nicht vorrätig sind, habe die Patientin angerufen und angekündigt, dass sie das Medikament in den nächsten Tagen holen würde. Als sie zum Abholen kam, war das Gültigkeitsdatum des Rezepts aber schon abgelaufen. Eine Apothekenmitarbeiterin dachte, sie könnte das Problem lösen, indem sie das ursprüngliche Datum mit Korrekturfarbe überdeckt und ein neues Datum aufdruckt.
"Das Rezept wurde dann über die Verrechnungsstelle eingereicht, und kam dann ein halbes Jahr später - in dem Fall war es eben die DAK - wieder zurück mit dem Argument, das Rezept sei bei Belieferung schon abgelaufen gewesen."
Denn der Einfall der Apothekenmitarbeiterin, das abgelaufene Rezept mit einem anderen Datum zu versehen, entpuppte sich als schlechte Idee.
"Das korrigierte Rezept, dieses weiße Korrekturband, haben die abgekratzt und haben eben unten drunter gesehen, dass eben ein anderes Datum zuerst bedruckt war."
Die Kasse erklärte das Rezept für ungültig und weigerte sich, die rund 5.000 Euro zu erstatten. Formal war sie damit im Recht, räumt Waldenfels ein. Am Ende war er es, der das Medikament für die schwerkranke Patientin bezahlt hat. Dass die Frau bei der drittgrößten bundesweiten Krankenkasse, der DAK, versichert war, ist nach Ansicht des Apothekers ein wichtiger Teil der Geschichte um das 5.000-Euro-Rezept. Denn die DAK hat unter Apothekern und auch unter anderen Gesundheitsberuflern mittlerweile den Ruf, dass sie Kosten zu sparen versucht wie keine andere Kasse.
"Da tauchen eben vermehrt Fälle jetzt auf. Und bei der AOK oder anderen Krankenkassen herrscht schon mehr Kulanz."
Folgen des Preiskampfes
Warum die DAK besonders aufs Geld achtet, liegt in den Augen des Apothekers auf der Hand: Die Kasse steckt seit geraumer Zeit in Finanzproblemen. Zum Jahreswechsel hat sie den Beitragssatz deutlich stärker angehoben als die meisten anderen Versicherer und ist damit zur teuersten bundesweiten Groß-Kasse geworden. Doch wer teuer ist, verliert Mitglieder. Weil das auf Dauer existenzbedrohend werden kann, hilft nur eines: Kosten senken. Die Geschichte der überdurchschnittlich teuren DAK und ihrer Sparmaßnahmen ist also eine Geschichte, die alle gesetzlichen Krankenkassen betrifft und alle Versicherten. Denn es geht um die Frage: Welche Folgen hat es, wenn Kassen ihren Wettbewerb über den Preis austragen?
Seit die gesetzlichen Krankenkassen vor gut 20 Jahren von der Politik in einen Wettbewerb um Mitglieder geschickt wurden, sprechen sie oft nicht mehr von Versicherten, sondern von Kunden. Sie versuchen, wie ganz normale Wirtschaftsbetriebe, bei der Kundschaft mit einem positiven Image verknüpft zu werden. Die DAK hat zu diesem Zweck einen eigenen Pop-Song komponieren lassen. Der Vorstands-Chef Herbert Rebscher weiß, dass seine Kasse bei etlichen Apothekern, aber auch bei manchen Reha-Kliniken oder Pflegediensten kein sonderlich großzügiges Image hat.
Doch es gehe seiner Kasse nicht darum, berechtigte Ansprüche zu verweigern, erklärt Rebscher in seinem Büro in der DAK-Zentrale in Hamburg. Man schaue inzwischen einfach genauer nach, wohin das Geld fließt. Wenn ein Apotheker sich beschwert, dass er ein falsch bearbeitetes Rezept nicht erstattet bekommt, ist in den Augen des Kassen-Chefs klar, wo das eigentliche Problem liegt.
"Dann wird immer so unterschwellig gesagt, Schuld sind die, die nicht zahlen. Nein. Schuld sind die, die etwas falsch machen. Ich kann nach der Schilderung nicht beurteilen, ob da betrügerische Absicht dahinter steckt."
Rund 20 Milliarden Euro bewegt eine Groß-Kasse wie die DAK im Jahr. Eine wichtige Aufgabe sei es, darauf zu achten, dass das Geld an die richtige Stelle fließt, betont der Vorstandschef. Dazu gehöre es, Regeln aufzustellen – und auf die Einhaltung der Regeln zu pochen. Und Rebscher findet, dass der Apotheker, dessen Mitarbeiterin ein 5.000-Euro-Rezept mit einem neuen Datum versehen hat, fast noch glimpflich davon gekommen ist.
"Versuchen Sie das mal beim Finanzamt. Da haben Sie sofort eine Klage wegen Urkundenfälschung an der Backe. Versuchen Sie das mal mit einer Rechnung, die Sie einreichen, wo Sie irgendwas dran gefummelt haben, da haben Sie eine persönliche Klage am Hals."
Rebscher kennt die Beschwerden von Apothekern, Reha-Kliniken oder Pflegediensten, dass seine Kasse knausrig und wenig kulant sei. Aber er kann Zahlen präsentieren, die zeigen, dass die DAK bei Arzneimitteln oder Reha-Maßnahmen – gerechnet auf den einzelnen Versicherten – deutlich mehr ausgibt als andere Kassen.
"Wir sind die Kasse mit den höchsten Leistungsausgaben pro Kopf von den relevanten vergleichbaren Kassen, gerade in diesen Bereichen, wo es um Verordnungen geht, wo es um Antragsverfahren geht, also wo eine Kasse auch steuert."
Als die gesetzlichen Kassen Mitte der 90er-Jahre in den Wettbewerb geschickt wurden, brachten sie sehr unterschiedliche Voraussetzungen mit. Es gab Kassen mit überdurchschnittlich vielen älteren und kranken Versicherten – dazu zählen viele AOKs oder auch die DAK, die lange Zeit sozusagen als Verkäuferinnen- und Sekretärinnen-Kasse galt.
Daneben gab es Anbieter wie die Techniker Krankenkasse, die viele vergleichsweise junge und gesunde Versicherte hatte – bei der TK erklärt sich das mit ihrer Tradition als Kasse für Ingenieure und höhere Angestellte. Ähnlich günstig steht die Krankenkasse hkk mit Sitz in Bremen da.
"Unser Versichertenklientel ist um 18 Prozent jünger und gesünder als der Durchschnitt der gesetzlichen Krankenkassen. Und das Klientel der DAK beispielsweise ist etwa acht Prozent älter und kränker als der Durchschnitt der gesetzlichen Krankenkassen."
Der Vorstand der hkk, Michael Lempe, sieht kein Problem darin, dass es Kassen mit vielen kranken Versicherten gibt, und Anbieter, die sich weniger intensiv um die Gesundheitsprobleme ihrer Kundschaft kümmern müssen. Denn mit dem Wettbewerb unter den Kassen wurde auch ein Finanzausgleich eingeführt.
"Diese Faktoren werden zusammengerechnet und der Finanzausgleich zwischen den gesetzlichen Krankenkassen trägt dazu bei, dass alles ausgeglichen wird."
Die Tatsache, dass die hkk weit weniger Kranke in ihren Datenbanken führt als viele Konkurrenten, hat nach Ansicht des Vorstands also nichts damit zu tun, dass sie einen besonders niedrigen Beitragssatz hat – worauf die Kasse auch in Werbespots gerne hinweist:
"Günstigste deutschlandweit wählbare Krankenkasse."
Mit diesem Argument ist es der hkk gelungen, alleine im ersten Quartal dieses Jahres ihre Versichertenzahl um ein Fünftel zu steigern – auf gut 480.000. Um 0,9 Beitragssatzpunkte ist die hkk günstiger als teure Kassen wie die DAK. Aufs Jahr gerechnet kann ein Versicherter bei einem Wechsel rund 460 Euro sparen. Die Gründe dafür sieht der hkk-Chef Lempe vor allem in einem guten Management.
"Also beispielsweise haben wir über eine entsprechende Preispolitik in den Vorjahren ein gutes Vermögen aufgebaut und erwirtschaften entsprechend Zinsen. Das macht schon mal 0,1 Prozent Preisunterschied aus. Des Weiteren haben wir sehr schlanke Strukturen und entsprechend geringe Verwaltungskosten haben. Das macht etwa 0,2 Punkte aus. Beide Faktoren, das Ergebnis der Zinsen und die niedrigeren Verwaltungskosten, ergibt 0,3 Prozentpunkte Preisunterschied."
Nicht richtig funktionierender Finanzausgleich
Wenn eine Kasse ihre Verwaltungskosten im Griff hat, kann sie auch einen günstigen Beitragssatz bieten. Zu dieser Aussage schüttelt der Chef der DAK, Herbert Rebscher, den Kopf. Seine Kasse liegt bei den Verwaltungskosten zwar über dem Durchschnitt aller Kassen – aber nur geringfügig. Der Beitragssatz, den die DAK - mit Genehmigung der Aufsichtsbehörden – verlangt, liegt jedoch weit über dem Schnitt. Gleichzeitig gibt es Kassen, wie etwa die AOK Plus, die ihre Versicherten in Sachsen und Thüringen hat, die überdurchschnittlich viel für die Verwaltung ausgeben – und dennoch Beitragssätze deutlich unter dem Durchschnitt aller Kassen nehmen.
Der Grund für solche Verwerfungen liegt in den Augen des DAK-Chefs Rebscher darin, dass der Finanzausgleich zwischen den Kassen nicht richtig funktioniert. Denn ein Teil der Ausgaben werde nicht erfasst. Rebscher nennt das Beispiel einer Patientin, die an einer sehr seltenen Krankheit leidet, die im Finanzausgleich der Kassen, dem sogenannten Risikostrukturausgleich, nicht berücksichtigt wird.
"Diese Behandlung hat im letzten Herbst eine Million Euro gekostet. Diese Frau gilt als kerngesund im Risikostrukturausgleich. Die ist aber einer der kränksten Menschen sozusagen. Denn ihre Therapie kostet eine Million. Die haben wir bezahlt."
Was ist eine gute Krankenkasse? Eine, die mit hübschen Songs junge und gesunde Mitglieder anzuziehen versucht – oder eine, die sich beispielsweise darum kümmert, dass ein Herzinfarkt-Patient möglichst nahtlos vom Krankenhaus in die Reha-Klinik kommt? Mit der Frage, wie der Wettbewerb unter den Kassen aussehen soll, befasst sich ein eigenes Expertengremium. Professor Jürgen Wasem von der Uni Duisburg-Essen gehört zu diesem Beirat und er räumt ein, dass es – trotz des Finanzausgleichs - nach wie vor ein Problem für Kassen ist, wenn sie viele kranke Versicherte haben.
"Die Faktoren, die von außen kommen, für die die Krankenkasse nichts kann, wie etwa die regionale Zusammensetzung ihrer Versicherten wie auch die Zusammensetzung der Versicherten mit bestimmten Erkrankungen, die haben sicherlich in der Summe ein stärkeres Gewicht als die Faktoren, die eine Krankenkasse selbst beeinflussen kann."
Und der Wirtschaftswissenschaftler weiß, dass sich dieses Problem immer weiter verschärfen kann. Kassen, die überdurchschnittlich teuer sind, weil sie besonders viele kranke Versicherte haben, laufen Gefahr, dass ihnen die verbliebenen Gesunden kündigen. Denn meistens sind es junge, gesunde Versicherte, die sich auf Internet-Portalen umsehen, um zehn, 20 oder 30 Euro im Monat durch einen Kassenwechsel zu sparen. Doch diese sogenannten "guten Risiken" braucht eine Kasse, wenn sie die Kranken mitversorgen will.
"Diejenigen, die wegen des Beitragssatzes wechseln, aber gesund sind, sind genau die, die eine Kasse gerne halten wollte. Insofern ist es richtig, dass, wenn viele gute Risiken eine Krankenkasse verlassen, weil sie einen überdurchschnittlichen Zusatzbeitrag hat, dass das zu einer Abwärtsspirale führt."
Warnungen, dass der Preiswettbewerb in der Krankenversicherung in die falsche Richtung geht, kommen also nicht nur von überdurchschnittlich teuren Kassen, sondern auch von Wissenschaftlern.
Getriebene eines fehlgeleiteten Wettbewerbs
Was ein gutes Angebot einer Krankenkasse an ihre Versicherten ist, lässt sich aber gar nicht so einfach sagen. Das zeigt sich beispielsweise bei einer Früherkennungs-Untersuchung, dem Hautkrebs-Screening. Gesetzlich ist festgelegt, dass alle Versicherten ab dem 35. Lebensjahr jedes zweite Jahr untersuchen lassen können, ob sie auffällige Hautflecken haben.
Dieses Screening ist allerdings unter Fachleuten inzwischen heftig umstritten. Denn es gibt immer mehr Daten, die darauf hinweisen, dass es keinen Sinn hat, alle Patienten auch ohne erhöhtes Hautkrebs-Risiko immer wieder in die Arztpraxen zu lotsen. Für besonders überflüssig halten es Kritiker, jungen Menschen ein Screening anzubieten. Trotzdem werben viele Krankenkassen für sich damit, dass sie das Hautkrebs-Screening schon ab 18 Jahren zahlen.
Der Vorstands-Chef der DAK, Herbert Rebscher, nimmt die Kritik von Wissenschaftlern am Hautkrebs-Screening für alle und jeden ernst. Deshalb gefällt es ihm nicht, dass auch seine Kasse damit um junge Versicherte wirbt.
"Ich fühle mich da ausdrücklich nicht wohl. Und zwar, weil wir da Getriebene eines fehlgeleiteten Preiswettbewerbs sind."
Doch eine Kasse, die im Wettbewerb bestehen will, müsse bei Rankings möglichst weit oben stehen, erklärt Rebscher. Solche Rankings, wie sie beispielsweise Zeitungen und Zeitschriften gerne veröffentlichen, bewerten aber nicht, ob eine Kasse beispielsweise die Angehörigen von Schlaganfallpatienten besonders kompetent berät. Als Maßstab für die Leistungsstärke einer Kasse gilt stattdessen die Frage, ob sie beispielsweise bestimmte Früherkennungsuntersuchungen erstattet – auch wenn die wissenschaftlich umstritten sind.
"Genau deshalb tun wir es. Nicht aus Überzeugung, sondern: Wer es nicht tut, verliert im Ranking. Und wer im Ranking verliert, verliert genau junge Klientel. Da haben Sie ein Musterbeispiel für die Absurdität eines einseitigen Preis-Wettbewerbsmodells."
Der Kassen-Chef Rebscher nimmt für sich in Anspruch, dass er für alle spricht, die es mit dem Solidar-Gedanken in der Krankenversicherung ernst meinen, wenn er eine andere Art von Wettbewerb wünscht. Einen Wettbewerb, der sich eher um die 78-jährigen Diabetiker kümmert, als um junge Sportler.
"Der 20-Jährige, der zum Tauchen nach Ägypten fliegt, der braucht weiß Gott nicht seine Taucher-Untersuchung von der Krankenkasse bezahlt bekommen und seine Auslands-Krankenversicherung auch nicht, weil er da, was weiß ich, in den Seeigel tritt oder so. Dafür gibt es Angebote privater Art. Aber die 78-Jährige mit multimorbidem Krankheitsbild, die ist auf das Funktionieren ihrer sozialen Krankenversicherung angewiesen."
"Grüß Gott, Dorothee Kramer mein Name von der DAK Gesundheit, Sie hatten uns eine E-Mail geschickt."
Zwischen Menschlichkeit und Sparzwang
Wenn von Verwaltungskosten die Rede ist, stehen dahinter nicht nur Gebäude oder Computer – sondern vor allem mehr als 130.000 Männer und Frauen, die in den Büros der gesetzlichen Krankenkassen arbeiten. Dorothee Kramer hat in der DAK-Geschäftsstelle im oberbayerischen Weilheim vor allem mit Versicherten aus der Region zu tun. Dabei gehe es nicht nur um trockenen Verwaltungskram, sagt sie.
"Es menschelt unheimlich. Weil jeder, der zur Krankenkasse kommt, denke ich, hat ja auch irgendein Anliegen, was vielleicht nicht für die Öffentlichkeit so angenehm ist.
Ich will ja nicht jedem Freund erzählen, dass ich jetzt schlechte Zahnhygiene habe oder sowas, und eine Krone brauche. Man gibt ja auch ganz viel von sich preis als Kunde. Auch bei anderen Leistungen, Schwangerschaftsabbruch, sowas."
Zu Dorothee Kramers Aufgaben gehört es allerdings auch, aufs Geld zu schauen. So entscheidet sie, ob ein Patient bei Zahnersatz den höheren Zuschuss bekommt, den die Kasse zahlt, wenn der Versicherte über mindestens zehn Jahre hinweg regelmäßig beim Zahnarzt war.
"Ich weiß noch, vor zehn Jahren oder noch länger her, wenn da mal ein Jahr gefehlt hat, dann haben wir durchaus mal ein Auge zugedrückt, und haben gesagt okay, den höheren Zuschuss gibt's trotzdem. Das ist jetzt nicht mehr möglich. Also daran merkt man es schon. Klar."
Die Kassen versuchen aber nicht nur bei den Leistungen für die Versicherten zu sparen, sondern auch bei sich selbst.
"Wie waren auch mal mehr Personen hier. Und da frage ich mich auch, wie mache ich jetzt die Beratung? Ich möchte für den Kunden da sein - und gleichzeitig weiß ich auch, es warten noch zehn in der Leitung."
Auch beim Stichwort "Verwaltungskosten" zeigen sich nach Ansicht des DAK-Chefs Herbert Rebscher Fehlentwicklungen eines Kassen-Wettbewerbs, der sich vor allem am Preis ausrichtet. Seit Jahren streichen alle großen Kassen Stellen, um ihre Ausgaben zu senken. Gleichzeitig hat die Bundesregierung entschieden, dass mehr Fachleute gebraucht werden – etwa, um Pflegebedürftige und ihre Angehörigen zu beraten. Nach Ansicht des DAK-Chefs wäre es klüger gewesen, die Sozialversicherungs-Fachangestellten bei den Kassen, die sich mit solchen Fragen gut auskennen, gar nicht erst wegzukürzen.
"Jetzt bauen wir staatlich wieder auf, was man uns gezwungen hat, aus vermeintlicher, falscher Betonung des Preiswettbewerbes abzubauen. Das ist ein Treppenwitz der Sozialgeschichte, was wir jetzt gerade erleben."
Umdenken im Gesundheitswesen gefordert
Und weil er den Preiswettbewerb in vielerlei Hinsicht für problematisch hält, will der Chef der teuersten bundesweiten Kasse auch weiterhin lieber nicht auf diese Form der Konkurrenz einsteigen. Er wünscht sich ein Umdenken im gesamten Gesundheitswesen.
"Eine politische Kultur und eine öffentliche Kultur, die Kassen, die ein, zwei oder drei Zehntel teurer sind, nicht als unwirtschaftlich bezeichnet, sondern mal guckt, ob sie nicht zwei oder drei Zehntel besser sind, weil diese Menschen eine verlässliche Versorgung über Jahrzehnte kriegen."
Der DAK-Chef bekommt von etlichen seiner Kollegen Unterstützung, aber bei Weitem nicht von allen. Michael Lempe, der Vorstand der preisgünstigsten bundesweiten Kasse hkk, sieht das Kernproblem ganz woanders.
"Einige Konkurrenten haben geschichtlich und historisch gewachsene Verwaltungsstrukturen, die doch aus Sicht von modernem Krankenkassenmanagement als eher überbordend empfunden werden müssen."
Entsprechend sieht der hkk-Vorstand auch die Kernaufgabe für die Zukunft woanders: Im Gesundheitswesen an allen Stellen ein professionelles Management aufzubauen, wie man es in anderen Bereichen der Wirtschaft schon lange kennt. Wobei auch ihm eines bewusst ist: Auf die Frage "Was ist gutes Management?" gibt es weit mehr als nur eine Antwort.