Gesichtserkennung für Fahndung
Das soll die Polizei bald dürfen

BKA und Bundespolizei sollen Software zur Gesichtserkennung verstärkt nutzen dürfen. Das sieht ein Gesetzentwurf des Innenministeriums vor. Befürworter begrüßen die Maßnahme als Sicherheitsgewinn. Kritiker warnen vor Eingriffen in Bürgerrechte.

    Das Bild zeigt die Silhouette einer Person mit einem digitalen Gesichtserkennungsmuster und Binärcodes im Hintergrund.
    Der Gesichtserkennung durch Künstliche Intelligenz gelingt es fast perfekt, jedes Gesicht zu identifizieren. (imago images / Ikon Images / Gary Waters)
    In Deutschland könnte ein neuer Gesetzentwurf die Bundespolizei und das Bundeskriminalamt (BKA) ermächtigen, im Internet KI-Software zur Erkennung biometrischer Daten einzusetzen. Damit sollen die Ermittler Verdächtige identifizieren. Genutzt werden soll die Software im Kampf gegen Terrorismus und andere schwere Straftaten.
    Der Gesetzentwurf von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) gilt als Reaktion auf den Fall der als RAF-Terroristin gesuchten Daniela Klette. Sie wurde durch einen Journalisten aufgespürt und daraufhin verhaftet. Der Journalist hatte bei seiner Recherche eine Gesichtserkennungssoftware verwendet, deren Einsatz so bisher für die Polizei verboten ist. Ermittler hatten deswegen fehlende Befugnisse zu Recherchen im Internet beklagt.

    Inhalt

    Wo darf die Polizei bisher Gesichtserkennung einsetzen?

    Automatisierte Gesichtserkennung ist für die Polizei mittlerweile Routine. Das Bayerische Landeskriminalamt und auch das Bundeskriminalamt (BKA) sowie Bundespolizei nutzen diese Technik regelmäßig.
    Bisher darf die Polizei Gesichtserkennung allerdings nur unter bestimmten Umständen einsetzen und hauptsächlich bei Bildern verwenden, die aus eigenen Datenbanken stammen. Diese Datenbanken enthalten Bilder von Inhaftierten, Menschen, die zur Fahndung ausgeschrieben wurden, oder die erkennungsdienstlich behandelt wurden.

    Was sieht der Gesetzentwurf des Innenministeriums vor?

    Der Gesetzentwurf von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) umfasst eine Reihe von neuen Befugnissen für die Bundespolizei und das BKA, den beiden Hauptpolizeien des Bundes. Ein wesentlicher Punkt ist die Erlaubnis, das Internet systematisch mit einer Software nach Bildern und Fotos durchsuchen zu dürfen, um verdächtige Personen zu finden. Dies soll durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) unterstützt werden.
    Konkret soll es den Bundesbehörden ermöglicht werden, auch öffentlich zugängliche Bilddaten aus dem Internet zu nutzen - etwa Folter- und Hinrichtungsvideos. Ein biometrischer Internetabgleich könne dazu beitragen, Personen zu identifizieren und zu lokalisieren.
    Das BKA soll zudem verdeckt - also ohne Wissen der Bewohner - in Wohnungen eindringen dürfen, um dort die Voraussetzungen für eine Online-Durchsuchung zu schaffen, also zum Beispiel, um einen Trojaner zu installieren.
    Diese Maßnahmen dürfen jedoch nur zur Abwehr von Gefahren des Terrorismus und organisierter Kriminalität eingesetzt werden, außerdem beim Personenschutz. Das BKA soll diese Befugnis zudem auch bekommen, wenn es als Zentralstelle tätig wird - also bei Fällen, die über die Grenzen der Bundesländer hinausgehen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn kriminelle Organisationen in Baden-Württemberg und Bayern agieren.
    Unter biometrischen Daten versteht man nicht nur Gesichtsmessungen, sondern auch Merkmale wie Stimme oder Gang. Das Ministerium legt jedoch Wert auf eine Einschränkung: Es geht nicht um Live-Bilder, das heißt, es wird weder eine Echtzeitüberwachung im Internet noch im öffentlichen Raum durchgeführt.

    Welche Reaktionen gibt es auf den Gesichtserkennung-Gesetzentwurf?

    Es gibt erhebliche Skepsis und Widerstand, vor allem von den Grünen. Sie äußern Bedenken hinsichtlich der Rechtsstaatlichkeit und der möglichen Verletzung der Privatsphäre unbescholtener Bürgerinnen und Bürger. Insbesondere kritisieren sie, dass die massenhafte Erfassung von Daten im öffentlichen Raum unverhältnismäßig sei. Das habe man auch im Koalitionsvertrag klar festgelegt.
    Zudem gibt es Zweifel, ob der Gesetzentwurf den hohen rechtlichen Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts gerecht wird.
    Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) begrüßte dagegen Faesers Pläne. Die rechtlichen Grundlagen und technischen Voraussetzungen zur Online-Fahndung müssten schnell geschaffen werden, forderte der BDK-Vorsitzende Dirk Peglow gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

    Wie wahrscheinlich ist es, dass der Gesetzentwurf so umgesetzt wird?

    Es ist unklar, ob der Gesetzentwurf in seiner jetzigen Form umgesetzt wird, denn der Entwurf ist noch nicht innerhalb der Bundesregierung abgestimmt. Der Vorschlag des Innenministeriums enthält auch Änderungen der Strafprozessordnung, die in die Zuständigkeit von Justizminister Marco Buschmann (FDP) fallen. Hinzu kommt die starke Skepsis der Grünen.

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