Der Begriff "Moskauer Patriarchat" kommt in den Gesetzestexten nicht vor. Trotzdem ist klar, dass die Vorschläge direkt gegen jene ukrainisch-orthodoxe Kirche gerichtet sind, deren Oberhaupt in Moskau residiert. So sieht es auch Oleksander Bryhynez, einer der Abgeordneten, von denen die Initiative stammt:
"Es ist höchste Zeit, dass wir nach dem Status der Moskauer Kirche in der Ukraine fragen. Dieses Problem müssen wir auf die eine oder andere Weise lösen, kurz und schmerzlos."
Die Gesetze haben Abgeordneter verschiedener prowestlicher Parteien eingebracht. Das Problem, das sie mit den Orthodoxen haben, die dem Moskauer Patriarchen unterstehen: Ihre Kirche weigert sich, eine eindeutige, pro-ukrainische Haltung im Konflikt mit Russland einzunehmen. Der Moskauer Patriarch Kirill bezeichnete Ukrainer und Russland wiederholt als eine Nation, das ist auch die Position des Kreml. Dem hält der ukrainische Abgeordnete Wolodymyr Jaworskyj entgegen:
"Wir haben einen Krieg im Donezbecken, einen Krieg gegen Russland. Gleichzeitig sammelt die Kirche Moskauer Patriarchats hier in der Ukraine Spenden bei ihren Kirchenmitgliedern und schickt das Geld nach Moskau. Und dann weigern sich ihre Priester noch, für unsere gefallenen Soldaten Messen abzuhalten.
Gesetze sollen den Einfluss Moskaus einschränken
Deswegen unterstützt der Abgeordnete jene Gesetze, die den kirchlichen Einfluss Moskaus begrenzen sollen. Das eine Gesetz sieht vor, dass Gemeinden selbst entscheiden können, welcher Kirche sie angehören wollen. Immer wieder schließen sich Gemeinden, die bisher Moskau unterstanden, dem Kiewer Patriarchat an. Künftig soll sichergestellt sein, dass sie die Immobilien ihrer Gemeinde an ihre neue Kirche übertragen dürfen, wenn sie wechseln. Das zweite Gesetz ist besonders umstritten. Es führt dazu, dass sich Gemeinden des Moskauer Patriarchats neu registrieren müssen. Dabei sollen sie so etwas wie eine Loyalitätserklärung gegenüber der Ukraine abgeben. Außerdem soll der ukrainische Staat mitentscheiden dürfen, wenn leitende Kirchenpositionen vergeben werden. Die Kirche des Moskauer Patriarchats läuft dagegen Sturm. Sie demonstrierten zuletzt mit über eintausend Gläubigen vor dem Parlament. Eine Frau in dörflicher Tracht sagte:
"Ich will weiterhin so glauben, wie ich es gelernt habe. Ich will das "Vater unser" auf Altkirchenslawisch sagen, wie es in den Gemeinden Moskauer Patriarchats üblich ist, nicht auf Ukrainisch. Meine Rente ist lächerlich und kommt meistens verspätet. Da soll mich der Staat doch wenigstens in Ruhe beten lassen."
Sollte das Gesetz durchgehen, wonach Gemeinden selbst über ihre Zugehörigkeit bestimmen können, kommt es zu feindlichen Übernahmen, fürchtet die Kirche Moskauer Patriarchats. Dann würde es genügen, dass sich einige Fremde kurzfristig einer Gemeinde anschließen und diese dominieren. Eine staatliche Aufsicht über Personalentscheidungen der Kirche, wie es das andere Gesetz vorsieht, verletze die Religionsfreiheit, so Bischof Kliment, der auch vor dem Parlament protestierte:
Auch pro-westliche Politiker haben Bedenken
"Das widerspricht der ukrainischen Verfassung. De facto richtet sich das Gesetz ausschließlich gegen eine Konfession - noch dazu diejenige, die in der Ukraine am stärksten vertreten ist."
Auch pro-westliche ukrainische Politiker und Beobachter haben Bedenken, so der Abgeordnete Jurij Tschymar:
"Ja, das Moskauer Patriarchat nimmt heute eine anti-ukrainische Position ein. Wenn deren Geistliche Verbrechen begehen, zum Beispiel Spionage betreiben, dann sollten sich unsere Strafverfolgungsbehörden darum kümmern. Aber wir sollten diesen Konflikt nicht noch anheizen und in die Gemeinden hineintragen. Ich habe gesehen, wie Gemeindeglieder mit Pfählen aufeinander losgegangen sind wegen der Frage, welcher Kirche sie angehören wollen."
Ob das Parlament die Gesetze verabschieden wird, ist noch unklar. Wegen der Proteste wurden sie bisher noch nicht beraten.