JCPOA Joint Comprehensive Plan of Action – das ist die offizielle Bezeichnung jenes umgangssprachlich "Iran Deal" genannten Abkommens. Es wurde im Juli 2015 unterzeichnet und vom Weltsicherheitsrat gebilligt. Und bei kaum einem andern außenpolitischen Thema herrscht offenbar soviel Einigkeit in der EU wie beim Atom-Abkommen, dass die Europäische Union schließlich federführend mitausgehandelt hat.
Abkommen gerät durch USA unter Beschuss
Das Abkommen funktioniert und die Welt wäre wesentlich unsicherer ohne diesen Vertrag, so die deutsche EU Diplomatin Helga Schmid, die ganz besonders intensiv an der Ausarbeitung beteiligt war. Das alles wäre nicht der Erwähnung wert, wenn das Abkommen nicht vor allem von Seiten der USA schwer unter Beschuss geraten wäre.
"Die amerikanische Regierung unter Donald Trump hatte mehrfach angekündigt, das Abkommen zu überprüfen und ggf. auch zu kündigen und auch das Sanktionsregime gegenüber dem Iran wieder zu verschärfen und die Europäer, die ihrerseits Vertragspartner sind, wollen nun mit den Iranern darüber beraten, wie sozusagen dieses Abkommen intakt gehalten und bewahrt werden kann."
Sagt Jan Techau, Europa-Experte am German Marshall Fund in Berlin. Das ist einer der Gründe für das Treffen der vier Außenminister und der EU-Außenbeauftragten Mogherini heute. Und es gibt weitere.
"Es gibt turnusgemäße Gespräche zwischen den Europäern und den Iranern. Man ist natürlich auch über die innenpolitische Lage im Iran sehr besorgt in Europa und wird das sicherlich zur Sprache bringen."
Kritischer Blick auf die innenpolitische Lage im Iran
Inwiefern die Proteste im Iran eine Rolle spielen werden bei den Gesprächen, ist eine der interessanteren Fragen. Sie sind legitim, sagt der CDU-Europaabgeordnete Michael Gahler, legitim auch nach der iranischen Verfassung. An die muss sich die Regierung nach Auffassung der EU mindestens halten. Das sollte seiner Meinung nach jedoch vom amerikanischen Präsidenten jetzt nicht als Vorwand benutzt werden, um aus dem Atomabkommen auszusteigen.
"Darüber hinaus hat das Europäische Parlament natürlich insgesamt eine kritische Haltung im Hinblick auf die innenpolitische Situation im Iran aber auch im Hinblick natürlich auf die Aktivitäten, die das Land regionalpolitisch unternimmt, ob es jetzt im Jemen ist oder im Libanon, Stichwort Hizbollah Milizen oder gegenüber Syrien – das ist aber wirklich strikt zu trennen von der Tagesordnung, die wir im Rahmen der Implementierung des Nuklear-Abkommens abarbeiten."
All diese Fragen müssten außerhalb des Vertrages geklärt und das Nuklearabkommen weiter umgesetzt werden.
"Die Alternative, dieses Abkommen nicht zu haben, was dann im Worst-Case passieren könnte, das sehen wir derzeit in Nordkorea, wo wir als internationale Gemeinschaft ja ständig an Worst-Case-Szenarien entlangschrammen, das haben wir mit Blick auf den Iran vermieden."
Die Gesamtlage im Nahen Osten und die Rolle, die der Iran dort spielt, ist für die Kritiker des Abkommens bisher genau der entscheidende Grund, das Abkommen mit dem Iran zu torpedieren. Es ist ein Nichtweiterverbreitungsvertrag, kein Friedensabkommen, es geht nicht um regionale Probleme, betont die EU Diplomatin Helga Schmid. Das Abkommen kann ihrer Meinung nach nicht verantwortlich gemacht werden für etwas, für das es gar nicht da ist.
"Einige Kritiker sagen, der Vertrag bringe nichts, weil er nicht die regionalen Aktivitäten des Iran angeht, deshalb ist es wichtig zu verstehen, was das Abkommen kann, und worum es dabei geht - und worum nicht."
Das heiße nicht, dass die EU nicht ebenso besorgt sei. Worauf sie wie andere Politiker jedoch dringend bestehen: das eine mit dem anderen nicht zu vermischen. Aus Sicht der EU verständlich, meint Jan Techau vom German Marshall Fund.
"Die Europäer sind kein wirklicher strategischer Akteur in der Region, das heißt bei all den anderen strategischen Fragen sind sie eigentlich keine Macht, die in irgendeiner Form wirklich Einfluss auf die Situation hat. Die Europäer wollen sich deswegen selber gerne beschränken in diesen Gesprächen mit dem Iran auf den Bereich, wo sie eine Rolle spielen. Also auf den Bereich, wo sie selber Vertragspartner sind, wo sie ein gewichtiger Teil der diplomatischen Szene sind. Und das ist das Nuklear-Abkommen."
Als Akteur beim Erhalt des Atomabkommens sieht sich die EU im Moment jedoch in einer wichtigen Rolle. Die Frage ist, wie sie die anderen Probleme mit Blick auf den Iran dabei ausbalanciert.