Die Aufgabe für Ursula von der Leyen könnte schwieriger kaum sein: Ausgleichen zwischen Ost und West, jungen und älteren Mitgliedsstaaten, kleinen und großen – das hatte Ursula von der Leyen diese Woche versprochen. Doch wie soll das bei Themen funktionieren, die von Prinzipien getragen und bei denen Kompromisse eigentlich schwer vorstellbar sind?
Also: Pressefreiheit, Freiheit der Lehre, Rechtstaatlichkeit. Alles drei Konfliktlinien zwischen der scheidenden EU-Kommission und Ungarn. Das EU-Parlament hat zudem ein Rechtstaatsverfahren gegen das Land eingeleitet.
Kompromisslosigkeit in Sachen Rechtstaatlichkeit
In Brüssel hat Ursula von der Leyen heute Gelegenheit mit Ministerpräsident Orban zu sprechen. Dort dürfte sie wie bereits bei den Vorgängertreffen etwa in Madrid, Zagreb, Warschau und Paris ihre politischen Leitlinien erläutern. Mit Blick auf die Rechtstaatlichkeit versprach sie vor ihrer Wahl in Straßburg jedenfalls Kompromisslosigkeit.
Von der Leyen kündigte an, an den bisherigen Maßnahmen festzuhalten, sie will sogar noch etwas drauf setzen: Einen neuen, davon unabhängigen EU-weiten Rechtstaatskontrollmechanismus. Ungarn und andere osteuropäische Staaten hatten den sozialdemokratischen Spitzenkandidaten Frans Timmermans an der Spitze der EU-Kommission verhindert, der vor allem wegen seiner unnachgiebigen Art bei diesem Thema aufgefallen war. Bei ihrer Vorstellungsrunde in Warschau vergangene Woche kam von der Leyen nicht umhin, den Dissens deutlich zu machen:
Meinungsverschiedenheiten in Migrations– und Rechtstaatspolitik, ja, die gibt es, aber die CDU-Politikerin streckt die Hand aus für den Dialog. Offen bleibt nur, wie weit diese Dialogbereitschaft gehen wird, wenn von der Leyen ab November erstmal im Amt ist.
In Kroatien erhofft man sich unterdessen Hilfe bei den Bemühungen, in den Schengen-Raum und die Eurozone aufgenommen zu werden. Das Versprechen dazu gab Ursula von der Leyen bei ihrem Besuch in Zagreb.
Nächste Station: Rom
Damit stellt sich die Frage, was der ungarische Ministerpräsident heute von ihr zu hören bekommen wird. Bei einer Rede am Wochenende hatte Orban von der Leyen – ohne ihren Namen zu nennen – erneut als siebenfache Mutter gelobt. Er hatte ebenso den – so wörtlich "Hass" kritisiert – der ihm von der scheidenden EU-Kommission entgegengeschlagen sei.
Erwartungen nach einer konzilianteren Tonlage aus Brüssel dürften auch bei dem nächsten Besuch von der Leyens zu beobachten sein. Morgen reist die CDU-Politikerin nach Rom.