Nahost
Gespräche über Waffenruhe erneut vertagt - Konfliktforscherin Hoffmann: "Netanjahu-Regierung nicht an Abkommen interessiert"

Auch die jüngste Gesprächsrunde über eine Waffenruhe im Gazastreifen und eine Freilassung der israelischen Geiseln hat keinen Durchbruch gebracht. Die Beratungen in Kairo seien konstruktiv gewesen und würden fortgesetzt, erklärte ein Vertreter der US-Regierung. Die Konfliktforscherin Sophia Hoffmann von der Uni Erfurt bezweifelt, dass Israels Regierung an einem Waffenstillstand interessiert ist.

    Vom Gazastreifen steigt Rauch auf, der aus der Ferne zu sehen ist. Im Vordergrund sitzen junge Männer und schauen auf die Stadt.
    Bei den Verhandlungen über Waffenruhe im Gazastreifen zeichnet sich nach US-Angaben weiterhin kein Durchbruch ab (Archivbild). (picture alliance / NurPhoto / Majdi Fathi)
    Seit Mai liege ein ausgehandeltes und auch von der UNO akzeptiertes Waffenstillstandsabkommen vor, sagte Hoffmann im Deutschlandfunk. Es werde bisher leider von der israelischen Regierung blockiert. Israel will im Gazastreifen etwa weiterhin Soldaten an der Grenze zu Ägypten stationieren. Die Konfliktforscherin vermutet Taktik im Vorgehen der israelischen Regierung. "Netanjahu hält sich an der Macht durch den Krieg. Seine Koalitionspartner haben vor allem aus ideologischen Gründen kein Interesse an einem Waffenstillstand mit den Palästinensern."

    Biden drängt Netanjahu zu Zugeständnissen

    Der israelische Botschafter in Deutschland, Prosor, hatte vergangene Woche ebenfalls im DLF betont, Israel müsse nicht von einem Deal überzeugt werden. Er schloss eine Waffenruhe mit der Hamas nicht aus. Als Bedingung nannte er aber erneut die Befreiung der verbliebenen Geiseln aus der Gewalt der Terrororganisation.
    Einem Medienbericht zufolge versuchte US-Präsident Biden zuletzt, Netanjahu zu Zugeständnissen in den Verhandlungen zu bewegen. Demnach sollte der Ministerpräsident zustimmen, die israelischen Truppen während einer ersten Phase einer möglichen Waffenruhe von der Grenze zurückzuziehen. Netanjahu habe aber nur dem Rückzug von einer der Positionen entlang der Grenze zugestimmt, hieß es.

    Delegationen der Konfliktparteien reisen wieder ab

    Bei den Verhandlungen in Kairo reiste die israelische Delegation schon nach wenigen Stunden wieder ab, wie aus Kreisen verlautete. Auch Katars Emir Al Thani und Hamas-Vertreter verließen die Stadt wieder. Es gebe eine "schwierige Pattsituation", wurde der Deutschen Presse-Agentur aus ägyptischen Sicherheitskreisen berichtet. Laut dem Vertreter der US-Regierung sollen die Gespräche in den kommenden Tagen auf einer niedrigeren Ebene fortgesetzt werden, um "verbliebene Gräben" zu überbrücken. Arbeitsteams würden in Kairo bleiben, um bei Treffen von Vermittlern aus den USA, Katar und Ägypten die Unstimmigkeiten anzugehen.

    Bemühen um Vermeidung eines Flächenbrand

    Die USA, Katar und Ägypten wollen mit einer Waffenruhe und der Freilassung von Geiseln auch erreichen, dass es zu keinem Flächenbrand in der Region kommt. Sie vermitteln im seit fast elf Monaten andauernden Gaza-Krieg zwischen Israel und der Hamas, da beide Seiten direkte Gespräche miteinander verweigern.

    Weitere Informationen:

    Hamas: Neuer US-Vorschlag für Waffenruhe weicht von bisherigen Vereinbarungen ab
    Diese Nachricht wurde am 26.08.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.