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Gespräche vor der Ankunft
Portugal wirbt um Migranten

Portugal wollte tausende Flüchtlinge aus anderen EU-Ländern aufnehmen. Aber die Umverteilung funktioniert nicht gut. Einige Migranten verlassen Portugal schon wieder. Die Regierung will jetzt gegensteuern - damit wieder mehr Flüchtlinge ins Land kommen und bleiben.

Von Tilo Wagner |
    Migranten in Lissabon vor einem Verkaufsstand
    Migranten in Lissabon vor einem Verkaufsstand (Imago)
    In einer Flüchtlingsunterkunft im Norden Lissabons wird ein Fest gefeiert. Ahmed Abdalla steht in der Menschenmenge und hört einer portugiesischen Folkloregruppe zu. Mit seiner Familie ist Abdalla aus seiner Heimat Somalia geflohen. Er hat die Wüste durchquert, ist in Libyen mit einem kleinen Boot übers Mittelmeer nach Malta – und von dort mit Hilfe des UN-Flüchtlingswerks schließlich nach Portugal gekommen. Das war vor über zehn Jahren. Heute arbeitet Abdalla in einer NGO und hilft den neuen Flüchtlingen, die gerade nach Portugal kommen.
    "Ich habe hier ein neues Zuhause gefunden. Die Portugiesen habe mir die Hand gereicht. Und ich bin ihnen sehr dankbar. Ich spüre hier keinen Rassismus, die Leute sind freundlich zu uns."
    Portugal will europäische Flüchtlingslösung
    Das Land im äußersten Südwesten Europas liegt fern der Flüchtlingsrouten. Von der portugiesischen Südküste sind es rund 200 Kilometer über den Atlantik bis nach Marokko; die Menschen aus Afrika wählen deshalb den sehr viel kürzeren Weg über die Straße von Gibraltar nach Spanien. Trotzdem lässt das Thema die Portugiesen nicht kalt.
    'Wir bewundern es, das Deutschland so viele Flüchtlinge aufgenommen hat', sagt der portugiesische Innenminister Eduardo Cabrita. Und: Man stehe an der Seite von Angela Merkel:
    "Die Frage der Flüchtlinge und die Migration allgemein verlangen nach einer gesamteuropäischen Lösung. Deshalb haben wir an dem EU-Programm zur Umverteilung der Flüchtlinge aktiv mitgemacht. Portugal ist das Land, das in diesem Rahmen die sechstgrößte Anzahl von Flüchtlingen aufgenommen hat. Und eigentlich wollten wir viel mehr Menschen herholen. Aber das Programm hat schlecht funktioniert, und deshalb sind hier viel weniger Flüchtlinge angekommen als eigentlich geplant war."
    Asylverfahren dauern zu lange
    Im vergangenen Jahr sollten 3000 Menschen in Portugal ein neues Zuhause finden. Doch nur 1500 kamen aus den Lagern in Griechenland und Italien tatsächlich in den Südwesten Europas. Geblieben ist davon nur die Hälfte. Die Gründe, warum Flüchtlinge Portugal den Rücken kehren, mögen vielschichtig und sehr persönlich sein, etwa weil die Menschen sich auf die Suche nach Familienangehörigen in anderen europäischen Staaten begeben. Es habe aber auch direkt mit den portugiesischen Behörden zu tun, sagt Ahmed Abdalla:
    "Die Leute verlassen Portugal nicht, weil das Land nicht so wohlhabend ist oder weil es einem hier nicht gut gehen würde. Die Menschen gehen, weil sie neun Monate oder ein ganzes Jahr auf ihre Papiere warten müssen. Und deshalb verlieren sie das Vertrauen, dass sie hier irgendwann einmal einen legalen Status und eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten."
    An politischem Willen fehlt es den Portugiesen nicht. Es gibt im Parlament in Lissabon keine einzige Partei, die das Thema Flüchtlinge für die innenpolitische Positionierung missbrauchen würde. Gerade hat die Regierung neue Projekte vorgestellt, um die Integration der Flüchtlinge zu fördern, zum Beispiel mit Hilfe einer digitalen Plattform, auf der Job- und Weiterbildungsangebote auf Arabisch, Englisch und Portugiesisch präsentiert werden.
    Lissabon will Zahl der Flüchtlinge erhöhen
    Dennoch gibt Innenminister Cabrita zu: "Es reicht nicht, wenn wir Flüchtlinge einfach nur willkommen heißen. Wir müssen alle, hier und in ganz Europa, aktiv mithelfen, dass die Integration besser klappt."
    Die portugiesische Regierung hat sich immer wieder vehement dagegen ausgesprochen, dass die EU-Staaten das Schengen-Abkommen unterlaufen und wieder Grenzkontrollen einrichten, nur um Flüchtlinge aus anderen EU-Ländern aufzuhalten.
    Lissabon will nun einen anderen Weg gehen. Um die Zahl der Flüchtlinge zu erhöhen, die fest in Portugal bleiben, sollen die Menschen vor ihrer Ankunft interviewt werden. Bereits Anfang Juli werden Teams aus portugiesischen Zollbeamten und Migrationsexperten in die Türkei und nach Ägypten fliegen, um den Flüchtlingen vor Ort zu erklären, was sie in Portugal erwartet.