Weil Angela Merkel bei mehreren öffentlichen Anlässen zitternd zu sehen war, berichten derzeit zahlreiche Medien über mögliche gesundheitliche Probleme der Kanzlerin. Es sei legitim, dass sich Bürgerinnen und Bürger für den Gesundheitszustand der Regierungschefin interessierten, sagte der Politikpsychologe Thomas Kliche im Deutschlandfunk. Die Art der Berichterstattung gehe trotzdem in die "falsche Richtung".
"Nichts über Entscheidungsfähigkeit gelernt"
"Es ist ein bisschen wie Royals in der Politik: Man kriegt vermeintliche Nähe, man schaut vermeintlich hinter die Kulissen. Es ist eine Enthüllungsdramatik dabei und es ist einfach auch ein schlechtes Beispiel, wie man sich für die Gesundheit fremder Menschen interessieren soll: nämlich nicht einfühlend, sondern kontrollierend, im Grunde in einer Form von Tratsch als sozialer Kontrolle", sagte der Wissenschaftler der Hochschule Magdeburg-Stendal. Anhand der bisherigen Berichterstattung über Merkel habe man "nichts über ihre Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit gelernt".
"Im Grunde schicken wir doch Politik-Paparazzi los. Und die machen ein Thema aus einer Sache, die uns von den wirklich wichtigen Fragen ablenkt", so Kliche. Themen wie Klimawandel, Chancengleichheit oder Armut würden "jeden Tag aus den Nachrichten rausgeschubst von irgendwelchen kleinen Aktualitäten".