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Getränkeverpackungen
Bundesweiter Start der Aktion "Mehrweg ist Klimaschutz"

So haben sich die Erfinder des Dosenpfandes das damals nicht vorgestellt: Der Anteil von Mehrwegflaschen ist in den letzten zehn Jahren um beinahe ein Drittel gesunken. Eine neue Kampagne soll nun die Kunden dazu bringen, Mehrweg- anstatt Einwegflaschen zu kaufen.

Von Wolf-Sören Treusch |
    Ein Einkaufswagen mit leeren Bierflaschen steht an einer Wiese in Hannover.
    Ein Einkaufswagen mit leeren Bierflaschen steht an einer Wiese in Hannover. (picture alliance / dpa / Julian Stratenschulte)
    Zunächst einmal durch eine simple Plakat- und Flyer-Kampagne. Das diesjährige Bildmotiv ist der Polarfuchs, der einem auch recht niedlich von den Plakaten und Flyern entgegenguckt. Er wird zwar noch nicht auf der Roten Liste der gefährdeten Tierarten geführt, ist aber vom Klimawandel sehr wohl bedroht. Und dann natürlich dadurch, dass man den Verbrauchern einmal mehr die Problemlage verdeutlicht. Die Botschaft der Kampagne ist klar. Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe.
    "Mehrwegflaschen können bis zu 60 Mal wieder befüllt werden, und im Mineralwasserbereich haben wir auch tatsächlich diese Umlaufzahlen, aufs Jahr gerechnet würde eine komplette Umstellung auf Mehrweg des Getränkesektors ne halbe Million Tonnen Kunststoffabfälle verhindern, aus diesem Grund meinen wir: Mehrweg ist Klimaschutz, wir brauchen eine stärkere Orientierung der Politik und vor allem auch des Handels hin zu umweltfreundlichen Mehrweggetränkeverpackungen."
    Umweltfreundliche Mehrwegflaschen sollen Kennzeichen tragen
    Und vor allem eine Kennzeichnungspflicht. Damit die Verbraucher in der Lage sind, umweltfreundliche Mehrwegflaschen als solche sofort zu erkennen. Fordert Günther Guder, Geschäftsführender Vorstand des Bundesverbandes des Deutschen Getränkefachgroßhandels.
    "Der Endverbraucher muss einfach eine Klarheit haben, was für eine Verpackung er in der Hand hält. Da wird leider viel verschleiert. Durch den allgemeinen Begriff Pfandflasche, der ja sowohl ne Einweg- wie ne Mehrweg-Pfandflasche sein kann."
    Hinzu kommt, da sind sich die Deutsche Umwelthilfe und die beteiligten Verbände der Getränkewirtschaft einig, noch ein weiterer riesiger Vorteil, den Bier oder Mineralwasser aus der Mehrwegflasche mit sich bringen.
    "Regionale Wirtschaftskreisläufe, kurze Transportwege, Effizienzen und vor allen Dingen die Sicherheit regionaler Arbeitsplätze. Und die machen für das gesamte Mehrwegsystem in Deutschland rund 170.000 Arbeitsplätze aus, die nicht exportierbar sind."
    Kassenbon im Getränkemarkt
    Kassenbon im Getränkemarkt (AP)
    Kritik an Preispolitik der Discounter
    Günther Guder warnte auch davor, die mittelständisch geprägte Unternehmenskultur den Geschäftsinteressen weniger Getränkekonzerne und Plastikhersteller zu opfern. Das Kampagnenbündnis kritisiert vor allem die Lobbyverbände für Dosenbier und Plastikflaschen. Die würden das Mehrwegsystem bewusst diskreditieren, um die ökologischen Unterschiede zwischen Einweg und Mehrweg zu verwischen. Mit irreführenden Studien über angeblich verschwindende Mehrwegflaschen würden sie den Verbraucher täuschen. Die Kritik richtet sich auch gegen die Preispolitik der großen Discounter und Einzelhandelsketten. Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe.
    "Ja, in der Tat wird hier ein Preisdiscount betrieben, der mörderisch ist, und wenn dann Mehrweg verschwunden ist aus dem Markt, werden die Preise wieder angehoben. Das sehen wir beispielsweise in England, wo eben kein Mehrweg mehr existiert und gleiche Produkte das Doppelte und teilweise mehr dann für den Verbraucher kosten. Das ist einfach eine Markteroberung, und große Konzerne können quer subventionieren, können eben Gewinne aus anderen Ländern in Deutschland einsetzen, um dann mit Kampfpreisen Mehrweg sturmreif zu schießen."
    Nicht neu - aber weiter notwendig
    Die Informationskampagne "Mehrweg ist Klimaschutz" ist ja nicht neu, aber dennoch scheint es weiter notwendig zu sein, den Verbraucher aufzuklären. Und vor allem will das Bündnis den Verbraucher motivieren, sich ganz bewusst für den Kauf von Mehrwegflaschen zu entscheiden. Und an die Bundesregierung geht auch ein Appell.
    "Die Bundesregierung muss ihre Gesetze ernst nehmen. In der Verpackungsverordnung ist festgeschrieben, dass 80 Prozent der in Deutschland verkauften Getränke in ökologisch vorteilhaften Packungen sein sollen, dazu gibt es zwei Instrumente, das zu erreichen: Das Pfand und die Abgabe, wir haben eine Abgabe in Deutschland für Alcopops beispielsweise, und was wir jetzt brauchen neben der Kennzeichnung von Einweg und Mehrweg ist eben eine Lenkungsabgabe von 20 Cent auf Einwegverpackungen, um eben auf die gesetzlich vorgegebene 80-Prozent-Quote zu kommen."
    Die Allianz für Mehrweg startet heute also mit Plakaten und Flyern in etwa 5.000 Geschäften des Getränkefachhandels. Nun sind also vor allem die Kunden gefordert: nicht nur den Polarfuchs niedlich zu finden, sondern eben auch ein sichtbares Zeichen zu setzen für Mehrweg und damit für mehr Klimaschutz.