Getroffene Slowakei Ein Land kämpft für mehr Anstand
Die Ermordung des investigativen Journalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten hat die Slowakei schwer erschüttert. Seitdem ist nichts mehr, wie es war: Die Regierung ist gestürzt, zehntausende Bürger fordern eine moralische Wende – und engagieren sich stärker als zuvor für das Gemeinwesen.
Die dunklen Praktiken, die über Jahre hinweg mehr oder weniger offen sichtbar waren, wollen sie nun nicht mehr hinnehmen: Stattdessen nehmen sie den Kampf auf gegen korrupte Politiker, unsaubere Ausschreibungen, Subventionsbetrug und dubiose Geschäftsleute.
Journalisten arbeiten nun redaktions- und medienübergreifend zusammen und erleben die Öffentlichkeit als ihre Verbündete. Manche vergleichen die Demonstrationen mit der politischen Wende im Jahr 1989 – wobei diesmal noch völlig offen ist, ob der Atem der Bürger lang genug ist.
Jan Kuciaks Vater jedenfalls hofft, dass die angestoßene Entwicklung in der Slowakei von Dauer ist. Damit der Tod seines Sohnes "zumindest irgendeinen Sinn hatte".
Eine Reportage in fünf Teilen.
Kuciaks Vermächtnis Die Ermordung von Jan Kuciak und seiner Verlobten hat die Slowakei schwer erschüttert. Den Namen Kuciak kennt nun jeder. Die Familie versucht, mit der neuen Öffentlichkeit und den wuchernden Verschwörungstheorien klarzukommen - und nach vorne zu blicken.
Kuciaks Kollegen lassen nicht locker Journalisten machen in der Slowakei seit Jahren auf Skandale der Politik aufmerksam. Trotzdem passiert nichts. Keine Strafverfolgung, keine Verurteilung. Die Redaktion, für die der ermordete Investigativ-Journalist Jan Kuciak gearbeitet hat, will das nicht mehr hinnehmen.
Kultur ohne Mafia Seit dem Fall Kuciak ist die Ostslowakei als Mafia-Rückzugsort in die Schlagzeilen gekommen. Dabei war die Region auf einem guten Weg: 2013 war Kosice europäische Kulturhauptstadt. Ihre Aufbruchsstimmung wollen sich Kulturschaffende nicht vermiesen lassen.
Wie man Korruption erkennt Unsaubere Ausschreibungen, Subventionsbetrug, dubiose Geschäfte - damit soll Schluss sein in der Slowakei. Palo Lacko zeigt in Workshops im ganzen Land, wie man Korruption auf die Schliche kommen kann. Seit dem Mord an Jan Kuciak ist das Interesse daran gestiegen.
Ansichten einer Anständigen Iveta Radicova ist Soziologie-Professorin und war Premierministerin der Slowakei. Eine Frau ohne Skandale, die als Hoffnungsträgerin galt, sich aber nicht durchsetzen konnte. Heute arbeitet sie wieder an der Uni und versucht, die Gesellschaft von dort aus zu verbessern.