Jazenjuk war zu einem Besuch in die Millionenstadt am Schwarzen Meer gereist. Die tödliche Gewalt vom Freitag sei Teil eines russischens Plans, die Ukraine zu zerstören, sagte er vor Jourrnalisten. Es sei das Ziel Moskaus gewesen, in Odessa das zu wiederholen, was sich im Osten des Landes ereignet habe. Odessa liegt im Südwesten der Ukraine, dort hatte es bislang keine nennenswerten Proteste gegeben.
Das änderte sich am Freitag, als die Gewalt zwischen Anhängern von Kiew und Moskau eskalierte. Es kam zu Straßenschlachten, bei denen es Tote gab. Im Zuge der Unruhen wurde auch das Gewerkschaftshaus in Brand gesetzt. In den Flammen kamen mehr als 40 Menschen um.
Unsere Korrespondentin Sabine Adler berichtet aus Odessa, die Menschen hätten noch immer nicht erfasst, was geschehen sei. Viele Bürger hätten inzwischen Blut gespendet, in den Krankenhäusern lägen noch immer mehr als 200 Verletzte. In Gottesdiensten wurde der Opfer gedacht und zu Spenden aufgerufen.
Sonderkommission soll Vorfälle untersuchen
Die Vorwürfe, die Jazenjuk gegen die Polizei erhob, ähneln denen von Übergangspräsident Olexander Turtschinow von vor einigen Tagen. Turtschinow warf den Sicherheitskräften im Osten Versagen im Umgang mit den pro-russischen Separatisten vor. Jazenjuk erklärte nun, die Polizei in Odessa sei ineffizient. Wenn sie ihre Arbeit getan hätte, hätte die tödliche Gewalt verhindert werden können. Die Führungsspitze der örtlichen Polizei wurde bereits entlassen, nun soll eine Sonderkommission der Generalstaatsanwaltschaft die Vorfälle untersuchen.
Der ukrainische Geheimdienst SBU machte die einstige Führung um den gestürzten Präsidenten Viktor Janukowitsch für die Gewalt verantwortlich. Aus dem russischen Exil habe besonders der frühere Regierungschef Sergej Arbusow die Zusammenstöße orchestriert. Arbusow wies das als zynisch zurück.
Sturm auf ein Polizeigebäude in Odessa
In Odessa kam es auch heute wieder zu Zwischenfällen. Pro-russisch eingestellte Demonstranten stürmten ein Polizeigebäude. Sie verlangten, dass ihre Gesinnungsgenossen freigelassen werden. Nach den Krawallen waren rund 170 Personen festgenommen worden, 50 von ihnen sollen wieder auf freiem Fuß sein.
Im Osten der Ukraine gingen Regierungstruppen erneut mit Kampfhubschraubern und Panzerfahrzeugen gegen die pro-russischen Separatisten vor. Innenminister Arsen Awakow sprach wieder von einem "Anti-Terror-Einsatz". Betroffen waren unter anderem Lugansk, Mariupol und Konstantinowka. In Slawjansk und Kramatorsk blieb die Lage vergleichsweise ruhig.
Für den Osten und Südosten des Landes sei die vergangene Woche mit 60 Toten die blutigste gewesen, heißt es im bereits erwähnten Beitrag unserer Korrespondentin Sabine Adler. Der Chef des Nationalen Sicherheitsrates kündigte an, dass die Anti-Terror-Operation ausgeweitet wird. Es seien noch immer 12 Städte von den Aufständischen besetzt. Die Gefahr einer Abspaltung des Ostens sei nicht vorbei, vielmehr planten die Separatisten nun auch die Einnahme der Hauptstadt Kiew.