Öffentlich hat sich Thomas Bach zum Skandal im Gewichtheber-Weltverband, der IWF, ganz klar positioniert. Der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees sagte kürzlich: "Wir sind zutiefst besorgt und schockiert von diesem Bericht, vor allem über das Ausmaß der Aktivitäten dort."
Belege für Dopingvertuschung, Korruption und Wahlbetrug
Gemeint ist der Untersuchungsbericht des kanadischen Sonderermittlers Richard McLaren, der neue Belege für Dopingvertuschung, Korruption und Wahlbetrug in der IWF vorgelegt hat. Viele der skandalösen Vorgänge waren bereits zuvor in einer Dokumentation der ARD-Dopingredaktion aufgedeckt worden.
Die plötzliche Besorgnis von Bach jedoch sieht der Strafrechtler Mark Pieth kritisch. Pieth arbeitet an der Universität Basel und weiß: Bereits 2011 vermissten IWF-Funktionäre einige Millionen Dollar – Gelder, die das IOC dem Gewichtheber-Weltverband gezahlt hatte. Es folgten Beschwerden beim IOC. Erfolglos.
"Wenn das IOC sich jetzt geschockt gibt, ist das doch sehr erstaunlich, hatte man doch vor zehn Jahren eigentlich Einblick. Man wusste, was gespielt wird, und hat gesagt: Wir sind nicht zuständig. Das ist nicht unser Problem, sondern das Problem dieses Gewichtheber-Verbandes. Also: Es tönt etwas hohl."
Zurückgetretener Präsidenten war geschätztes IOC-Mitglied
Hat die olympische Familie damals die IWF und damit den kürzlich zurückgetretenen Präsidenten Tamás Aján geschützt? Denn der war geschätztes IOC-Mitglied. Auf Anfrage weist das IOC schriftlich jede Mitverantwortung zurück:
"Das IOC fördert die besten Good-Governance-Standards innerhalb der Olympischen Bewegung und geht mit gutem Beispiel voran."
Ultima Ratio: Olympia-Bann
Fakt ist: Zahlreiche ehemalige und aktuelle IOC-Größen stehen derzeit weltweit im Fokus von Skandalen. Deren Aufdeckung war Whistleblowern, Journalisten, Staatsanwälten zu verdanken – aber nicht dem IOC.
Was Gewichtheben angeht, droht das IOC mit einem Olympia-Bann – allerdings nur als ultima ratio. Wie auch immer: Die Sportler haben dafür kein Verständnis, so sagt der deutsche Athletensprecher Jürgen Spieß: "Wenn das IOC richtig Interesse hätte, da mal wirklich diesen Doping- und Korruptionssumpf trocken zu legen, dann könnte man, denke ich, da andere Hebel ansetzen."
Auch die Welt-Anti-Dopingagentur schaute weg
Auch die Welt-Anti-Doping-Agentur steht in der Kritik. Der Vorwurf gegen sie: Sie habe die IWF unter Aján nicht zur Rechenschaft gezogen, obwohl diese zahlreiche Doper nicht sanktioniert hatte. In der Sportwelt wird der Ruf nach einer generellen Aufsicht für den Weltsport lauter – einer Anti-Korruptions-Agentur.