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Gewinne auf Kosten der Kinder

Hilfsorganisationen werfen internationalen Bergbaukonzernen vor, von Kinderarbeit im Kongo zu profitieren. Demnach kaufen Unternehmen von Zwischenhändlern Kupfer, das unter prekären Umständen von Kindern abgebaut wurde. Im kongolesischen Bergbau scheint das kein Einzelfall zu sein.

Von Leonie March |
    Donji Thijka steht bis zur Hüfte in einem gelblich schimmernden See. Mit einem Sieb wäscht der schmächtige Junge Sand und Steine. Die kupferhaltigen Brocken sortiert er aus. Seine ansonsten dunkle Haut an Armen und Händen ist fast weiß, schuppig, an mehreren Stellen entzündet.

    "Ich arbeite schon seit einem Jahr hier in der Kupfermine. Jeden Tag etwa fünf Stunden. Die Arbeit ist hart, vor allem der Rücken tut mir weh. Aber es ist die einzige Möglichkeit, etwas Geld zu verdienen. Ich brauche es, um wieder zur Schule zu gehen. Meine Eltern können sich das nicht leisten."

    17 Jahre sei er alt, meint Donji. Dabei wirkt er gerade einmal wie 14. Ein Mindestalter gibt es nicht in diesen so genannten artisanalen, also komplett unkontrollierten Bergwerken. Oft sind sie rund um stillgelegte Minen in der Demokratischen Republik Kongo entstanden. Die Menschen graben hier auf eigene Faust. Vorsichtigen Schätzungen zufolge sind darunter landesweit auch 150.000 Kinder. Sie fördern Kupfer und Kobalt, Gold und Diamanten, Coltan und Uran – um nur die begehrtesten Rohstoffe zu nennen.

    In der zerklüfteten Kraterlandschaft rund um den See schuften ganze Familien. Kleinkinder spielen im Dreck, Mütter stillen ihre Babys, wer alt genug ist, packt mit an. Jugendliche seilen sich in ungesicherte Schächte ab, auf Fahrrädern transportieren sie säckeweise Sand und Steine den steilen Hang herunter zum See. Hier wartet Donji bereits auf die nächste Fuhre.

    "Es ist nicht viel, was nach dem Waschen übrig bleibt. Jeder nimmt seinen Anteil mit nach Hause. Wenn wir genug zusammen haben, verkaufen wir das Kupfer an einen Händler in der Stadt."

    Das Geld reicht gerade einmal zum Überleben. Trotz der harten Arbeit sind die meisten Familien bitterarm. Sie seien darauf angewiesen, dass auch die Kinder zum Lebensunterhalt beitragen, erzählt Alphonse Banza. Er arbeitet für die Nichtregierungsorganisation "Groupe One", die sich gegen die zunehmende Kinderarbeit einsetzt.

    "Die Händler profitieren davon, dass diese Menschen nicht organisiert und vollkommen mittellos sind. Sie haben keinerlei Chance zu verhandeln. Der Zwischenhändler setzt einfach fest, wie viel er bezahlt. Er kennt die Marktpreise und hat die Kontakte, um die Rohstoffe gewinnbringend weiterzuverkaufen. Und zwar ausdrücklich auch an ausländische Unternehmen. Sie und die Händler streichen auf Kosten der Arbeiter satte Gewinne ein."

    Internationale Bergbaukonzerne profitieren also indirekt von der Kinderarbeit. Dabei ist die eigentlich verboten, selbst im Kongo. Das prangern Hilfsorganisationen bereits seit einiger Zeit an. Es hapert an der Umsetzung des Gesetzes. Das muss selbst Therese Kapibwe zugeben. Bergbau- und gleichzeitig Familienministerin in Katanga, der rohstoffreichsten Provinz des Landes.

    "Die Bergbauunternehmen müssen sich an das Arbeitsrecht halten und dürfen deshalb auch keine Minderjährigen beschäftigen. Ansonsten drohen Strafen oder sogar die Schließung der Betriebe. Kinderarbeit ist jedoch vor allem ein Problem der artisanalen Minen und die lassen sich nur schwer kontrollieren. Dort arbeiten Familien, die kein Geld haben um ihre Kinder zu ernähren. Der Bergbau ist ihre einzige Einkommensquelle. Unsere Regierung versucht zwar die Lebensbedingungen zu verbessern, aber es gibt es eine ganze Reihe von Problemen, die wir noch nicht gelöst haben."

    Nur eine Stunde Fahrtzeit vom Büro der Ministerin beendet Donji Thijka seinen Arbeitstag. Seine nasse Hose klebt an seinen Beinen, als er sich müde auf den Heimweg macht.

    "Ich weiß nicht, wie lange ich noch hier in der Kupfermine schuften muss. Vielleicht noch ein paar Jahre. Solange bis ich genug Geld gespart habe, um wieder zur Schule gehen zu können. Mein Traum ist es, irgendwann den Abschluss zu machen und Lehrer zu werden."