Der Film, um den es vor dem Leipziger Landgericht in den vergangenen Monaten ging, wurde produziert, da gab es Youtube noch gar nicht: "Leben außer Kontrolle" entstand 2004, erst im Jahr darauf wurde das Videoportal gegründet, das inzwischen zu Google gehört und der größte Anbieter von Online-Videos weltweit ist. Die Münchner Firma Denkmal-Film erstellte die TV-Dokumentation über Gentechnologie und Globalisierung für die ARD und vertreibt sie seitdem als DVD und per Stream.
Der Rechtsstreit um "Leben außer Kontrolle" begann 2014: Ein User hatte den Film auf Youtube hochgeladen. Die Produktionsfirma wies das Videoportal auf den Urheberrechtsverstoß hin, Youtube sperrte das Video daraufhin und wandte sich an "Revo Luzzer", so nannte sich der Nutzer. Der wollte das nicht akzeptieren. Und argumentierte, er habe seinen Rundfunkbeitrag bezahlt und sei "somit Miteigentümer" des Films - und so Youtube dazu brachte, das Video wieder freizuschalten.
Youtube verletzt "zumutbare Prüfpflichten"
"Das ist natürlich dummdreist", sagt Thomas Frickel, selbst Regisseur und Geschäftsführer der AG Dok, im Interview mit dem Deutschlandfunk. Diese Begründung reiche nicht dafür aus, über die Rechte für einen Film zu verfügen. Dass Youtube dieser Argumentation gefolgt ist, sei "absurd", findet Frickel. Der Filmemacher verweist darauf, dass zwei Drittel aller im deutschen Fernsehen gezeigten Filmen nicht durch die Sender zu hundert Prozent finanziert seien. Produzenten hätten eigene Finanzierungsanteile.
Und auch die Leipziger Richter urteilten nun im Sinne der Klage: Youtube habe "zumutbare Prüfpflichten" verletzt, weil es "nach dem Hinweis der Klägerin im Rahmen des Beanstandungsverfahren nicht alles ihr technisch und wirtschaftlich Zumutbare getan hat, um weitere Rechtsverletzugen im Hinblick auf die zugunsten der Klägerin geschützten Werke zu verhindern", heißt es in dem Urteil von dieser Woche.
Kritische Rolle von ARD und ZDF
Dass ein derart klarer Fall auf Betreiben von Google überhaupt gerichtsanhängig wurde, hat aus Sicht der AG DOK Methode: Offenbar versuche Google mit allen Mitteln, die Grenzen des Urheberrechts zu seinen Gunsten auszuweiten – auch, wenn der Anlass "noch so absurd" erscheine.
Im Internet gebe es Menschen, die sich der Inhalte des öffentlich-rechtlichen Programms bedienten und damit Geld verdienten, bemängelt Frickel. Auch die Rolle von ARD und ZDF sieht er kritisch: Die Sender kümmerten sich nicht weiter darum, ob Inhalte auf Youtube auftauchten - und so würde die Auflage einer Sieben-Tage-Frist des Rundfunkstaatsvertrags umgangen.
Doch müssten Produzenten selbst entscheiden können, ob sie Inhalte online stellen.