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Gezi-Jahrestag
Polizei greift hart durch

Am Jahrestag des Beginns der landesweiten Gezi-Proteste ist die türkische Polizei in Istanbul und Ankara mit einem Großaufgebot gewaltsam gegen hunderte Demonstranten vorgegangen. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte vor einer Teilnahme an Demonstrationen gewarnt.

    Ein Polizist feuert am 31.05.2014 in Istanbul Tränengas ab. Die türkische Polizei ist am Samstag in Istanbul mit Tränengas und Wasserwerfern gegen Regierungsgegner vorgegangen. Sie trieb hunderte Menschen auseinander, die zum Jahrestag der Massenproteste gegen Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan zum zentralen Taksim-Platz vordringen wollten.
    Die türkische Polizei ging mit Tränengas gegen Regierungsgegner vor. (EPA/TOLGA BOZOGLU)
    In Istanbul setzten Sicherheitskräfte am Samstagabend auf der zum Taksim-Platz führenden Einkaufsstraße Istiklal Caddesi Wasserwerfer und Tränengas ein. Auf Fernsehbildern war zu sehen, dass Sicherheitskräfte auch in der Hauptstadt Ankara mit Wasserwerfern und Tränengas gegen Demonstranten vorgingen. Aus anderen Städten wurden ebenfalls kleinere Zusammenstöße gemeldet. In Istanbul war der Protest bis zur gewaltsamen Auflösung friedlich. Dort hatten Regierungsgegner für Samstagabend zur Demonstration auf dem Taksim-Platz aufgerufen. Der symbolträchtige Platz und der angrenzende Gezi-Park waren am allerdings am Nachmittag von einem massiven Polizeiaufgebot abgeriegelt worden.
    Medienberichten zufolge sollten bis zu 25.000 Polizisten und 50 Wasserwerfer verhindern, dass Demonstranten auf den Taksim-Platz gelangen. Einige Hundert versammelten sich indes auf der Istiklal Caddesi und forderten in Sprechchören den Rücktritt der Regierung. Mehrere Menschen wurden festgenommen.
    Ministerpräsident Erdogan hatte im Vorfeld vor einer Teilnahme an Demonstrationen zum Gezi-Jahrestag gewarnt und mit einem strikten Vorgehen der Polizei gedroht. Vor genau einem Jahr waren Demonstrationen gegen die Abholzung von Bäumen im Gezi-Park am Taksim-Platz in landesweite Proteste umgeschlagen. Mindestens acht Menschen wurden getötet und tausende verletzt.
    Bosporus-Fährverkehr teilweise eingestellt
    Der Korrespondent des US-Senders CNN, Ivan Watson, wurde nach eigenen Angaben während eines Live-Schaltgesprächs vom Taksim-Platz von der Polizei festgesetzt. Ein Polizist habe ihn dabei getreten, berichtete Watson über Twitter. Er und sein Team seien nach einer halben Stunde wieder freigelassen worden. Auf CNN-Fernsehbildern war zu sehen, wie Polizisten in Zivil die Live-Schalte behinderten. Einer der Polizisten stellte sich mit dem Rücken vor die Kamera.
    A plainclothes police officer reacts against journalists during protest in #Taksim #GeziAnniversary #Turkey pic.twitter.com/4ZRElimqna— CNN Türk ENG (@CNNTURK_ENG) 31. Mai 2014
    Bosporus-Fähren brachten seit dem Nachmittag keine Passagiere mehr vom asiatischen zum europäischen Teil Istanbuls, wo der Taksim-Platz liegt. Die U-Bahn-Station am Taksim-Platz wurde geschlossen. Bis in die Nacht hinein lieferten sich kleinere Gruppen von Demonstranten Scharmützel mit der Polizei.