Die Regierende Bürgermeisterin Giffey von der SPD werde dies am Abend dem Landesvorstand ihrer Partei vorschlagen, hieß es. Sollte das Gremium nicht zustimmen, wolle sie ihr Amt als SPD-Landesvorsitzende zur Verfügung stellen. Ein Partei-Sprecher wollte die Berichte nicht bestätigen.
Inzwischen berichten mehrere Medien, CDU-Landeschef Wegner wolle dem Landesvorstand der Partei am Donnerstag empfehlen, Verhandlungen mit den Sozialdemokraten aufzunehmen. Offiziell will sich der Vorstand erst nach Gesprächen morgen Vormittag äußern.
Die CDU hatte die Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus am 12. Februar mit 28,2 Prozent gewonnen. SPD und Grüne kamen jeweils auf 18,4 Prozent - die Sozialdemokraten hatten dabei einen Vorsprung von nur 53 Stimmen vor den Grünen.
Wie steht die Berliner SPD zu einer Koalition mit der CDU?
Die Politologin Julia Reuschenbach äußerte sichim RBB-Inforadio skeptisch. Giffey habe schon bei der Abgeordnetenhauswahl 2021 ihre damalige Wunschkoalition mit der CDU nicht durchsetzen können. Insofern sei es ein Risiko, erneut mit diesem Vorschlag für die Koalition ins Gespräch mit dem SPD-Landesvorstand zu gehen, sagte Reuschenbach. "Zugleich ist es aber auch ein Signal, dass man sagt, wir haben schon anerkannt, dass da zehn Prozent Unterschied liegen. Wir sehen Schnittmengen, wir sehen die Möglichkeit, weiter zu gestalten." Aber es sei nicht sicher ob der Landesvorstand zustimmen werde. Und es werfe kein gutes Licht auf die Frage "inwiefern können SPD und Grüne und auch die Linke weiterhin konstruktiv vertrauensvoll miteinander arbeiten?"
Gibt es Reaktionen in der SPD?
Die Jugendorganisation der Berliner SPD lehnt eine Koalition mit der CDU strikt ab. Die Co-Vorsitzende der Berliner Jusos, Sinem Taşan-Funke, sagte der Deutschen Presse-Agentur, wer gegen migrantisierte Gruppen hetze, gegen bezahlbaren Wohnraum sei und die Verkehrswende belächele, disqualifiziere sich als Koalitionspartner für die Sozialdemokratie. Eine Koalition, die nur unter den Berlinerinnen und Berlinern über 60 Jahren eine Mehrheit habe, lasse den Willen der Jüngeren unberücksichtigt und könne keine Zukunftskoalition sein.
Die Berliner SPD-Politikerin und frühere Staatssekretärin Chebli steht einer möglichen Koalition ihrer Partei mit der CDU skeptisch gegenüber. Auf Twitter schrieb Chebli: "Frage mich, wie es in der Migrationsfrage einen gemeinsamen Nenner zwischen SPD & CDU geben kann". Die Berliner CDU hatte nach den Silvester-Krawallen nach den Vornamen der Tatverdächtigen mit deutscher Staatsangehörigkeit gefragt und habe damit gezeigt, dass es für sie echte und nicht echte Deutsche gebe.
Was sind Giffeys Motive?
Unsere Landeskorrespondentin Claudia van Laak verweist im Deutschlandfunk auf Aussagen Giffeys, nach dem Wahlergebnis könne man nicht so weitermachen wie bisher. Sie ziehe zudem wohl eine Konsequenz aus den schlechten Beliebtheitswerten der Landesregierung. Mit Blick auf die politischen Positionen stehe Giffey der CDU näher als Grünen und Linken.
Wohin zieht es die CDU?
Für die Berliner CDU wäre nach Einschätzung der Politologin Julia Reuschenbach eine Koalition mit der SPD die konfliktärmere Variante. Zwischen CDU und Grünen seien die inhaltlichen Trennlinien groß, sagte Reuschenbach dem RBB. "Insofern liegt es nahe, dass auch Kai Wegner das konfliktärmere Bündnis womöglich am Ende bevorzugen würde." In einer solchen Koalition würde Giffey ihr Amt voraussichtlich an CDU-Spitzenkandidat und Wahlsieger Wegner abgeben.
Möglich wäre aber auch eine Koalition der CDU mit den Grünen. Zudem könnte rechnerisch das bisherige rot-grün-rote Bündnis fortgesetzt werden - auch wenn dies nun unwahrscheinlicher geworden ist.
Wie reagieren die Grünen?
Die Spitzenkandidatin der Grünen, Jarasch, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Von den Plänen der SPD wurden auch wir aus der Presse überrascht." Am Montag sei man mit der Verabredung auseinandergegangen, am Mittwoch die rot-grün-roten Gespräche gemeinsam zu bewerten und abzuschließen, sagte Jarasch. Nun habe sich Franziska Giffey "gegen die Fortsetzung einer progressiven Politik für Berlin ausgesprochen".
Diese Nachricht wurde am 01.03.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.