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Gipfel im Kanzleramt
Schicksalstag für das Erneuerbare-Energien-Gesetz?

Auf einem Sondergipfel beraten morgen die Ministerpräsidenten der Länder mit Angela Merkel über das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Die Interessenlagen der Länder sind dabei sehr unterschiedlich. Für Umweltverbände wird bei dem Gipfel über nicht weniger als das Schicksal der Energiewende entschieden.

Von Philipp Banse |
    Schnell ziehen Wolken am 28.10.2013 über ein Feld mit Windenergieanlagen im Landkreis Oder-Spree nahe Sieversdorf (Brandenburg). Foto: Patrick Pleul
    Wirtschaftsminister Gabriel lehnte es vor einem Monat ab, mehr Windenergie installieren zu lassen: (dpa - Patrick Pleul)
    Im Kern wird darüber gestritten: Wie schnell und mit welchen Methoden werden die erneuerbaren Energien in Deutschland ausgebaut? Die Bundesregierung hat sich das Ziel gegeben: Bis 2025 sollen 40 bis 45 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien kommen, daran soll sich auch mit der jetzt geplanten Erneuerung des Erneuerbare Energien Gesetzes nichts ändern. Das ist einer der großen Punkte, den Umweltschützer wie Tobias Austrup von Greenpeace kritisieren:
    "Die Umweltverbände plädieren für deutlich über 60 Prozent bis hin zu 70 Prozent. Nur dann kann man die Klimaziele von Paris erreichen."
    Streitpunkt: Ausbau der Windenergie
    Denn nur dann könne Deutschland schnell auf die Kohle verzichten. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, SPD, entgegnet: Der Ausbau der erneuerbaren Energien müsse planbar und billiger werden. Deswegen hat sich die Bundesregierung ganz fest vorgegeben, wie viel erneuerbare Energien jedes Jahr dazu kommen: etwa 2,5 GW Leistung Wind auf dem Land und 6,5 GW Leistung Wind auf See. Umweltschützer und Opposition sagen: Mit diesen Korridoren sind die Klimaziele nicht zu erreichen. Insbesondere die SPD-regierten Länder wollen vor allem mehr Windkraft installieren dürfen, weil für die Länder die erneuerbaren Energien zu einem Jobmotor geworden sind. Wirtschaftsminister Gabriel lehnte es vor einem Monat ab, mehr Windenergie installieren zu lassen:
    "Das Problem dabei ist, dass, wenn wir aus diesen Korridoren ausbrechen, dass das natürlich Konsequenzen haben wird, was die Kostenseite angeht."
    Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur zeichnet sich ab, dass es für den besonders umstrittenen Ausbau von Windkraftanlagen an Land eine jährliche fixe Ausschreibungsmenge von 2.500 Megawatt brutto geben soll. Brutto bedeutet jedoch: Als neue Windkraftanlage wird auch gewertet, wenn eine alte Anlage ersetzt wird. Die nördlichen Bundesländer fordern jedoch: Netto, also nur wirklich neue Anlagen zu zählen und also unterm Strich mehr auszubauen. Greenpeace-Experte Tobias Austrup:
    "Das wird sicherlich ein großer Streitpunkt werden zwischen Bund und Ländern. Da kann man nur hoffen, dass die Länderpositionen sich durchsetzen."
    Hier wird die Unionsfraktion im Bundestag eine zentrale Rolle spielen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sicherte der Unionsfraktion gestern nach Teilnehmerangaben weitgehendes Mitspracherecht bei der EEG-Reform zu. Es werde keinerlei Beschlüsse geben, solange die Interessen der Fraktion und der Länder nicht zusammengeführt seien. Kein gutes Omen, sagt Greenpeace-Mann Austrup:
    "Das ist die energiepolitische Todeszone der Union geworden, der wirtschaftsradikale Flügel der Union, der schießt auf alles, was irgendwie nach Energiewende aussieht."
    Umweltschützer lehnen Ausschreibungen von Strommengen ab
    Gabriel will nicht nur an der strikten Deckelung der erneuerbaren Energien festhalten. Er will mit dem neuen Erneuerbare-Energien-Gesetz auch einen Paradigmenwechsel einleiten: Bisher bekommt jeder, der Strom aus Sonne oder Wind einspeist, einen garantierten Preis. Zukünftig soll ein Wettbewerb stattfinden, wer den Strom der jedes Jahr neu dazu kommen darf, produzieren soll.
    "Die Politik gibt die Menge vor, der Markt entscheidet über den Preis. Fehlentwicklungen wie in der letzten Legislaturperiode bei der Solarförderung, die zu einer Verdopplung der EEG-Umlage geführt haben, werden damit in Zukunft ausgeschlossen bleiben."
    Diese Ausschreibungen von Strommengen lehnen Umweltschützer ab. Die finanziellen Risiken, sich mit einem Windpark-Projekt zu bewerben und am Ende vielleicht nicht zu Zug zu kommen, könnten nur große Konzerne stemmen, sagt Sebastian Scholz vom Naturschutzbund. Die Bundesregierung will kleine Bürger-Energiegenossenschaften jetzt zwar explizit in den Ausschreibungen drin haben, und will ihnen einige administrative Erleichterungen gewähren, diese Sonderregelungen brächten jedoch sogar noch mehr Verunsicherung, klagt NABU-Experte Scholz:
    "Wir sehen, dass das Ausschreibungsverfahren ungerecht ist. Das sehen wir daran, dass Bürgerenergie systematisch benachteiligt wird. Das Beste wäre, das Ausschreibungsverfahren wieder rückgängig zu machen."
    Dazu wird es jedoch nicht kommen. Die Ausschreibungen stehen wohl nicht mehr zur Disposition.