Joe Biden machte aus seinem Herzen keine Mördergrube. Als der ABC-Moderator George Stephanopoulos ihn fragte, ob er den russischen Präsidenten Wladimir Putin für einen Killer halte, bejahte Biden die Frage. Auch sonst hält Biden den russischen Präsidenten für skrupellos.
- Warum ist das persönliche Verhältnis zwischen Putin und Biden zerrüttet?
- Wie kam es zu dem geplanten Gipfeltreffen?
- Welche Erwartungen an das Treffen gibt es?
- Wie kam es zur Abwärtsspirale zwischen beiden Staaten?
- Welche Rolle spielt der Ukraine-Konflikt?
- Welche Hoffnungen liegen auf dem Thema nukleare Abrüstung?
- Haben Russland und die USA gemeinsame Interessen?
Selten reagierte Wladimir Putin auf die Aussage eines ausländischen Politikers angefasster als auf Bidens "Ja" zu jener Killer-Frage. Fast zwei Minuten dauerte seine Antwort, aufgenommen vom staatlichen Fernsehen. Der russische Präsident blickte direkt in die Kamera, zog die linke Augenbraue hoch und streckte immer wieder den rechten Zeigefinger aus.
"Wenn wir andere Menschen oder andere Nationen betrachten, dann schauen wir immer wie in einen Spiegel. Dann sehen wir da immer uns. Wir sehen im anderen Menschen unsere eigenen Eigenschaften und denken, er sei genauso wie wir selbst."
Die emotionale Reaktion des starken Mannes im Kreml erklären Beobachter so: Nichts kränkt Putin so sehr, wie, wenn er sich vom Chef im Weißen Haus nicht ernst genommen fühlt.
Zwischen den beiden ist nicht nur das persönliche Verhältnis zerrüttet. Amerikanische und russische Interessen klaffen so weit auseinander wie nie seit dem Ende des Kalten Krieges. Der unerklärte Krieg Russlands in der Ukraine, die Intervention Putins zugunsten des skrupellosen Diktators Assad in Syrien, die völkerrechtswidrige Annexion der Krim und die Einmischung Russlands in die amerikanischen Wahlen 2016 zugunsten Donald Trumps sind nur einige der krisenträchtigen Konflikte zwischen der Supermacht USA und der Großmacht Russland.
Diese großen konfrontativen Themen werden begleitet von kleineren, aber dafür aussagekräftigen Sticheleien. Russland hat gerade eine "Liste der nicht befreundeten Staaten" geschaffen, auf der sich bisher genau zwei Länder befinden: Tschechien und die USA. Das erschwert vor allem die diplomatischen Beziehungen.
Die Botschaft der USA darf keine russischen Ortskräfte mehr beschäftigen. Gerade hat Washington das Konsulat in Jekaterinburg geschlossen. Es war das letzte außerhalb von Moskau.
Insofern ist es ein kleines Wunder, dass dieser Gipfel in Genf überhaupt stattfindet. Zum ersten Mal werden am Mittwoch (16.06.21) Wladimir Putin und Joe Biden als Staatsoberhäupter aufeinandertreffen. Möglich wurde es, nachdem die US-Regierung deutliche Signale ausgesendet hatte: Natürlich nehme sie Russland ernst, natürlich könne der Kreml bei vielen globalen Problemen helfen. Eine erste Annäherung war das Treffen der Außenminister Antony Blinken und Sergej Lawrow im Mai am Rande des Arktischen Rates in Reykjavik. Eigentlich eher ein Routinetermin, und doch wurde er zelebriert wie ein Gipfeltreffen, mit großen Delegationen, die sich an einem langen Tisch gegenübersaßen.
"Wir unterscheiden uns gewaltig darin, wie wir die internationale Lage einschätzen. Und auch darin, was wir unternehmen sollten. Aber wir sind bereit, ohne Ausnahme alle Fragen zu besprechen, unter der Bedingung, dass dies ehrlich geschieht, auf Fakten bezogen und auf der Grundlage gegenseitigen Respekts."
Trotzdem ließ sich Russland Zeit mit der Antwort auf ein Angebot zu einem Spitzentreffen. Es kam von Joe Biden, im April, just in dem Augenblick, in dem Putin über 100.000 Soldaten bedrohlich nah an der ukrainischen Grenze aufmarschieren ließ. Aber bereits zuvor hatte Biden klargemacht, dass er gesprächsbereit sei.
"Wir haben auch gemeinsame Interessen. Deshalb habe ich das New Start-Abkommen sofort verlängert. Es ist im überwältigenden Interesse der gesamten Menschheit, dass wir die Wahrscheinlichkeit eines Nuklearkrieges senken."
Amerikanisch-russische Gipfeltreffen waren seit jeher mit hohen Erwartungen befrachtet und überfrachtet. 1985 war Genf zum letzten Mal die gastgebende Stadt. Der damalige US-Präsident Ronald Reagan und der frisch an die Macht gekommene sowjetische Führer Michail Gorbatschow trafen sich und läuteten – wie sich rückblickend zeigte – die Überwindung des Kalten Krieges ein.
Putin fährt aggressiven außenpolitischen Kurs
Mit dem relativ jungen Kremlherrscher Gorbatschow verbanden damals viele einen Wind des Wandels und die Hoffnung auf eine friedlichere Welt. Wladimir Putin steuert dagegen seit Jahren einen konfrontativen, teils aggressiven außenpolitischen Kurs. 1985 hatten alle Beteiligten den Eindruck, es könne zu einer Aufwärtsspirale in den Ost-West-Beziehungen kommen. Heute geht es darum, die Abwärtsspirale im gegenseitigen Verhältnis zu stoppen. Es würde als Erfolg gelten, wenn es Biden und Putin gelänge, wenige grundsätzliche gemeinsame Interessen zu definieren. David Sirakov, Direktor der Atlantischen Akademie in Mainz.
"Die Verlängerung des New Start Vertrages war ein wichtiger Schritt, weil es sich um den letzten verbliebenen großen Rüstungskontrollvertrag handelt. Die Verabschiedung neuer Verträge ist mittlerweile nahezu unmöglich geworden. Und so bleibt dann die Hoffnung, den noch bestehenden Vertrag als Forum für künftige Initiativen zu nutzen."
Viel Vertrauen ist verlorengegangen in den letzten Jahren. Für die USA, und besonders für Biden, ist die Einmischung Russlands in den amerikanischen Wahlkampf 2016 eine traumatische Erfahrung. Nicht nur, weil der Republikaner Donald Trump diese Wahl entgegen vieler Vorhersagen gewann, sondern, weil dies in den Augen vieler Amerikaner einen direkten Angriff auf die amerikanische Demokratie darstellte. Ein umfangreicher US-Geheimdienstbericht kam zu der Schlussfolgerung, dass hinter den Cyber-Attacken auf Hillary Clintons Emails und den Server der Demokraten mit großer Sicherheit russische staatliche Stellen standen.
Doch dabei blieb es nicht. Ende vergangenen Jahres wurde eine Cyberattacke bekannt, die laut Microsoft zur russischen Hackergruppe "Nobelium" zurückverfolgt werden konnte. Microsoft-Chef Brad Smith erklärte, es habe sich um die größte und aufwendigste Cyber-Attacke gehandelt, die die Welt je gesehen habe. Viele Experten gehen deshalb davon aus, dass dieser Angriff nur mit Billigung und Hilfe der russischen Regierung stattgefunden haben kann.
Putin streitet Hacker-Angriffe systematisch ab
Diese wies das zurück. Kremlsprecher Dmitrij Peskow erklärte, in den Vorwürfen drücke sich "blinde Russophobie" aus.
Auch Präsident Putin äußerte sich unmittelbar vor dem Treffen mit Biden zu Hacker-Attacken, nannte dabei aber nur jüngere Beispiele. Dem staatlichen Fernsehen sagte er:
"Die Leute, die denken können, sehen doch, dass Russland nichts in böser Absicht tut. Ich habe gehört, dass eine Fleischfabrik in den USA von uns gehackt worden sein soll. Das ist doch kompletter Unsinn. Oder nehmen wir die US-Firma mit den Gaspipelines. Sie hat den Erpressern Geld bezahlt. Glaubt jemand im Ernst, dass wir Firmen erpressen? Das ist doch einfach nur lächerlich."
Auch die Lage in der östlichen Ukraine empfindet die amerikanische Regierung als stete Provokation und Bedrohung. Der Großaufmarsch russischer Streitkräfte an der Grenze zur Ukraine vor wenigen Wochen löste enorme Irritationen aus. Was wollte Putin damit erreichen? War es lediglich eine Demonstration der Stärke oder die Vorbereitung einer großangelegten militärischen Invasion?
Solche Manöver schüren Unsicherheit, meint David Sirakov von der Atlantischen Akademie in Mainz. "Das führt unweigerlich zu einer weiter ansteigenden Bedrohungswahrnehmung, sowohl bei den baltischen Staaten als auch bei Polen. Und diese Drohgebärde, also dieses Großmanöver, fand ja nicht im luftleeren Raum statt. Das muss natürlich vor dem Hintergrund des anhaltenden militärischen Konfliktes in der Ostukraine und der Annexion der Krim gesehen werden. Und der Hinweis in Richtung Ukraine, aber auch an andere postsowjetische Staaten, ist mehr als deutlich: Wer die Einflusssphäre Russlands nicht anerkennt, wird zumindest zum Ziel russischer Destabilisierungsmaßnahmen."
Die Krim als militärischer Vorposten Russlands
Die Situation zwischen Russland und der Ukraine ist seit sechs Jahren praktisch unverändert. Russland baut die annektierte Halbinsel Krim zu einem militärischen Vorposten aus. Und es versorgt und koordiniert die sogenannten Separatisten, die einen Teil des ukrainischen Donez-Beckens besetzt halten.
Putin verfolgt damit zwei Ziele: Einerseits baut er Verhandlungsmasse auf, um irgendwann doch eine internationale Anerkennung der Krim-Annexion zu erreichen. Und zweitens verhindert er, dass sich eine demokratische Ukraine politisch entwickelt und wirtschaftlich floriert. Denn das könnte in Russland die Zweifel an seinem Regierungsstil verstärken.
USA: Unterstützung der Ukraine auch mit Waffen
Die Ukraine braucht dagegen die Unterstützung der EU und der USA. Kiew hofft, dass Biden seinen Gesprächspartner möglichst deutlich vor einer Eskalation gegenüber der Ukraine warnt. Der ukrainische Publizist mit russischen Wurzeln, Witalij Portnikow, sagte in seinem Youtube-Kanal:
"Putin wird Biden unter die Lupe nehmen unter dem Gesichtspunkt: Welche Reaktion aus Washington wird es geben, wenn er sich neue aggressive Vorstöße gegenüber seinen Nachbarländern ausdenkt. Und die Antwort wird Putins Verhalten gegenüber der Ukraine und Georgien beeinflussen. Es ist gut, dass Biden schon im Vorfeld deutliche Worte gefunden hat."
Biden hatte den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vergangene Woche angerufen und ihm versichert, die USA würden die Souveränität seines Landes und seine territoriale Unversehrtheit verteidigen.
Für die Ukraine ist das lebenswichtig. Die USA haben vor einigen Jahren begonnen, Waffen an die Ukraine zu liefern, darunter hochmoderne Panzerabwehrraketen. Außerdem treiben die USA eine engere Anbindung der Ukraine an die Nato voran.
Biden: Grünes Licht für Nord Stream 2
Das erste Zugeständnis allerdings, das Biden seinem russischen Gegenüber schon vor dem Treffen macht, sei zu Lasten der Ukraine gegangen, sagt der russische Journalist und Militärexperte Alexander Golz:
"Das war schon ein gewichtiger Schritt, dass Biden zu verstehen gegeben hat: Er werde sich der Fertigstellung der Gaspipeline durch die Ostsee Nord Stream II nicht weiter in den Weg stellen. Aber ich denke nicht, dass er das sagt, was sich Putin wünscht: dass die Ukraine unter keinen Umständen in die Nato eintreten kann."
Nord Stream 2 soll die Gas-Pipeline durch die Ukraine größtenteils ersetzen – ein Milliardenverlust an Transitgebühren für Kiew. Die neue Haltung im Weißen Haus war in der Ukraine deshalb auf großes Unverständnis gestoßen.
Belarus-Abhängigkeit von Russland ist gewachsen
Thema bei dem Treffen wird ganz sicher auch Belarus sein. Der dortige Machthaber Alexander Lukaschenko hat sich seit der gefälschten Präsidentschaftswahl im vergangenen Jahr immer weiter vom Westen isoliert. Zuletzt, indem er eine Passagiermaschine kapern ließ, die von Athen nach Vilnius unterwegs war und über belarussisches Territorium flog, um einen belarussischen Blogger verhaften zu können.
Lukaschenko ist seitdem noch abhängiger von Russland – und Moskau drängt auf die Schaffung eines Bündnisstaats. Aber auch zu so einer De facto-Vereinnahmung des Nachbarlands werde Washington nicht "Ja" sagen, meint Jewgnija Albatz, Chefredakteurin der russischen Internet-Zeitschrift "The New Times" im Fernsehsender "Doschd":
"Die Leute, die jetzt in der Führung des US-Außenministeriums sind, kennen sich in unserer Region ziemlich gut aus. Sie wissen: Putin wird da nicht stehen bleiben. Wenn man ihm heute sagt: Nimmt Dir Belarus, aber lass die Ukraine in Ruhe – dann wird er sich unbedingt auch die Ukraine nehmen wollen. Das liegt an seiner Mentalität eines Tschekisten: Wenn es gelungen ist, etwas herauszupressen, dann pressen wir weiter."
Russlands Verstoß gegen INF-Abrüstungsvertrag
Die Rolle Europas zeigt sich im Krieg in der Ukraine in ihrer Beschränktheit und teilweisen Ohnmacht. Der sogenannte Minsker Prozess, ein Verhandlungsformat, an dem die Ukraine, Russland, Frankreich und Deutschland – nicht jedoch die USA – beteiligt sind, tritt seit Jahren auf der Stelle.
Ein Thema, das besonders zur russisch-amerikanischen Entfremdung beigetragen hat, ist die russische Entwicklung neuartiger nuklearfähiger Mittelstrecken-Marschflugkörper. Sie wurden entwickelt und gebaut entgegen der Bestimmungen des ehemaligen INF-Abrüstungsvertrages. Sie sollen potentiell die europäische von der amerikanischen Sicherheit abkoppeln.
Putin betont gerne, dass sein Land zum ersten Mal in der Geschichte einen Vorsprung in der Rüstungstechnik habe. Kurz vor dem Treffen mit Biden sagte er:
"Die nicht einfache internationale Lage potenzieller Risiken und Gefahren in der direkten Nähe unserer Grenzen erfordern für die russischen Streitkräfte eine ständige und hohe Kampfbereitschaft. Sie haben als erste in der Welt Hyperschallwaffen bekommen, darunter die einzigartigen Interkontinentalraketen ‚Avangard‘."
Biden verlängert New-Start-Abkommen
Die nuklearfähige Rakete hat eine wellenförmige Flugbahn und ist deshalb von Raketenabwehrsystem schwer zu stoppen. Dennoch könnte es auf dem Feld der nuklearen Abrüstung am ehesten zu Vereinbarungen kommen. 90 Prozent aller Atomsprengköpfe auf unserer Welt entfallen auf die USA und Russland, beide Länder hätten also ohne Sicherheitsverlust die Möglichkeit, weite Teile ihres Arsenals abzurüsten. Einen Vorgeschmack bekam die Welt schon kurz nach Bidens Amtsantritt: Ohne große Zeremonie und lange Verhandlungen einigten sich beide Seiten auf die Verlängerung des sogenannten New Start-Abkommens.
Auch bei den Bemühungen zur Nichtverbreitung von Atomwaffen könnten Putin und Biden Gemeinsamkeiten entdecken. Beide hätten kein Interesse daran, dass der Iran in den Besitz von Atomwaffen komme, so Alexander Golz:
"Die strategischen Ziele der beiden Länder liegen mehr oder weniger parallel. Weder Russland noch die USA sind daran interessiert, dass der Klub der Atommächte wächst. Das Problem ist aber, dass Russland einigermaßen gute Beziehungen mit den Staaten hat, auf die man Druck ausüben sollte, vor allem auf den Iran und Nordkorea. Eine Errungenschaft des Treffens könnte es sein, eine gemeinsame Position zum Atom-Abkommen mit dem Iran zu erarbeiten."
Putin: Kein Interesse am Thema Menschenrechtslage in Russland
Biden könnte bei dem Treffen auch die Menschenrechtslage in Russland ansprechen, zumal die USA davon unmittelbar betroffen sind. Ein Beispiel: Die russische Medienaufsichtsbehörde überzieht die russischen Radiosender von "Radio Liberty" mit Klagen, weil diese sich nicht als "ausländischer Agent" registrieren und stigmatisieren lassen. Die verhängten Strafen gehen schon in die Hunderttausende Euro. "Radio Liberty" wird von den USA finanziert – und Außenminister Antony Blinken hat bereits klargemacht, dass er das russische Vorgehen für nicht akzeptabel hält.
Ein anderes Beispiel: Zwei US-Staatsbürger wurden im vergangenen Jahr zu langjährigen Haftstrafen verurteilt – ein Student angeblich wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt, ein Handelsreisender angeblich wegen Spionage. Die USA halten beide Verfahren für widerrechtlich. Doch der russische Präsident Putin hat vor dem Treffen schon überdeutlich klargemacht: Er sei nicht bereit, über die Menschenrechtslage in Russland zu sprechen.
Die Beziehungen zwischen Russland und den USA stehen derzeit unter keinem guten Stern, sind aber nicht zum Scheitern verurteilt. Das Gipfeltreffen selbst zeigt, dass auch in Zeiten deutlicher Gegensätze ein gegenseitiges Interesse zumindest zu einer gemeinsamen Vermessung der internationalen Politik besteht. Ob daraus konkrete politische Vereinbarungen werden, ist nicht vorhersagbar, meint auch David Sirakov:
"Retrospektiv betrachtet sind die Beziehungen zwischen Russland, insbesondere Putins Russland, und dem Westen innerhalb der letzten 20 Jahre durch wiederkehrende Enttäuschungen auf beiden Seiten geprägt. Die Folge ist gegenseitiges Misstrauen und auf russischer Seite die Entscheidung, dass man einen eigenen, explizit nicht-westlichen, und in vielen Bereichen auch anti-westlichen Kurs in seiner Innen-, Außen- und Sicherheitspolitik verfolgt."
Klar ist, dass US-Präsident Biden den russischen Cyberkrieg, den Krieg in der Ukraine und die Bedrohung Europas durch russische Militärmanöver und nuklearfähige Mittelstreckenwaffen nicht hinnehmen kann und wird. Putin werde für aggressives Verhalten einen Preis zahlen, hat Biden im Vorfeld angekündigt. Dass Russland für sich eine Art exklusive Einflusszone in Anspruch nimmt, kann schon allein mit Rücksicht auf die östlichen Staaten der Nato nicht hingenommen werden.
China – der größte Unsicherheitsfaktor
Für die Europäer wäre der Abbau der russischen nuklearfähigen Mittelstreckenwaffen ein Sicherheitsgewinn. Doch ob Putin dieses Druckmittel aus der Hand geben will, ist fraglich. Nur die USA verfügen über die nötige Verhandlungsmacht, hier Fortschritte zu erzielen. Doch auch die USA würden sich wahrscheinlich nicht auf eine weltweite Mittelstreckenlösung wie das Mittelstreckenabkommen von 1988 einlassen. Washington will diese Waffenkategorie mit Blick auf das aggressive Vorgehen Chinas in Südostasien behalten. Überhaupt ist China für beide, Putin wie Biden, der derzeit größte Unsicherheitsfaktor – sitzt aber nicht mit am Tisch in Genf.
Interesse an einer Reduzierung von Nuklearwaffen
Doch es gibt außer der Bereitschaft zum Gespräch auch Chancen auf substantielle Fortschritte im Verhältnis der Atommächte. Beide haben deutlich gezeigt, dass sie an einer Reduzierung ihrer strategischen Nuklearwaffen Interesse haben. Das hat die schnelle Verlängerung des New Start-Abkommens gezeigt. Ob diese Einsicht angesichts der von Putin zerrütteten internationalen Landschaft schon auf diesem Gipfel Konsequenzen haben wird, kann allerdings bezweifelt werden.