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Gipfeltreffen von Trump und Kim
Chinas Interessen in Nordkorea

Heute und morgen treffen sich US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong-Un. China sitzt in Gedanken mit am Tisch - denn Peking hat in regelmäßigen Konsultationen bewiesen, dass es bei einer wirtschaftlichen Öffnung Nordkoreas und einer Neuordnung Nordost-Asiens nicht den USA das Feld überlassen will.

Von Axel Dorloff |
Kim Jung Un ist umringt von Kamerateams vor einem Zug zu sehen.
Kim Jong-Uns Zugreisen nach China haben sich in den vergangenen zehn Monaten gehäuft (imago / UPI Photo)
In der Grenzstadt Dandong ist er bereits bekannt: der grüne, gepanzerte Zug mit den gelben Streifen. Immer, wenn die Waggons aus Nordkorea zuletzt über die chinesisch-koreanische Freundschaftsbrücke gerollt sind, war Machthaber Kim Jong-Un – mal wieder – auf dem Weg zu Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping. Gleich viermal innerhalb von zehn Monaten. Dafür, dass sich die beiden zuvor als Staatschefs noch nie getroffen hatten, war die Häufigkeit der Besuche bemerkenswert, sagt Zhao Tong vom Carnegie-Tsinghua Zentrum für Globale Politik an der Tsinghua Universität in Peking.
"Ich könnte mir vorstellen, dass es bei diesen Treffen vor allem um eine engere, wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern ging. Und welche Lehren Nordkorea aus der chinesischen Erfahrung ziehen kann, wenn es um Reform und Öffnung geht. Wie China diesen Prozess begleiten kann. Es ist im geostrategischen Interesse der Volksrepublik, eine gute und enge Beziehung zu Nordkorea zu pflegen. Auch um Chinas künftigen Einfluss auf der koreanischen Halbinsel abzusichern."
"Denuklearisierung und dauerhaften Frieden" als Ziel
Es ist gar nicht lange her, da sprachen viele Beobachter noch von einer Eiszeit in den chinesisch-nordkoreanischen Beziehungen. Selbst China schien die Geduld mit dem Nachbarn aus Nordkorea zu verlieren, der eine Atomwaffe nach der anderen testete. Zumal die Erde immer auch im chinesischen Grenzgebiet gezittert und die Menschen in Angst und Schrecken versetzt hat. Aber vor dem Gipfel in Vietnam sind auch in Peking die Hoffnungen groß, sagt Außenamtssprecher Geng Shuang.
"China hat den Dialog zwischen Nordkorea und den USA immer unterstützt. Wir hoffen, dass der zweite Gipfel zwischen den beiden Staatsführern positive Resultate bringt und eine neue Dynamik auslöst – um eine Denuklearisierung und dauerhaften Frieden auf der koreanischen Halbinsel zu erreichen."
China bringt sich dabei schon in Stellung für die Zukunft. Wenn es um eine wirtschaftliche Öffnung Nordkoreas geht, möchte das Land vorne dabei sein. Rund 90 Prozent des nordkoreanischen Handels wird derzeit über China abgewickelt, die Lockerung der UN-Sanktionen ist deshalb im chinesischen Interesse, sagt Nordkorea-Experte Zhao Tong.
"Es ist sicher so, dass China und Russland jede Anstrengung unterstützen würden, die Sanktionen gegen Nordkorea zu lockern. Aber das erfordert einen breiten Konsens innerhalb der internationalen Gemeinschaft, die chinesische und russische Bereitschaft allein reichen nicht."
Die Basketball-Diplomatie
Viele Mittel sind China derzeit recht, um die Beziehungen zu Nordkorea zu verbessern. Auch die sogenannte Basketball-Diplomatie. Machthaber Kim Jong-Un gilt als enthusiastischer Basketball-Fan. China hat deshalb vor wenigen Monaten gleich eine ganze Sport-Delegation unter Führung des chinesischen Ex-NBA-Stars Yao Ming durch Nordkorea geschickt. Für Politikwissenschaftler Zhao sind das wichtige Zeichen eines Austausches mit dem isoliertesten Land der Welt.
"Nordkorea hat sich Atomwaffen beschafft, weil es ein paranoider Staat ist, der sich immer und ernsthaft bedroht fühlt. Diese Paranoia ist ein Resultat jahrzehntelanger, internationaler Isolation von der restlichen Welt. Wir müssen dieses fundamentale Problem der nordkoreanischen Paranoia zum Thema machen. Eine weitere Isolation des Landes hilft da überhaupt nicht. Stattdessen sollten wir Nordkorea dabei helfen, sich zu öffnen und in ein normales Land zu verwandeln."
Vieles scheint perspektivisch möglich: eine atomwaffenfreie, koreanische Halbinsel, ein Friedensvertrag, eine wirtschaftliche Öffnung Nordkoreas. Und damit perspektivisch die Neuordnung Nordost-Asiens. Dabei wird China das Feld nicht den USA überlassen.