Anja Nehls: In Zukunft wird der Zugang zum Girokonto garantiert, auch für Menschen, die bisher für die Banken nicht interessant waren, also zum Beispiel Obdachlose, Menschen, die Schulden haben oder Asylsuchende.
Dieses Konto ermöglicht dann Basisdienstleistungen wie Überweisungen, Lastschriften, die Benutzung des Geldautomaten, eine Zahlungskarte und eventuell auch einen Dispokredit. Die wichtigste Neuerung ist für Frank Christian Pauli vom Verbraucherzentrale Bundesverband, dass die Ausweispflicht bei der Kontoeröffnung gelockert wird.
"Die Adresse war natürlich wichtig, damit man eindeutig identifizieren kann, wer der Inhaber des Kontos ist. Das braucht man für das Geldwäschegesetz.
Die Adresse kann aber nicht jeder vorweisen, wenn jemand keine feste Wohnsitzadresse hat soll das künftig nach den Vorgaben der Richtlinie kein Hinderungsgrund sein, ein Konto zu eröffnen."
Nehls: Sogenannte unbestätigte Personenangaben waren bisher nämlich eine gerne benutzte Begründung für die Ablehnung von Kunden bei den Banken.
Stefan Römermann: Dabei gab es doch ein "Girokonto für Jedermann " schon lange. Warum muss jetzt so ein Gesetzentwurf her?
Nehls: Weil es in der Praxis nicht funktioniert hat. Das "Girokonto für Jedermann" war eine freiwillige Selbstverpflichtung der Kreditwirtschaft, aber eben freiwillig. In der Praxis hat das eigentlich nur bei den Sparkassen geklappt und da auch nicht überall.
Nehls: Weil es in der Praxis nicht funktioniert hat. Das "Girokonto für Jedermann" war eine freiwillige Selbstverpflichtung der Kreditwirtschaft, aber eben freiwillig. In der Praxis hat das eigentlich nur bei den Sparkassen geklappt und da auch nicht überall.
Als die Postbank noch öffentlich-rechtlich war, gab es einen bundesweiten Zugang zum Girokonto, dann wurde die privatisiert und dann gab es nur noch in neun Bundesländern über die Landessparkassengesetze ein Guthabenkonto.
Vor allem ein Problem für Schuldner
Nehls: "Das Girokonto für Jedermann" wurde in vier Berichten der Bundesregierung bereits höchst kritisch betrachtet. Für Menschen mit Schulden, die wieder auf die Beine kommen wollten, war das immer ein großes Problem, sagt Michael Weinhold, Schuldnerberater in Nürnberg:
"Das ist eine ganz schwierige Situation. Jetzt überlegen Sie sich mal, Sie sind arbeitslos und bewerben sich und dann ist der begeistert von Ihnen und sagt ja, dann füllen Sie mal den Personalbogen aus und da steht sicher irgendwas mit Konto drin, wohin soll ich mein Geld überweisen lassen? Und dann muss ich angeben, hab keins. Hmm aha, Sie haben kein Konto. Sie suchen eine Wohnung, der nächste kritische Bereich. Da müssen Sie dann mitteilen, Sie haben kein Konto, weil er vielleicht eine Einzugsermächtigung haben möchte, damit er sicher geht, der Vermieter, ja was schreibe ich denn da rein?"
Rechtspflicht für die Banken
Nehls: Jetzt gibt es also eine Rechtspflicht über die Europäische Union, die bei uns umgesetzt wird. Das heißt, es soll ein flächendeckendes Kontoangebot geben, das für alle Institute gilt und darauf hat man einen einklagbaren Anspruch. Wie den Banken nun die neue Regelung gefällt, dazu habe ich leider keine Stellungnahme bekommen.
Römermann: Wie wahrscheinlich ist es denn, dass die neue Regelung nun auch klappt oder suchen sich die Banken wieder Schlupflöcher, um unliebsame Kunden abzulehnen?
Nehls: Der Verbraucherzentrale Bundesverband ist da auch misstrauisch und will erst mal ganz genau beobachten, wie die Sache anläuft, sagt Frank-Christian Pauli. Er befürchtet Abwehrkonditionen:
"Die Dienstleistungen sind einigermaßen durchdefiniert, das kann also nicht passieren wie bei dem Pfändungsschutzkonto, wo wir schon Erfahrungen gemacht haben, dass Verbraucher für jeden Überweisungsvorgang in die Schalterhalle kommen sollten. Allerdings müssen wir uns auch angucken, dass nicht überbordende Kosten verlangt werden. Momentan sagt der Entwurf, die Kosten müssen angemessen sein, das ist ein unbestimmter Rechtsbegriff.
Die Erfahrung beim Pfändungsschutzkonto hat uns halt gezeigt, dass man hier sehr kreativ geworden ist und wir müssen natürlich sicherstellen, dass so ein Angebot den betroffenen wirklich zur Verfügung steht."