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Gitarre im Jazz
Saitenwege

Kein anderes Instrument hat im Jazz eine so rasante Entwicklung hinter sich wie die Gitarre. Eine Spurenlese vom Hardbop-Meister Kenny Burrell bis zu prägenden Spielern des 21. Jahrhunderts, dazu Seitenblicke auf Handgezupftes von Banjo bis Kora.

Am Mikrofon: Karl Lippegaus |
    Ein kurzhaariger blonder Mann mittleren Alters spielt mit geschlossenen Augen eine E-Gitarre.
    Hat mit der Band Wilco auch ein Standbein im Indie-Rock: Nels Cline (imago stock&people)
    1937 schloss Charlie Christian seine Gitarre zum ersten Mal an einen Verstärker an. Damit eröffnete er dem Instrument eine unabsehbare Fülle neuer Klangmöglichkeiten. Wie nirgends sonst spielt bei der Jazzgitarre auch die Auseinandersetzung mit anderen Genres eine Rolle; es gab Überschneidungen und wechselseitige Befruchtung mit Flamenco, Folk, Rock und Blues. Umgekehrt haben Zupfinstrumenten anderer Kulturen und Stile wie Banjo, Mandoline, Kora und Guzheng längst Eingang in die improvisierte Musik gefunden. Auf einem historischen Streifzug geht es u.a. um Kenny Burrell (* 31. Juli 1931), dessen makelloses Hardbop-Spiel ein starkes Bluesfeeling durchströmte. Dazu aktuelle Musik von Nels Cline, Scott DuBois, Julian Lage, Philippe Mouratoglou, Marc Ribot, Ballake Sissoko und vielen anderen.

    Afro-brasilianischer Scatgesang

    Ein bärtiger Mann mit blauer Schiebermütze steht mit einer akustischen Gitarre vor einem Mikrofon und singt.
    2008 veröffentlichte Joao Bosco eine Platte mit der NDR Big Band. (imago stock&people)
    Am 13. Juli 2021 wurde Gitarrist und Sänger João Bosco 75 Jahre alt. Mit dem Psychiater Aldir Blanc als Texter wurde der gelernte Ingenieur bereits in den 1970-er Jahren durch ausgefallene und originelle Songs mit afro-brasilianischem Scatgesang bekannt. Ausgehend von Rock 'n' Roll und Bossa Nova fand er zu einer eigenen, jazzaffinen Form der Musica Popular Brasileira. Seinen Durchbruch hatte Bosco mit dem Album "Comissão de Frente" von 1982. Aus Anlass des Geburtstags ein Rückblick auf sein Werk.

    Jon Hassell (1937 - 2021)


    Der Amerikaner Jon Hassel ist der Begründer eines Trompetensounds, der alles Blecherne und Martialische umging. Mit speziellen Ansatztechniken näherte er den Klang seines Instrumentes dem Timbre klassischer indischer Sänger an. Damit wurde er für viele zeitgenössische Jazztrompeter enorm einflussreich. Nach dem Studium bei Karlheinz Stockhausen arbeitete Hassell mit den Minimal Music-Pionieren Terry Riley und LaMonte Young. Unter dem Einfluss von Miles Davis' Jazzrock und dem Vokalstil seines Lehrers Pandit Pran Nath formte er seinen sehr persönlichen, ambient-lastigen Sound, den er "Fourth World Music" nannte. Am 26. Juni 2021 starb er im Alter von 84 Jahren - ein Nachruf.
    Der Trompeter Jon Hassell beim Jazzfest 2006 in Berlin.
    Der Trompeter Jon Hassell beim Jazzfest 2006 in Berlin. (imago / Brigani Art / Bartill)