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Glasfaserausbau
Selber buddeln für schnelles Internet

In Voßhöhlen im Landkreis Segeberg war die Enttäuschung groß: Der abgelegene Ortsteil sollte beim Ausbau des Glasfasernetzes in der Region außen vor bleiben und damit kein schnelles Internet bekommen. Nun buddeln sich die Voßhöhlener den benötigten Graben selbst - 80 Zentimeter tief und sieben Kilometer lang.

Von Astrid Wulf |
    Zahlreiche Glasfaserkabel unter anderem zur Übertragung von Hochgeschwindigkeitsinternet.
    Für schnelles Internet müssen Glasfaserkabel gelegt werden. (Daniel Reinhardt, dpa )
    Mit Schaufeln und Minibaggern ackern die Helfer an der Todesfelder Straße. Seit knapp zwei Wochen stehen hier Manager, Handwerker, Schüler und Rentner zusammen im Graben und buddeln. Das Ganze bei bester Stimmung - und während ihrer Freizeit. Carsten Wittern ist einer der vielen Voßhöhlener, die sich hier engagieren. Er arbeitet eigentlich als IT-Spezialist, ist hier aber heute für die Absicherung der Baustelle zuständig. Der Zusammenhalt unter den Freiwilligen motiviert ihn jeden Tag aufs Neue.
    "Das ist so, dass man die Leute angesprochen hat und hier ist eine Begeisterung, die man sich gar nicht hätte träumen lassen, dass hier jeder mitmacht. Jeder ist begeistert, wenn man das sieht - es wurde heute morgen wieder Frühstück gebracht von zwei, drei Stellen, hier ist wirklich viel los. Fast alle Anwohner sind hier mit dabei."
    Koordination von 100 Freiwilligen
    Thomas Nehrmann ist die treibende Kraft hinter der Initiative. Er sitzt zwar auch selber im Bagger, seinen Hauptjob sieht er aber vor allen Dingen darin, die rund 100 Freiwilligen zu koordinieren:
    "Ich habe mir zu Hause einen Plan gemacht, wer die 14 Tage arbeiten kann. Denn das Wichtigste sind ja Baggerfahrer - zum Schaufeln bekommen sie genug, aber wer kann Bagger fahren, wer kann den bedienen. Da habe ich mir zuhause schon einen Plan angefertigt, dass ich da einen Überblick behalte. Und zum Schaufeln: Gestern waren wir hier über 30 Leute, das ist ja viel zu viel schon."
    Thomas Nehrmann hat ein Bauunternehmen hier vor Ort. Um vernünftig arbeiten zu können, sind er und seine Mitarbeiter auf eine schnelle Internetverbindung angewiesen. Als bekannt wurde, dass Voßhöhlen beim Ausbau des Glasfasernetzes aus Kostengründen außen vor bleiben sollte, war er wie die wohl meisten rund 160 Voßhöhlener frustriert. Doch anstatt zu jammern, hat er Lösungen gesucht - und sich ins Thema Breitbandausbau richtig reingekniet.
    "Es gibt diese 1.050,00 Euro pro Haushalt, das wird immer aus dem Ortskern herausgerechnet, irgendwann ist das Geld alle - und wenn das Geld leer ist, ist es leer. Wenn man dann weiter fragt in anderen Bereichen die auch draußen wohnen, die schon Glasfaser haben, dann geht es nur, dass die Gemeinde ein Darlehen aufnimmt, und die Bürger das dann über einen höheren Grundbeitrag bezahlen - oder eben sie graben selbst."
    Für den Bauunternehmer war klar: Den Graben selber zu buddeln, ist die beste Alternative. Also hat er seine Nachbarn in Voßhöhlen zusammengetrommelt und versucht, sie zu überzeugen.
    "Ich habe eine Woche oder 14 Tage vorher alle angerufen und gesagt: Kommt mal vorbei, wir müssen uns darüber unterhalten; wenn wir Glasfaser hier haben wollen, dann müsst ihr mit anfassen, sonst wird's nichts. Da war noch große Kritik - und jetzt mit einem Mal kommen sie alle aus den Häusern raus und schaufeln hier mit. Auch am Wochenende, am Sonntag stehen die hier und buddeln. Ganz toll, hätte ich nicht erwartet."
    80 Zentimeter tief und sieben Kilometer lang
    Dabei leisten die Voßhöhlener echte Knochenarbeit. 80 Zentimeter tief muss der Graben werden und rund sieben Kilometer bis zum Ortsrand von Todesfelde führen - dann kann der Ortsteil ans Breitbandnetz angeschlossen werden. Ralf Pütz ist der Geschäftsführer der zuständigen Glasfaserfirma "Unser Ortsnetz". Pütz kommt fast jeden Tag auf der Baustelle vorbei, und schaut, wie weit die Freiwilligen sind. Er ist begeistert von der Initiative.
    "Das ist einfach einmalig, wenn man sieht, dass so eine Initiative das so nach vorne bringt. Die Politik sagt: Breitband muss man ausbauen - ja, wie soll man Breitband ausbauen im ländlichen Raum. Durch solche Initiativen ist das natürlich super, dass das so nach vorne gebracht wird und ich hoffe, dass die Politik da auch ein bisschen umdenkt und sagt - ja, das ist die Zukunft und so kriegt man Breitband hin. Und nicht nur drüber reden und anfassen, sondern nach vorne bringen - und das ist auch das, was man an den Leuten hier sieht."
    Diese Leute bringen im Laufe der Aktion mit ihrem Einsatz und ihrer Arbeit einen Eigenanteil von mehr als 120.000 Euro auf. Ralf Pütz findet: Die Bürger von Voßhöhlen könnten mit ihrer Bürgerinitiative ein echtes Vorbild für andere Gemeinden sein.
    "Irgendwer muss den Start machen. Wir haben den Start gemacht, und ganz viele Gemeinden haben gefragt, können wir das hier auch machen - ist das dann rechenbar und kriegen wir damit auch Glasfaser und schnelles Internet."
    Bis das schnelle Internet kommt, müssen sich die Voßhöhlener noch etwas gedulden. In ein paar Tagen ist der Graben fertig. Dann können die Kabel verlegt werden, im Sommer sollen die Bewohner hier dann endlich schnell surfen können. Thomas Nehrmann und die vielen Helfer können es kaum erwarten.
    "Wenn wir Glasfaser haben alle vor Ort, dann machen wir ne große Party hier. Es wird immer so schön gesagt: Kein gelbes Ortsschild hier, wir sind wirklich ganz weit draußen in der Heide - und sind mit dem Glasfaser dann natürlich ganz weit vorne."