"Es gibt tatsächlich Quantenalgorithmen, die spezifisch für Quantencomputer geschrieben sind. Da gibt es durchaus eine erkleckliche Anzahl inzwischen."
Christof Wunderlich von der Universität Siegen war das im Deutschlandfunk-Interview anlässlich der Tagung über "sichere Kommunikation über Quantenkanäle" am Zentrum für interdisziplinäre Forschung, die kürzlich in Bielefeld stattfand. Keine Frage, Quantencomputer und Quantenkommunikation sind in der Forschungspolitik und in der Supercomputerszene gerade die heißesten Themen.
IBM hat eine Roadmap zum Quantencomputer für jeden veröffentlicht. Google arbeitet dran, die NSA entwickelt einen Quantencomputer fürs Codeknacken. Die Firma D-Wave hat eigenen Angaben zufolge die ersten Quantencomputer schon verkauft. Peter Welchering, Sie haben die Bielefelder Tagung besucht, mit vielen Forschern gesprochen. Wann kommt der Quantencomputer für den Schreibtisch?
Quantencomputer sind Spezialrechner
Peter Welchering: Auf dem Schreibtisch brauchen wir ihn nicht. Wissenschaftler wie der Physiker Christoph Wunderlich weisen ja zu Recht darauf hin, dass der Quantencomputer den klassischen Computer nicht ersetzen wird. Der Quantencomputer ist ein Spezialrechner. Und für Spezialanwendungen gibt es auch schon unterschiedliche Architekturen. Damit werden Protein-Faltungen berechnet. Damit werden Codes geknackt. Diese Quantencomputer stehen in Labors. Und ziemlich oft wir mit fünf Quantenbits gearbeitet. Je nachdem, wie diese fünf QuBits angeordnet sind, liegt eine ganz andere Rechnerarchitektur vor. Wenn man sich eine QuBit-Architektur vorstellt wie die fünf Punkte auf einem Würfel, dann kann jedes der vier äußeren QuBits mit dem inneren QuBit kommunizieren. Zur Zeit setzt sich hier die Anordnung der QuBits als Pentagramm durch. Bei dieser Anordnung kann jedes QuBit mit jedem anderen kommunizieren. Das scheint eine sehr leistungsfähige Architektur zu sein. Gegenwärtig geht es darum, ein Netzwerk zu entwickeln, mit dem unterschiedliche Quantencomputer zusammengeschaltet werden können, über das Daten, Quanteninformationen ausgetauscht werden können.
Kloiber: Für die Entwicklung eines solchen Quanten-Internets hat die Bundesregierung jetzt 180 Millionen Euro bereitgestellt. Damit soll die notwendige Vermittlungshardware entwickelt werden. Wie aufwendig das ist und wie diese Vermittlungshardware genau aussehen wird, das haben wir mal knapp zusammengefasst. Unser Überblick über das Quanten-Internet.
Banken und Militärs setzen es bereits ein
"Dass wir die Glasfaserkabel da haben, das ist eigentlich nix. Die eigentlich wirkliche Herausforderung ist, das Licht, das wir da durchschicken, quantenmechanisch zu behandeln", so bringt Professor Andreas Winter von der Universitat Autònoma de Barcelona die Aufgabe, ein Netzwerk fürs Quantencomputing zu entwickeln, auf den Punkt. Quantenkommunikation wird bereits von Banken und Militärs eingesetzt. Professor Dieter Meschede von der Universität Bonn:
"Es gibt Netzwerke, die in anderen Städten, vor allen Dingen in China, bereits gebaut worden sind, die aber immer Punkt-zu-Punkt-Verbindungen sind, wo also jemand was erfindet und diese Nachricht wie beim Staffellauf neu einschreibt in die nächste Strecke. Das ist aber nicht das, was wir wollen. Sondern wir wollen, dass diese Nachrichten in der Quantenwelt auch zwischen verschiedenen Strecken übergeben wird."
Ein richtiges Quanten-Internet soll also entstehen. Dafür wollen die Forscher die bereits weltweit verlegten Glasfaserstrecken nutzen.
Dieter Meschede: "Eine gewöhnliche Glasfaserstrecke zeichnet sich dadurch aus, das sie eigentlich kleine Verluste hat, auch auf einer normalen Glasfaserstrecke, einem normalen Kabel für unsere alltägliche Kommunikation ist nach einigen zehn oder hundert Kilometern das Signal so schwach geworden, dass ich es wieder neu verstärken muss. Und wenn ich also über längere Strecken das Signal übertragen will, was wir tun zwischen Kontinenten, dann muss ich wiederholt Verstärker nutzen."
Wissenschaftler nutzen die "spukhafte Fernwirkung"
Und solche Verstärker müssen auch für das Quanten-Internet entwickelt werden. Die Fachleute sprechen von Quanten-Repeatern. Für den Bau eines solchen Quanten-Repeaters machen sich die Wissenschaftler die "spukhafte Fernwirkung" zunutze, wie Albert Einstein dieses quantenmechanische Phänomen genannt hat.
Dieter Meschede: "Bei der Quanteninformation kann ich zum Beispiel die Verschränkung benutzen. Wenn ich zwei Teilchen habe, dann haben diese Teilchen eine Information, die ich erst dann bekomme, wenn ich wirklich eine Messung ausführe an den Teilchen. Und wenn ich jetzt zwei mal zwei Teilchen habe, dann kann ich sozusagen die mittleren Teilchen benutzen und in einer solchen Weise mit einem Gatter oder einer Operation behandeln, dass diese gemeinsame Information dann auf den beiden äußeren Teilchen vorhanden ist, aber nicht mehr auf den beiden Inneren."
Diese Verschränkung wurde experimentell an zwei Teilchen nachgewiesen. Sie entstanden, als ihr Ursprungsteilchen zerfiel. Beide Teilchen haben einen Spin, eine Drehung oder Kreiselbewegung von Partikeln, Teilchen 1 rechts herum, Teilchen 2 links herum. So neutralisieren sich diese beiden Teilchen. Wenn Teilchen 1 in einem Labor in Genf ist und Teilchen 2 in einem Labor in den USA, misst der Quantenphysiker in Genf eine Rechtsdrehung. Bei diesem Messergebnis steht sofort fest, dass das Teilchen in den USA sich links herum dreht. Die beiden Teilchen sind verschränkt. Dieter Meschede nutzt zwei mal zwei Teilchen, um einen solchen Quanten-Repeater zu bauen:
"Ich will gemeinsame Informationen an den Enden einer Übertragungsstrecke haben und nicht irgendwo zwischendurch. Ich kann also diese Information zwischendurch opfern und habe gewonnen, dass ich die Informationen an den Enden vorliegen habe. Und das wieder in der Quantenwelt."