"Ich kam aus einem Pfarrhaus. Und das hat mich natürlich irgendwie auch geprägt", sagt Hildegard Juhle, Jahrgang 1926. Sie wächst in Lauenau auf, am Höhenzug Deister bei Hannover.
"Und dann war eben auch schon während des Krieges und nach dem Krieg eine Vikarin, die für die Frauenarbeit da war. Und die kam dann auch auf die Dörfer, auf die kleinen Orte, und hat dann da für junge Mädchen einen Abend gehalten und so was. Ja, und das hat mich auch beeindruckt, dass es das gab. Und das war ein Grund mit."
Hildegard Juhle gehört später zu den ersten evangelisch-lutherischer Pfarrerinnen in Deutschland. Schon früh hat sie diesen Berufswunsch, doch in der jungen Bundesrepublik scheint das noch unmöglich. Luther hatte zwar Frauen nicht prinzipiell vom Pfarramt ausgeschlossen, aber es galt in der Kirche und in der Gesellschaft als selbstverständlich, dass Leitungspositionen nicht dem Wesen der Frau entsprachen. Auch theologische Gründe wurden nachgereicht, etwa die Schöpfungsordnung und der Hinweis auf die Männlichkeit Jesu. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden Frauen zum Theologiestudium zugelassen. Pfarrerin durften sie damit allerdings noch lange nicht werden.
"Gehen Sie doch an die Schule"
"Die Männer, die meldeten sich beim Landeskirchenamt und dann kriegten sie eine Antwort: ‚Ja, Sie können damit rechnen, dass Sie bei uns mal angestellt werden.‘ Und bei uns Frauen sagte man: ‚Tja, das ist aber ganz schwierig und das wissen wir noch nicht. Und wir raten Ihnen eigentlich, dass Sie doch Religion als Hauptfach nehmen und mit Religion in die Schule gehen", erzählt Hildegard Juhle.
Also studiert sie in Wuppertal und Bonn evangelische Theologie, Geographie und Geschichte. Auf Lehramt. Sie macht das erste Staatsexamen, ist zwei Jahre Referendarin in Quakenbrück und Emden. Macht das zweite Staatsexamen – aber merkt, dass sie mit manchen Schulklassen nicht zurechtkommt:
"Na ja, und dann war ich also nicht so sehr glücklich. Und dann hat mein Vater dann mal gesagt: ‚Fragen wir doch mal beim Landeskirchenamt, die können doch auch immer Pädagogen gebrauchen in den kirchlichen Werken und so. Na ja, und dann sind wir da hin gefahren – am Tag nach Weihnachten ohne Anmeldung, was heute nicht mehr möglich wäre – mit meiner Mutter, also wir beide fuhren da hin, und dann hat uns der Personaldezernent empfangen und dem haben wir das vorgetragen."
Einsegnung statt Ordination
Die Antwort fällt besser aus, als Hildegard Juhle es sich erhofft hatte: Nicht als Pädagogin darf sie zur Kirche wechseln, sondern als Vikarin, um in Gemeinden zu arbeiten.
Sie erinnert sich: "Dann habe ich also die Prüfung gemacht und die hat ganz gut geklappt. Und dann wurde ich also am 1. Oktober 1959 als Vikarin übernommen und dann auch eingesegnet. Damals wurden wir Frauen noch nicht ordiniert, sondern nur eingesegnet."
Nicht nur begrifflich bleiben die Vikarinnen von den Pfarrern getrennt, sondern auch optisch: Hildegard Juhle darf zwar einen Talar tragen, aber ohne Beffchen, die weiße Halsbinde der Pfarrer. Nur ein kleiner weißer Kragen ist der Vikarin erlaubt. Sie bekommt natürlich auch keine eigene Gemeinde – sondern arbeitet erst ein halbes Jahr als Kurseelsorgerin auf der Insel Langeoog. Dann hilft sie in einer Gemeinde in Göttingen aus und schließlich in Barsinghausen bei Hannover. Da ist Vikarin Juhle dann sogar für einen eigenen Pfarrbezirk zuständig.
"Dann war Visitation und dann war der Superintendent ganz entgeistert, als er hörte, dass ich für 3.000 Seelen zuständig wäre: ‚Was macht Ihr hier in Barsinghausen?! Eine Vikarin darf doch höchstens einen Bezirk von 1.100 betreuen."
Doch ihre Gemeinde hält zu Hildegard Juhle, und so darf sie ihren Bezirk behalten.
"Ein Ereignis von gar nicht abschätzbarer Bedeutung"
Symptomatisch für die Anfänge der evangelischen Frauenordination in Deutschland: auf der einen Seite die Kirchengesetze, auf der anderen Seite die persönlichen Spielräume und individuellen Lösungen. In den verschiedenen Kirchen und Landeskirchen verläuft die Entwicklung unterschiedlich schnell. Als Hildegard Juhle und ihre Kolleginnen in der Landeskirche Hannovers noch Vikarinnen heißen, wird in Lübeck die erste "echte" evangelisch-lutherische Pfarrerin Deutschlands ordiniert: Elisabeth Haseloff.
"Elisabeth Haseloff hatte ja über fast zwei Jahrzehnte in Büdelsdorf eine Gemeinde aufgebaut. Also wirklich aus dem Nichts – aus einer Baracke eine Kirche gemacht", sagt Heike Köhler ist Pfarrerin und Referentin im Landeskirchenamt in Hannover. Sie hat sich intensiv befasst mit der Geschichte der Frauenordination – und blickt ein wenig skeptisch auf die Ordination von Elisabeth Haseloff.
"Sie wurde im Prinzip aus dieser Gemeinde abberufen in das Amt der Leiterin des Frauenwerkes und wurde erst in diesem Amt ordiniert. Das finde ich eine interessante Perspektive – und die Frage: Warum wurde sie nicht in ihrer Gemeinde ordiniert, in der sie so viel Aufbauarbeit getan hat, sondern dann erst im Frauenwerk?" Man könnte sagen: Elisabeth Haseloff wird wegordiniert. Sie ist nun zwar ordinierte Pfarrerin, aber ohne Gemeinde.
Am 1. September 1958 erlässt die Lübecker Kirche ein Gesetz, das es Frauen erlaubt, Pfarrerinnen zu werden. Das steht in Zusammenhang mit dem Gleichberechtigungsgesetz der Bundesrepublik, das 58 in Kraft tritt. Es soll Frauen die Berufsausübung erleichtern. An Pfingsten 59 wird Elisabeth Haseloff ordiniert – was nicht nur in Lübeck für Aufsehen sorgt.
"Der Herr Pastor ist – eine Frau. Ein Ereignis von gar nicht abschätzbarer Bedeutung", titelt die Illustrierte "Quick".
Wo die "Pfarrverweserin" wirkt
Elisabeth Haseloff hingegen sieht in Ihrer Ordination zur Pfarrerin vor allem den Vorteil, sich jetzt ganz auf Ihre Arbeit konzentrieren zu können. Einmal schreibt sie:
"Die wirkliche Anerkennung des Amtes nimmt unserem Tun die belastende Pflicht, stets in unserer Arbeit auch noch für das Amt der Frau werben zu müssen."
Dieses Werben der Frauen ums Pfarramt hatte schon einige Jahrzehnte früher begonnen, erklärt Heike Köhler:
"Man kann hundert Jahre zurück gehen, denn 1918 war sicherlich so ein Schnittdatum nach dem Krieg." Unter den Kriegstoten waren auch viele Pfarrer, und so fehlt es den Kirchen am geistlichen Personal. "Teilweise bis zu 10.000 Personen auf einen Pastor. Und da kamen Theologen auf die Idee: Wir brauchen die Frauen zur Hilfeleistung im Pfarramt", sagt Heike Köhler.
Entsprechend ausgebildete Frauen gibt es, denn seit Anfang des 20. Jahrhunderts ist es Frauen in vielen Teilen Deutschlands erlaubt, Theologie zu studieren. Nur wie sollen die Kirchenmänner diese neuen Kirchenfrauen nennen? Das Wort Pfarrerin kommt ihnen nicht über die Lippen. Sie denken sich stattdessen allerlei neue Bezeichnungen aus: "Gemeindehelferin", "Pfarrgehilfin", "Pfarrverweserin". Allmählich setzt sich "Vikarin" durch.
Eigene Gemeinden bleiben den Theologinnen aber verwehrt. Sie werden in der Arbeit mit Frauen und Kindern eingesetzt oder der Gefängnisseelsorge. Das ändert erst der Zweite Weltkrieg.
Der Krieg und die Kanzel
Heike Köhler: "Als dann der Krieg kam und die Männer eingezogen waren, sind die dann auch in den pfarramtlichen Dienst gekommen."
Die Theologinnen heißen allerdings weiterhin nicht Pfarrerinnen und werden auch nicht ordiniert – mit zwei Ausnahmen, 1943. Kurt Scharf, später Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland, damals Pfarrer der Bekennenden Kirche in Sachsenhausen bei Berlin – Kurt Scharf ordiniert mitten im Krieg die beiden Theologinnen Hannelotte Reiffen und Ilse Härter.
"Ilse Härter hat aus der Zeit viel erzählt, dass sie eben diese ungeordneten Arbeitsverhältnisse hatten, dass sie keine Berufskleidung hatten, in keinem Pfarrhaus wohnen konnten, dass sie mit dem Fahrrad über das brandenburgische Land gefahren sind bei Wind und Wetter."
Heike Köhler ist später befreundet mit der inzwischen verstorbenen Ilse Härter.
"Diese beiden Ordinationen waren lange Jahre Ausnahmen. In den anderen Landeskirchen hat sich die Entwicklung zur Frauenordination eben dann noch über fast 20 Jahre hingezogen."
Ilse Härter und Hannelotte Reiffen gehörten der Evangelisch-reformierten Kirche an. In den evangelisch-lutherischen Kirchen geht es erst in den 1960er Jahren richtig los mit den Pfarrerinnen – auch in Barsinghausen bei Hildegard Juhle.
"Da kriegte ich ein Schreiben vom Landeskirchenamt: ‚Ab 1. April* heißen Sie Pastorin und alles andere bleibt, wie es ist‘", erzählt sie.
Fräulein Pfarrerin
Die Aufgaben einer Pastorin übernimmt die bisherige Vikarin ohnehin schon. Zunächst dürfen die Pfarrerinnen allerdings nicht heiraten. Das Bundesarbeitsgericht hatte die sogenannte Zölibatsklausel zwar Ende der 50er Jahre für nichtig erklärt – für die Privatwirtschaft und den Staatsdienst. Frauen verloren also nicht mehr automatisch ihren Job, wenn sie heirateten. Doch für Pfarrerinnen gilt der Zölibat noch länger.
"Die Vorstellung in der Gesellschaft war eben: Als Hausfrau und Mutter muss man ganz für seine Kinder und für den Mann da sein. Und dass Frauen das gleichzeitig können, Arbeit und Familie unter einen Hut kriegen, das war irgendwie undenkbar", sagt Pfarrerin Heike Köhler. "Es war natürlich auch undenkbar, dass die Männer sich engagieren im Haushalt."
Die Situation ändert sich Ende der 60er Jahre: Die ersten Kirchengesetze erlauben den Pfarrerinnen die Ehe – doch viele Pfarrerinnen der ersten Generation heiraten trotzdem nie, wie Hildegard Juhle.
"Ach ja, ich muss noch sagen, ich hatte in Barsinghausen dann eine Freundin kennengelernt, und wir haben dann von 1967 an zusammen gewohnt. Da hat damals keiner dran gedacht in der Gemeinde, dass wir da eben homosexuell oder so etwas ähnliches wären. Die Idee ist nicht aufgetaucht. Die freuten sich, dass ich jemanden hatte. Sie hat später dann, als sie nicht mehr berufstätig war – sie war Frührentnerin – den Haushalt übernommen und für mich gekocht und so weiter. Und ist auch mit mir nach Göttingen gezogen."
In Göttingen arbeitet Hildegard Juhle bis zur Pensionierung als Seelsorgerin in einer Klinik. Offiziell zur Pfarrerin ordiniert worden ist sie allerdings nie. Denn wer einmal eingesegnet wurde, wird später nicht mehr ordiniert – auch als das offiziell möglich ist.
Apostelinnen treffen Kirchenmütter
Hannover ist 1964 die erste evangelisch-lutherische Landeskirche, die die Frauenordination einführt. Nach und nach folgen die anderen Landeskirchen in Deutschland. Und auch international bewegt sich im Protestantismus damals viel, erklärt die Historikerin Katharina Kunter:
"Es kommen dann in den späten 60er, frühen 70er Jahren mehr und mehr die Forderungen, dass Frauen auch Pfarrerinnen sein sollen. Es tauchen auch Pfarrerinnen auf in der internationalen Ebene. Es tauchen Theologinnen auf. Also die Frauen werden präsenter in der evangelischen Kirche, wo auch die Ökumene eine wichtige Rolle dazu beigetragen hat."
Aufschwung erhält die Frauenordination in den 70ern und 80ern außerdem durch eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung: die Hochphase der "Zweiten Welle" der Frauenbewegung.
"Angestoßen durch diese Zweite Frauenbewegung ermutigt das Frauen in der evangelischen Kirche eben, das nun auch für sich zu fordern. Und das brauchte in jedem Fall die Bewegung der Feministischen Theologie."
Die Feministische Theologie entsteht in den 60er Jahren und will die Emanzipation der Frau theologisch unterstützen. Sie dekonstruiert die patriarchalen Strukturen in Bibel und Kirche. Sie verweist auf die wichtigen Rollen von Frauen in der Bibel, auf frühe Apostellinnen und Kirchenmütter.
"Wie eine Hündin, die nach dem Knochen lechzt"
Das alles ruft teils heftige Widerstände unter den evangelischen Kirchenmännern hervor, über die "Der Spiegel" 1967 schreibt:"Hauptwaffe der frommen Frauenfeinde waren Bibelzitate. Vor allem argumentierten sie mit Worten des Apostels Paulus wie ‚Lasset eure Weiber schweigen in der Gemeinde‘ und ‚Einem Weibe aber gestatte ich nicht, dass sie lehre‘. Oft bemühten sie sich, den Apostel noch zu übertreffen. So wetterte der Heilbronner Pfarrer Georg Helbig gegen die Frau, ‚die nach dem geistlichen Amt strebt und sich dabei bisweilen gebärdet wie eine Hündin, die nach dem Knochen lechzt‘.
"Diese Diskussionen haben im Prinzip noch mal das aufgenommen, was schon in den 20er-Jahren, 30er-Jahren diskutiert wurde – mit fast denselben Argumenten: ‚Das Weib schweige in der Gemeinde.‘ Es ist einer Gemeinde nicht zuzumuten, dass eine Frau den Männern predigt, dass die Verwaltungsaufgaben übernimmt und dergleichen. Obwohl die Frauen im Krieg das alles getan haben. Und dann wieder raus mussten."
Noch einmal aus dem Spiegel-Artikel von 1967. "Der Hamburger Bischof Karl Witte sah ‚das Grundgefüge der von Gott gesetzten Ordnungen‘ berührt: ‚Die Frau als Pastor kann nicht väterlich sein, aber Gott ist Vater.‘"
In einigen evangelischen-lutherischen Landeskirchen dauert es auch wegen solcher Argumente noch recht lange, bis sie sich zur Frauenordination durchringen können. Bayern etwa erst 1975.
"Eigentlich ist es erst 40 Jahre her, dass Frauen und Männer laut Pfarrdienstgesetz tatsächlich gleichberechtigt sind", sagt Heike Köhler, Pfarrerin und Referentin im Landeskirchenamt in Hannover. "1978 trat das Gesetz EKD-weit in Kraft. Alle Landeskirchen haben es übernommen, bis auf Schaumburg-Lippe."
Verständnis für Gewissensnöte
Schaumburg-Lippe ist nicht nur die kleinste evangelisch-lutherische Landeskirche in Deutschland, sondern auch die letzte, die Frauen auf die Kanzel lässt. Hier wird die Frauenordination erst 1991 erlaubt – da besetzen Frauen andernorts schon die ersten Leitungsämter. 1992 wird Maria Jepsen im Sprengel Hamburg zur Bischöfin gewählt. Sie ist damit die erste Bischöfin weltweit. 1999 wird Margot Käßmann in Hannover die erste Landesbischöfin – und zehn Jahre später auch Ratsvorsitzende der EKD.
Bis Ende der 90er Jahre gilt allerdings in vielen Landeskirchen der Veto-Paragraph. Er war eingeführt worden, um die Gegner der Frauenordination zu besänftigen. Demnach musste eine Pfarrstellenausschreibung auf Männer beschränkt werden, wenn ein Pfarrer, der in der gleichen Gemeinde tätig war, aus Gewissensgründen die Zusammenarbeit mit einer Pfarrerin ablehnte. Sind die Protestantinnen nun also vollständig gleichberechtigt?
"Ja, man kann mit verschiedenen Aspekten auf die Situation der Frauen in der evangelischen Kirche heute schauen. Ganz grundsätzlich ist natürlich ein riesengroßer Fortschritt erreicht worden. Ich denke, dass zumindest in der Bundesrepublik für – eigentlich für jeden normalen Kirchgänger, Kirchgängerin eine Frau im Talar etwas Normales ist. Und das gehört heute auch zum Erscheinungsbild von evangelischer Kirche selbstverständlich dazu", sagt die Historikerin Katharina Kunter – und Pfarrerin Heike Köhler bestätigt das:
"Ich war jahrelang auf dem Dorf und das war überhaupt gar kein Problem mehr. Also an der Basis super akzeptiert."
Je höher in der Hierarchie, je weniger Frauen
Katharina Kunter sagt: "Wenn man ein bisschen unter die Oberfläche schaut, sieht man aber, dass die Veränderung der Strukturen unter der Oberfläche doch nicht so einfach ist und dass man auch durchaus sagen kann, in den letzten Jahren sind auch Rückschritte erzielt worden, was die Repräsentanz von Frauen in hohen Ämtern anbelangt. Also die Bischöfinnen sind natürlich nicht gleichberechtigt vertreten."
Die Evangelische Kirche in Deutschland hat 20 Gliedkirchen. Nur in zwei dieser Kirchen steht derzeit eine Frau an der Spitze: in Westfalen und in Mitteldeutschland.
Katharina Kunter: "Hohe kirchliche Leitungspositionen in der Evangelischen Kirche in Deutschland, wie Leitungen der Abteilungen in der EKD zum Beispiel, Direktoren an den evangelischen Akademien, aber auch Professoren an den theologischen Fakultäten, sind eben noch nicht gleichberechtigt von Frauen besetzt, sondern wenn man froh sein kann, ist es eine Quote von 20 Prozent. Aber in den meisten Fällen eben auch nicht sehr viel mehr."
Auch im Pfarramt sind Frauen nach wie vor in der Unterzahl, ungefähr im Verhältnis eine Pfarrerin zu zwei Pfarrern – und viele Pfarrerinnen haben keine vollen Stellen. Mittlerweile studieren allerdings mehr Frauen als Männer evangelische Theologie auf Pfarramt. Und auch in vielen anderen Bereichen sind die evangelischen Frauen in der Überzahl, teils deutlich: bei den Kirchenmitglieder, den Ehrenamtlichen, den Angestellten von Kirche und Diakonie und in den Gemeinderäten. Nicht nur deshalb ist die Situation für Frauen in der evangelischen Kirche heute vergleichsweise gut, findet eine der ersten Pfarrerinnen: Hildegard Juhle, Jahrgang 1926: "Also heute, die können sich das immer gar nicht mehr vorstellen, wie wir mal angefangen haben. Wir waren damals froh, dass wir arbeiten konnten."
Inzwischen ist Hildegard Juhle pensioniert, schon seit 1989. Zehn Jahre später ist ihre Freundin gestorben, mit der sie jahrzehntelang zusammengewohnt hat. Jetzt lebt Hildegard Juhle in einem Seniorenstift am Stadtrand von Göttingen mit Blick über das Leinetal. Sie erinnert sich gerne an ihr Leben als Vikarin und Pfarrerin. "Ja, ich habe nun immer Glück gehabt. War eine schöne Zeit. Also ich fand es wirklich schön und würde es jederzeit mal wieder so machen."
*Korrekt müsste es "1. März 1964" heißen.