Markus hat studiert, wohnt in einer deutschen Großstadt und arbeitet als Unternehmensberater. Eigentlich also hat der Ende 20-Jährige beruflich beste Chancen. Kürzlich aber hat sein Arbeitgeber eine Frauenquote eingeführt.
Und das findet Markus ungerecht: "Das ist so ein bisschen in Sippenhaft nehmen. Also, weil quasi früher Frauen diskriminiert worden sind, diskriminieren wir jetzt andersherum. Und es kann natürlich immer bei einer Beförderung dann geschaut werden: Okay, die Quote haben wir noch nicht ganz erfüllt. Dann wäre das vielleicht ja doch eher besser, wenn wir eine Frau nehmen würden."
Damit Markus in seinem Unternehmen durch diese Kritik keine Nachteile drohen, haben wir seinen Nachnamen weggelassen und seine Stimme verfremdet.
Kritik an neuen Ungerechtigkeiten
Die Quote in seiner Firma schreibt vor, dass auf der untersten Karrierestufe zu gleichen Teilen Frauen und Männer eingestellt werden. Auf höheren Ebenen sinkt die Zielvorgabe stufenweise ab, auf bis zu circa 20 Prozent. An die Umsetzung der Quote sind die Boni der Führungskräfte gekoppelt. Markus findet es grundsätzlich sehr gut, dass in seiner Firma Frauen gefördert werden. Die Quote aber werde nur zu neuen Ungerechtigkeiten führen, glaubt er:
"Ich finde das schon auch richtig, wenn die Firma da quasi wie vor der Quote agiert, mit entsprechenden Frauennetzwerken und das auch bei der Rekrutierung aktiv bewirbt. Ob das halt mit einer Quote so glücklich gelöst ist, finde ich eher nicht der Fall."
Wie kann es gelingen, Führungspositionen und überhaupt Jobs gerechter zu verteilen? Diese Frage beschäftigt unsere Gesellschaft seit Jahren. Manche Arbeitgeber etwa setzen sich inzwischen freiwillig prozentuale Ziele. Auch die Politik greift ein: Seit 2016 gilt für börsennotierte, mitbestimmungspflichtige Großunternehmen eine 30-prozentige Geschlechterquote für Aufsichtsräte, die gesetzlich festgehalten ist. Und auch die Bundesministerin Franziska Giffey (SPD), unter anderem zuständig für Frauen und Familien, plant eine weitere Quote für Vorstände, wie sie im Februar im Südwestrundfunk betonte:
"Wir wollen, dass eben in Unternehmen, die richtig groß sind, die an der Börse sind, die über 2000 Mitarbeiter haben und große Vorstände von mehr als vier Leuten: Dass wir da sagen, wir wollen eine Mindestzahl an Frauen – nämlich genau eine Frau."
Die Debatte über Gleichstellung verläuft hitzig: Von Quotenfrauen und Männerclubs ist die Rede, von Geschlechterkampf und alten weißen Männern. Umgekehrt werden manche Fragen bisher kaum diskutiert. Zum Beispiel: Was bedeuten Frauenquoten für Männer?
Fakt ist: Die Berufswelt, die Politik, die Forschung, die Chefetagen – über Generationen hinweg waren das Domänen von Männern. Erst seit 1977 wurde Frauen in der Bundesrepublik Deutschland gesetzlich erlaubt, ohne Erlaubnis ihres Mannes arbeiten gehen. Seitdem dringen sie Schritt für Schritt in die Berufswelt vor – allerdings in Trippelschritten, wie Katharina Wrohlich vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, kurz DIW, betont:
"Der Anteil der Frauen, die erwerbstätig sind, ist sehr stark gestiegen. Allerdings, das muss man auch dazu sagen, praktisch der gesamte Anstieg in der Erwerbsbeteiligung von Frauen in den letzten 15 Jahren war in Teilzeit."
Frauenanteil in Vorständen wieder gesunken
Immerhin: Das Unternehmensberaternetzwerk Ernst & Young stellt in einer neuen Studie fest, dass Frauen in den Topetagen deutscher börsennotierter Unternehmen im Durchschnitt mehr verdienen als Männer: Da die Bewerberinnen knapp seien, erhöhe sich ihr Marktwert und damit auch ihr Gehalt, heißt es. Zugleich aber ist der Frauenanteil in den Vorständen der 30 Dax-Konzerne erstmals seit Jahren wieder gesunken – gegen den internationalen Trend. Das geht aus einer weiteren, vielbeachteten Studie hervor, die jüngst von der gemeinnützigen Allbright Stiftung veröffentlicht wurde.
Die Stiftung wirbt für Vielfalt und Frauen in Führungsteams der deutschen und schwedischen Wirtschaft. Zum Stichtag 1. September saßen in diesen Führungsgremien 23 Managerinnen im Vorstand, ein Jahr zuvor waren es noch 29.
Die Zahlen liefern neue Argumente, vor allem jenen in der Bundesregierung, die eine Frauenquote befürworten. Bereits im Februar – also bevor Corona das Thema in den Hintergrund drängte – haben das Frauen- und das Justizministerium – beide SPD-geführt – einen Gesetzentwurf für ein neues Führungspositionengesetz in die Ressortabstimmung gegeben, das unter anderem eine Quote auch in Dax-Vorständen vorsieht.
Bei zwei Punkten geht der Gesetzentwurf sogar über den Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD hinaus: Erstens möchten die Bundesfrauenministerin Franziska Giffey und ihre Kabinettskollegin, Bundesjustizministerin Christine Lambrecht, die bestehende Quote für Aufsichtsräte von 105 auf knapp 600 Unternehmen ausdehnen. Zweitens soll in einem Unternehmensvorstand von vier Personen und mehr mindestens eine Frau vertreten sein. Diese Regelung soll aber erst greifen, wenn ein Vorstandsposten neu zu besetzen ist. Außerdem sollen in öffentlichen Unternehmen bis zum Jahr 2025 die Chefposten paritätisch besetzt werden.
Das Bundeskabinett hat zudem just eine Evaluation zur Wirksamkeit des ersten Führungspositionengesetzes verabschiedet. Diese Evaluation, die vom Frauenministerium in Auftrag gegeben wurde, stellt dem so genannten "FüPoG-I" gute Noten aus. Das stärke nun ihre Forderung nach einem FüPoG-II, meint Giffey.
Dass sich die SPD sich damit zu viel um Akademikerinnen und zu wenig um Geringqualifizierte kümmere, diese Kritik lässt Frauenministerin Giffey nicht gelten:
"Vielfach wird ja gesagt, Ihr macht das ja nur für die Führungsetagen, wieso setzt sich denn jetzt überhaupt die SPD für die Managerpositionen ein? Müsstet Ihr Euch nicht viel besser um die Arbeiter kümmern? Das machen wir auch."
Einigung auf Führungspositionengesetz steht aus
Denn von gemischten Teams in der Führung würde das ganze Unternehmen profitieren, und auch die deutsche Wirtschaft insgesamt, heißt es aus dem Frauenministerium. Als Pilotgruppe hätten die Vorstände außerdem eine Vorbild-Funktion, meint Giffey. Die Bundeskanzlerin muss sie nicht mehr überzeugen. Im Gegenteil. Deutlich stellte Angela Merkel im Juli ihre Haltung klar, mit einer unverhohlenen Kritik im Bundestag:
"Ich halte es für absolut unzureichend, dass es immer noch börsennotierte Unternehmen gibt, in denen nicht eine einzige Frau im Vorstand ist, das ist ein Zustand, den kann man nicht vernünftig finden."
Merkels eigene Parteifreunde, allen voran Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, sahen das allerdings lange Zeit anders. Das Thema Quote und Frauenförderung ist für die CDU auch parteiintern ein heikles, weil hoch umstrittenes, Thema. Erst jetzt kommt Bewegung in die Sache. CSU-Chef Markus Söder stellt sich in der Quotenfrage neuerdings an die Seite der Kanzlerin. Die CSU-Landesgruppe im Bundestag hat sogar ein internes Strategiepapier verfasst, in dem sie ebenfalls für eine feste Frauenquote in Dax-Unternehmen eintritt. Die müsse eingebettet sein in ein Gesamtkonzept, das auch flexiblere Arbeitszeiten enthalte und Alleinerziehende besserstelle, so heißt es in dem Papier, das dem Deutschlandfunk- Hauptstadtstudio vorliegt.
Noch steht allerdings nicht fest, ob sich Union und SPD auf ein neues Führungspositionengesetz einigen. Ende der Woche trifft sich erneut die koalitionsinterne Arbeitsgruppe, um an einem Kompromiss zu feilen. Die Zeit ist knapp: Mindestens bis Jahresende müsste eine Einigung gelingen, damit das neue Gesetz noch in dieser Legislaturperiode in Kraft treten kann.
Der gesellschaftliche Druck auf Unternehmen, Frauen in Führungsetagen mit aufzunehmen, steigt also. Und ganz langsam bekommen Männer die Folgen der Frauenförderung im Berufsleben zu spüren. Das beobachtet der Wiesbadener Personalvermittler Daniel Detambel immer häufiger. Er betreut Führungskräfte, die zwischen 160.000 und fünf Millionen Euro pro Jahr verdienen:
"Zunehmend muss man sagen, in den letzten Jahren kommen schon auch Männer zu uns und sagen: Naja, ich weiß, für mich geht es in dem Unternehmen nicht weiter. Weil bei uns wird das auch so offen kommuniziert, dass Frauen gefördert werden, dass ich mir einfach Alternativen außerhalb dieses Unternehmens suchen muss."
Bisher betreffe das vor allem Führungspositionen bei großen Mittelständlern sowie das mittlere Management von Dax-Konzernen. Jene Ebenen also, wo durch die Frauenförderung der vergangenen Jahre inzwischen viele gut qualifizierte Managerinnen anzutreffen sind.
Das "benachteilige" wiederum Männer um die 50 Jahre, meint Detambel: "Wenn man mit 50 noch nicht Vorstand oder Geschäftsführer ist, umso schwieriger wird es werden, dann diese Position noch zu erreichen. Und die merken einfach: Mir läuft die Zeit davon."
Gegen fairen Wettbewerb mit mehr Frauen im Rennen hätte auch der Unternehmensberater Markus gar nichts einzuwenden. Er geht allerdings davon aus, dass die freiwillige Quote seines Unternehmens nicht zu mehr Wettbewerb, sondern zu neuen Verzerrungen führen würde. Bisher sei es nämlich so, dass viele Frauen die Firma bei der Familiengründung verließen, erzählt er: Denn speziell in seinem Unternehmen und auch in vielen anderen Unternehmensberatungen sei es Standard, Vollzeit zu arbeiten – und zwar nicht mit 38 oder 40, sondern eher mit 50 oder 60 Stunden pro Woche:
"Wenn man bei uns quasi Zeit am Stück nehmen möchte, dann ist das einigermaßen okay, so lange es nicht zu lange ist. Aber was schwierig ist, sind solche Teilzeitmodelle wie: Ich arbeite nur drei Tage die Woche. Oder ich arbeite nur halbtags. Weil das eigentlich in dem Arbeitsmodell, das wir fahren, überhaupt nicht vorgesehen ist."
Keine Belege für Benachteiligung von Männern
Und das wiederum bedeutet aus Markus‘ Sicht: Wenn Frauen gehen und die Quote, die sich sein Unternehmen selbst auferlegt hat, trotzdem erfüllt würde, dann müssten die Frauen, die in der Firma bleiben, quasi auf jeden Fall befördert werden. Ganz egal, ob sie besser, schlechter oder genauso qualifiziert seien wie Männer. Mit dem eigentlichen Ziel, nämlich Chancengleichheit, habe das nur noch wenig zu tun, kritisiert er.
Wissenschaftliche Belege dafür, dass Männer durch Frauenquoten benachteiligt werden, gibt es nicht. Die Europäische Zentralbank hat kürzlich ihre eigene Personalpolitik analysiert und stellt allerdings fest: Frauen bewarben sich dort in den vergangenen Jahren seltener auf Führungsstellen als Männer. Sie Wurden, wenn sie sich bewarben, aber eher befördert.
Nicole Voigt, Expertin für Diversität bei der Boston Consulting Group, geht davon aus, dass es – branchenübergreifend betrachtet – inzwischen durchaus viele Frauen gibt, die in höheren Führungspositionen arbeiten – und durchaus gerne weiter aufsteigen würden. Das zeigen ihre Untersuchungen. Zum vierten Mal in Folge hat die Unternehmensberatung in diesem Jahr eine branchenübergreifende Übersicht zur Gleichstellungspolitik in den hundert größten deutschen Unternehmen veröffentlicht: Den so genannten BCG Gender Diversity Index Germany 2019, der gemeinsam mit der Technischen Universität München und der Deutschen Börse erstellt wurde. Ausgehend von den dort erhobenen Daten, sagt Voigt, man stoße immer wieder auf das gleiche Vorurteil:
"Wir bekommen immer die Frage, naja, gibt’s denn eigentlich die Frauen…? Wir haben dieses Mal das erste Mal untersucht, wie der Frauenanteil auf Führungsebene I und II ist. Und in der Tat: Es sind im Durchschnitt 20 Prozent. Und bei 80 unserer 100 Unternehmen, die wir untersucht haben, ist ein größerer Frauenanteil auf den Führungsebenen im Vergleich zum Vorstand. Und die Frage, sind genug Frauen da, die muss man ganz klar mit ja beantworten"
Grundsätzlich sei es wichtig, bei der Debatte um Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern auf dem Arbeitsmarkt verschiedene Perspektiven zu berücksichtigen, findet Matthias Becker. Der Sozialpädagoge ist Gleichstellungsbeauftragter für Männer bei der Stadt Nürnberg. Ein Grund dafür, dass sich derzeit in Führungsriegen so wenig verändere, sei, dass auch Männer in ihrer gesellschaftlichen Rolle gefangen seien. So würden sie vor allem über beruflichen Erfolg definiert – mit weitreichenden Konsequenzen:
"Solange wir als Gesellschaft noch die Erwartung haben, dass Männer die Familienernährer sind. Dann ist Karriere ganz wichtig, dann müssen Männer diese Vollzeitstellen besetzen. Dann sind eben Führungspositionen nur in Vollzeit denkbar. Und da komme ich dann in die Spirale, die das dann immer unmöglich macht..."
Becker erlebt dabei immer wieder, dass Männer mit diesem Modell keineswegs immer glücklich sind. Nur werde das bisher als "Midlife-Crisis" verniedlicht: "Ich kenne ganz viele Männer zwischen 50 und 60, die unzufrieden sind und sagen, jetzt habe ich gar nicht mitbekommen wie meine Kinder groß geworden sind. Ich habe zwar Karriere gemacht, aber… Geld ist dann eben doch nicht alles."
Diese Ansicht vertritt auch der Unternehmensberater Markus. Er ist zwar gegen die Frauenquote, findet Gleichstellung an sich aber extrem wichtig:
"Ich persönlich glaube, dass einer der Hauptgründe dafür, dass wir so weit weg sind von einer Parität insbesondere auf den höheren Managementpositionen, ist, dass heutzutage in der Gesellschaft typischerweise die Frau die Auszeit wegen Familie und Großziehen nimmt und auch dadurch eher Teilzeitjobs wahrnehmen möchte."
Wichtig sei daher vor allem, Karrieren in Teilzeit zu ermöglichen, sagt er, und betont: Für ihn sei das gar kein Frauenthema, sondern ein Familienthema:
"Weil ich persönlich fände das auch schön und gut, und kann mir das auch für mich vorstellen, zu sagen, ich gehe in ein wie auch immer geartetes Teilzeit-Modell, sodass ich mehr Zeit für Familie und Kinder und auch für mich selbst habe."
Nur vier von zehn Männern nehmen Auszeit
Mehr Zeit mit der Familie zu verbringen, diesen Wunsch scheinen Männer durchaus zu haben. Dennoch zeigt eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung: Bisher nehmen nur vier von zehn Männern überhaupt eine Auszeit nach der Geburt; viele davon nur zwei Monate. Laut DIW liegt das teils daran, dass diese nach wie vor oft mehr verdienen als ihre Partnerinnen. Männer-Ansprechpartner Matthias Becker von der Stadt Nürnberg erlebt aber zudem, dass Männer Auszeiten oft nur schwer durchsetzen können:
"Das scheitert oft am System, aber auch an Personen, an Chefs, die da manchmal sind und sagen: Nö, das genehmige ich nicht. Bei uns wird so und so gearbeitet. Das war bei mir auch so...."
Männer sind also derzeit in einer schwierigen Lage. Auf der einen Seite schwinden durch Frauenquoten ihre klassischen Karrierechancen. Auf der anderen Seite wird es ihnen schwergemacht, eine tragende Rolle in der Erziehung einzunehmen – sich also mehr über ihre Familie zu definieren. Daher müsse künftig stärker über neue Rollenbilder für Männer diskutiert werden, sagt Becker. Und es brauche Vorbilder:
Einer, der in dieser Hinsicht Vorbild sein kann, ist Fabian Soethof. Der 39-Jährige hat nach der Geburt seines zweiten Kindes neun Monate Elternzeit genommen und arbeitet nun in Teilzeit. Darüber berichtet er auf seinem Internetblog "newkidandtheblog".
Denn auch er erlebt: Selbstverständlich ist sein Modell bisher nicht: "Ich habe schon Sätze gehört wie: Früher ging das doch auch anders, also warum muss das denn so lange sein. Bekannte von mir haben wirklich diesen Satz gehört: Du hast doch eine Frau zu Hause. Oder, was willst du denn zuhause. Du kannst da mit dem Kind doch eh nichts anfangen."
Männern Erziehungskompetenz abzusprechen, ist allerdings offensichtlich genauso diskriminierend wie Frauen Führungskompetenz. Würden sich solche Vorbehalte auflösen und mehr Männer familiäre Auszeiten nehmen, wäre damit automatisch auch der Gleichstellung geholfen, glaubt Soethof:
"Also wenn sich dann ein Anfang 30-jähriger Mann bewirbt, dann müsste es genauso gedanklich rattern und heißen: ‚Ah, der gründet bald Familie, der wird bestimmt dann sich kümmern wollen.‘ Und wenn diese Sorge erstens gar nicht mehr als Sorge begriffen wird, sondern einfach als Selbstverständlichkeit. Und zweitens das bei Männern und Frauen so gedacht wird: Dann wären wir schon sehr weit."
Instrument zur Veränderung von Strukturen
Bleibt die Frage: Braucht es Frauenquoten, um solche neuen Denkweisen in Unternehmen überhaupt zu ermöglichen? Ja, meint Janina Kugel. Die Ex-Siemens-Vorständin, die inzwischen als Senior Advisor bei der Boston Consulting Group arbeitet, ist fest überzeugt, dass sich sonst an den bestehenden Strukturen nichts ändert:
"Denn wir alle wissen, dass Entscheidungen über Besetzungen nicht nur auf objektiv messbaren Kriterien basieren, sondern wir wählen immer gerne Menschen aus, die so sind wie wir selbst. Also Herkunft, Ausbildung, Geschlecht."
Und dabei sind es gerade die Spitzengremien wie Vorstände, die die Unternehmenskultur prägen und die Linie vorgeben. So gesehen wäre ein vielfältig aufgestellter Vorstand oder Aufsichtsrat die Voraussetzung, um auf allen Ebenen des Unternehmens Gleichberechtigung für alle Geschlechter herzustellen.
Gender-Forscherin Katharina Wrohlich vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung tut sich mit einer klaren Antwort dagegen schwer:
"Also, wenn Sie mich fragen, ist das ein wirksames Mittel, um den Frauenanteil in diesen Gremien zu erhöhen, sage ich: Ja, klar. Die Frage ist aber: Ich meine, gleichstellungspolitische Ziele sind ja nicht die einzigen politischen Ziele, ja. Und ob man jetzt insgesamt zu der Bewertung kommt, dass man das als gute Idee empfindet, das finde ich echt sehr schwierig abschließend zu beurteilen."
Vor allem aber betont sie: Neue, familiengerechtere Arbeitsstrukturen könne man auch durch andere Maßnahmen fördern. Zum Beispiel könnte der Staat durch finanzielle Anreize beim Elterngeld dafür sorgen, dass Eltern sich Auszeiten gerechter teilen können, schlägt Wrohlich vor:
"Diese ganzen anderen Maßnahmen würden ja auch viel, viel mehr Leute betreffen als jetzt eine Geschlechterquote für so absolute Spitzengremien."
Aus Sicht der Befürworter soll die Quote eine tatsächliche Gleichberechtigung in der Arbeitswelt herstellen. Feststeht: Dies kann nur gelingen, wenn geschlechterübergreifend alle Interessen und Bedürfnisse beachtet werden.