Das Arbeitspapier mit dem sperrigen Titel: "Gender Mainstreaming bei der Vorbereitung von Rechtsvorschriften" trägt die Signatur der damaligen CDU-Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen. Darin geht es um Gleichberechtigung, die nicht nur auf dem Papier stehen soll. Das Arbeitspapier von vor acht Jahren gilt noch immer. So sollten in einem Gesetzentwurf die "unterschiedlichen Lebenslagen von Frauen und Männern ausdrücklich berücksichtigt werden". In der Realität sei davon nichts zu spüren, beklagt die grüne Bundestagsabgeordnete Lisa Paus. Schon unter der schwarz-gelben Bundesregierung hat sie im Bundestag an die Koalitionäre von CDU/CSU und FDP Fragen gestellt.
"Warum Sie in der Tendenz Frauen gegenüber Männern benachteiligen, benachteiligen! Das ist doch absurd."
Auch in der jetzigen Großen Koalition unter schwarz-rot würden gesetzliche Vorgaben Frauen gegenüber Männern benachteiligen. Als Beispiel nennt sie das gerade erst im Bundestag verabschiedete Gesetz zu den steuerlichen Änderungen für das kommende Jahr. Da geht es um Beiträge zur Altersvorsorge, die von der Steuer abgesetzt werden können. So sollen es im nächsten Jahr 22.000 Euro sein, die Gutverdiener steuerlich geltend machen können. Die Profiteure seien einige Tausend gut verdienende Männer, sagt Lisa Paus.
"Wenn man sich die Zahlen genau ansieht, dann werden sicherlich 90 Prozent derer, die davon profitieren, Männer sein und das spielt bisher in der Steuergesetzgebung überhaupt keine Rolle und das würden wir Grüne jedenfalls gerne ändern."
"Steuerrecht ist blind"
Ein anderes Beispiel seien die steuerlichen Entlastungsbeiträge für Alleinerziehende. Entgegen der laut Koalitionsvertrag angekündigten Verbesserungen liege der Entlastungsbetrag seit nunmehr zehn Jahren unverändert bei etwa 1300 Euro pro Jahr. Auch die Lohnsteuerklasse V, meist genutzt von verheirateten Ehefrauen, führe dazu, dass diese Frauen nur über einen niedrigen Nettolohn verfügten und damit über ebenfalls geringe Leistungen bei Arbeitslosen-, Kranken- und Elterngeld. Lisa Paus blättert in dem aktuellen Gesetzentwurf. Unter Artikel sieben heißt es sinngemäß, dass die unterschiedlichen Lebenssituationen von Frauen und Männern berücksichtigt worden seien. Entsprechend die Antwort seitens des CDU-geführten Bundesfinanzministeriums.
"Wenn Menschen sich in unterschiedlichen materiellen Situationen befinden, dann ist das so, aber das Steuerrecht sei demgegenüber ja blind und deswegen könne es ja keine negativen Wirkungen haben."
Familien stehen Unternehmerinnen im Weg
Sie fordert ein Umdenken, eine längst fällige Debatte zum Thema Gleichstellung. Doch auch Frauen müssten sich von Rollen, Klischees und Stereotypen trennen, meint die studierte Juristin und Betriebswirtin Marie-Luise Kollmorgen. Sie berät vor allem Frauen bei der Unternehmensgründung. Gesetzliche Benachteiligungen etwa bei Steuergesetzen kann sie nicht erkennen.
"Ich sehe da keine Fallen und ich sehe nicht, dass ein Gesetz ausdrücklich eine Frau benachteiligt."
Frauen bräuchten vor allem ein anderes Selbstverständnis. Aus vielen Gesprächen weiß sie, dass die eigene Familie vielen Unternehmerinnen im Wege steht.
"Wie viel Druck da von den Familien kommt und welche Sprüche da kommen. Ich weiß nicht, ob ein Gesetz daran irgendetwas ändern kann, dass Frauen keine Vision von sich als Selbstständige haben."
Für die grüne Bundestagspolitikerin Lisa Paus steht hingegen fest:
"Die derzeitige Steuergesetzgebung diskriminiert Frauen in vielen Punkten und wir brauchen eine Diskussion über dieses Thema und dann können wir in weiteren Schritten tatsächlich zu einem geschlechtergerechten Steuersystem in Deutschland kommen."