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Gleicher Lohn für gleiche Erziehungsarbeit

In Berlin werden Lehrer nicht mehr verbeamtet und verdienen deutlich weniger als ihre noch verbeamteten Kollegen. Für junge Lehrer ist das Bundesland daher beruflich uninteressant. Die Unzufriedenheit über die Ungleichbehandlung in den verschiedenen Bundesländern wächst.

Von Anja Nehls |
    Fair Pay, faire Bezahlung, fordern die angestellten Lehrer der Nelson-Mandela-Schule aus Berlin. Es geht um 6,5 Prozent mehr Gehalt. Denn in Berlin gibt es 8000 angestellte Lehrer und die sind gegenüber den verbeamteten erheblich schlechter gestellt, meint Grundschullehrerin Stella Weymann Die fehlenden Beamtenprivilegien könnten wenigstens finanziell ausgeglichen werden.

    "Mir geht's gar nicht darum dass ich jetzt auch verbeamtet werden will, sondern nur darum, dass es sozial gerecht zugeht. Es geht generell nicht, dass man für die gleiche Arbeit 1000 Euro weniger hat. Also ich bin alleinerziehend, also wirklich absolut alleinerziehend, und angestellt und ich habe wirklich 1000 Euro weniger als ein verbeamteter Kollege für die gleiche Arbeit."

    Deshalb geht es den angestellten Lehrern auch um eine tarifvertraglich geregelte Eingruppierung bei ihrem Gehalt - bisher regelt das jedes Bundesland unterschiedlich. Über 2000 Lehrer und Erzieher haben sich heute in Berlin-Mitte getroffen um für ihre Forderungen zu demonstrieren - der Auftakt für bundesweite Aktionen im öffentlichen Dienst. Aufgerufen hatte unter anderem die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft.

    An vielen Schulen in Berlin fiel deshalb heute zum Teil der Unterricht aus. Weil auch die Erzieher streiken, ist die Hortbetreuung der Schulkinder eingeschränkt, vereinzelt sind Schulhorte sogar ganz geschlossen. Erzieherin Christine Suchi hat deshalb ein schlechtes Gewissen:

    "Wir neigen schon immer dazu, zu denken, Du kannst nicht streiken gehen, Du musst Dich um die Kinder kümmern. Aber es ist politisch gesehen natürlich auch dumm, wenn man immer zu selbstlos ist. Dazu neigen wir schon als Erzieherinnen. Aber wir müssen natürlich auch für uns sorgen."

    Christine Suchi verdient 1700 Euro für einen vollen Job. Wegen der schlechten Bezahlung ist der Beruf zunehmend unattraktiv. Nachwuchs ist besonders bei den Lehrern nicht in Sicht, klagt Stella Weymann:

    "Die ganze jungen ausgebildeten Lehrer wandern ab in andere Bundesländer, so dass es generell zu einer Überalterung des Kollegiums kommt. Ich bin 50, ich gehöre immer noch zu den jüngsten, das muss man sich mal überlegen."

    In 13 Bundesländern werden Lehrer noch verbeamtet, die anderen, zum Beispiel Berlin und Sachsen, sind für junge Lehrer uninteressant. Regina Schollmeier, verbeamtete Mathelehrerin an einem Gymnasium im südlichen Brandenburg, kann das verstehen:

    "Das ist auch die Sicherheit, dass man eben nicht einfach gekündigt werden kann. Gerade für junge Leute ist das auf jeden Fall ein ganz wichtiges Problem, diese Sicherheit des Arbeitsplatzes, wo immer er auch sein mag."

    Angestellte und verbeamtete Lehrer sitzen nebeneinander in den Lehrerzimmern, das sorgt für Spannungen. Berliner Lehrer wechseln in andere Bundesländer, lassen sich dort verbeamten und kehren dann als Beamte nach Berlin zurück. Diese Praxis will die Berliner Bildungssenatorin jetzt stoppen. Die Unzufriedenheit über die Ungleichbehandlung in den verschiedenen Bundesländern wächst.

    Bis zur dritten Tarifrunde am 7. März wollen die Gewerkschaften die Warnstreiks flächendeckend auf alle Bundesländer ausdehnen. Bereits am 6. März könnte deshalb wieder gestreikt werden.