Martina Haase ist Diabetikerin und nimmt seit Jahren ein ganz bestimmtes Insulin-Präparat. Doch als sie vor einiger Zeit wie gewohnt zur Apotheke ging, um ihren Vorrat aufzufrischen, hielt sie plötzlich eine unbekannte Packung in der Hand.
Tja und dann haben wir halt Stress gehabt in der Apotheke. Und nach langem Hin und Her haben wir dann halt festgestellt, dass es eigentlich der gleiche Wirkstoff ist, aber ein anderer Name und halt von ´ner anderen Firma aus'm Ausland.
Das wirkstoffgleiche Medikament mit dem anderen Namen verdankt sie der neuen Aut-Idem-Regelung. Ärzte wie Apotheker sind danach verpflichtet, anstelle teurer Medikamente solche auszuwählen, die auf die gleiche Art wirken, aber weniger kosten - so genannte Generika. Generika sind keine Medikamente "2. Wahl": Sie enthalten den gleichen, therapeutisch entscheidenden Wirkstoff, werden von unterschiedlichen Firmen aber zu unterschiedlichen Preisen angeboten. Typisches Beispiel ist das Schmerzmittel Aspirin. Der therapeutisch wirksame Bestandteil ist die Acetylsalicylsäure, kurz ASS. Inzwischen gibt es diverse alternative Medikamente, die alle auf diesem Wirkstoff aufbauen und ebenso gut wirken. Wolfgang Schuldzinski, Referent für Gesundheitsrecht bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hält die neue Regelung durchaus für sinnvoll.
Wir haben in Deutschland viel zu viele Medikamente, die wirkstoffgleich sind, aber unterschiedliche Preise haben. Hier sind ´ne Menge Einsparungen drin. Und das rechtfertigt auch eine solche Aut-Idem-Regelung, wenn sie vernünftig, transparent umgesetzt wird.
Genau diese Transparenz vermissen Patienten aber häufig, wenn sie neuerdings in der Apotheke nicht das Medikament bekommen, das der Arzt verschrieben hat. Viele haben das ungute Gefühl, der Apotheker würde in die Therapie eingreifen. Doch das ist nicht der Fall, erklärt Dr. Leonhard Hansen, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein:
Wichtig ist für den Patienten zu wissen: Die Therapieentscheidung fällt der Arzt. Er wählt den Wirkstoff aus, er wählt die Dosierung aus, er wählt die Darreichungsform aus, d.h. alles wird vom Arzt weiterhin bestimmt.
Der Apotheker muss sich strikt an diese Vorgaben halten: Er kann ein preiswertes Generikum nur aus den Alternativ-Medikamenten auswählen, die genau den Angaben des Arztes entsprechen. Doch auch wenn der Wirkstoff für den Nutzen eines Medikamentes entscheidend ist, können Generika nicht ganz ohne Bedenken ausgetauscht werden. Martina Haase hat ihr ideales Insulinpräparat erst gefunden, nachdem sie schon mit einigen Alternativen schlechte Erfahrungen gemacht hatte.
Ich hab die Probleme bei Insulinwechsel, dass ich dann immer unterzucker. Sobald ich ein anderes Insulin nehme, unterzuckere ich permanent. Ja und ich weiß, dass bei Insulinwechsel bei mir das so ist. Deswegen wollt ich das auch gar nicht ausprobieren, ob's damit genauso passiert.
Zwischen den einzelnen Alternativ-Präparaten bestehen nämlich Unterschiede bei der Verwendung von Hilfsstoffen. Das sind zum Beispiel die Mittel, die einer Tablette Form und Farbe geben. Sie können allergische Reaktionen und andere Nebenwirkungen auslösen. Dazu Dr. Hansen:
Das kann am Lösungsmittel liegen. Also das ist denkbar. Und wenn man das weiß, hat der Patient natürlich das Recht, dass das nicht ausgetauscht wird. Also es ist so, dass die Gesetzeslage dann sicherstellt, dass der Patient das bekommt, erstens, was er braucht und zweitens, auch was er verträgt.
Mehr denn je ist jetzt also das Gespräch zwischen Arzt und Patient gefordert. Denn in begründeten Fällen hat der Arzt ausdrücklich die Möglichkeit, auf einem ganz bestimmten Medikament zu bestehen - unabhängig vom Preis.
Gerade chronisch Kranke, die Medikamente über einen langen Zeitraum einnehmen, sollten in Zukunft darauf achten, dass sie bei einem Wechsel der Apotheken nicht jedesmal ein anderes Alternativ-Präparat bekommen. Das würde das Risisko von Unverträglichkeiten unnötig erhöhen.
Beim chronisch Kranken ist es natürlich so, dass die Dauerwirksamkeit sehr wichtig ist für den langfristigen Behandlungserfolg. Und da ist es natürlich wichtig, dass der Patient das Vertrauen in sein Medikament behält und nicht durch so etwas verunsichert wird.
Trotz berechtigter Vorsicht rät Wolfgang Schuldzinski von der Verbraucherzentrale dazu, das neue Verfahren nicht pauschal abzulehnen:
Zunächst einmal sollten auch Patienten offen sein: Wir sind alle aufgerufen Kosten zu sparen im Gesundheitswesen, und das gilt eben auch für die Patienten. Es sollte aber so sein, dass jeder Arzt das mit dem Patienten bespricht, den Patienten darauf hinweist: In Ihrem Fall gibt es andere Medikamente, Hauptsache der Wirkstoff ist gleich. Und wenn Sie Probleme bekommen, dann melden Sie sich bei mir.
Beitrag als Real-Audio
020611-Wirkstoffe.ram
Tja und dann haben wir halt Stress gehabt in der Apotheke. Und nach langem Hin und Her haben wir dann halt festgestellt, dass es eigentlich der gleiche Wirkstoff ist, aber ein anderer Name und halt von ´ner anderen Firma aus'm Ausland.
Das wirkstoffgleiche Medikament mit dem anderen Namen verdankt sie der neuen Aut-Idem-Regelung. Ärzte wie Apotheker sind danach verpflichtet, anstelle teurer Medikamente solche auszuwählen, die auf die gleiche Art wirken, aber weniger kosten - so genannte Generika. Generika sind keine Medikamente "2. Wahl": Sie enthalten den gleichen, therapeutisch entscheidenden Wirkstoff, werden von unterschiedlichen Firmen aber zu unterschiedlichen Preisen angeboten. Typisches Beispiel ist das Schmerzmittel Aspirin. Der therapeutisch wirksame Bestandteil ist die Acetylsalicylsäure, kurz ASS. Inzwischen gibt es diverse alternative Medikamente, die alle auf diesem Wirkstoff aufbauen und ebenso gut wirken. Wolfgang Schuldzinski, Referent für Gesundheitsrecht bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hält die neue Regelung durchaus für sinnvoll.
Wir haben in Deutschland viel zu viele Medikamente, die wirkstoffgleich sind, aber unterschiedliche Preise haben. Hier sind ´ne Menge Einsparungen drin. Und das rechtfertigt auch eine solche Aut-Idem-Regelung, wenn sie vernünftig, transparent umgesetzt wird.
Genau diese Transparenz vermissen Patienten aber häufig, wenn sie neuerdings in der Apotheke nicht das Medikament bekommen, das der Arzt verschrieben hat. Viele haben das ungute Gefühl, der Apotheker würde in die Therapie eingreifen. Doch das ist nicht der Fall, erklärt Dr. Leonhard Hansen, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein:
Wichtig ist für den Patienten zu wissen: Die Therapieentscheidung fällt der Arzt. Er wählt den Wirkstoff aus, er wählt die Dosierung aus, er wählt die Darreichungsform aus, d.h. alles wird vom Arzt weiterhin bestimmt.
Der Apotheker muss sich strikt an diese Vorgaben halten: Er kann ein preiswertes Generikum nur aus den Alternativ-Medikamenten auswählen, die genau den Angaben des Arztes entsprechen. Doch auch wenn der Wirkstoff für den Nutzen eines Medikamentes entscheidend ist, können Generika nicht ganz ohne Bedenken ausgetauscht werden. Martina Haase hat ihr ideales Insulinpräparat erst gefunden, nachdem sie schon mit einigen Alternativen schlechte Erfahrungen gemacht hatte.
Ich hab die Probleme bei Insulinwechsel, dass ich dann immer unterzucker. Sobald ich ein anderes Insulin nehme, unterzuckere ich permanent. Ja und ich weiß, dass bei Insulinwechsel bei mir das so ist. Deswegen wollt ich das auch gar nicht ausprobieren, ob's damit genauso passiert.
Zwischen den einzelnen Alternativ-Präparaten bestehen nämlich Unterschiede bei der Verwendung von Hilfsstoffen. Das sind zum Beispiel die Mittel, die einer Tablette Form und Farbe geben. Sie können allergische Reaktionen und andere Nebenwirkungen auslösen. Dazu Dr. Hansen:
Das kann am Lösungsmittel liegen. Also das ist denkbar. Und wenn man das weiß, hat der Patient natürlich das Recht, dass das nicht ausgetauscht wird. Also es ist so, dass die Gesetzeslage dann sicherstellt, dass der Patient das bekommt, erstens, was er braucht und zweitens, auch was er verträgt.
Mehr denn je ist jetzt also das Gespräch zwischen Arzt und Patient gefordert. Denn in begründeten Fällen hat der Arzt ausdrücklich die Möglichkeit, auf einem ganz bestimmten Medikament zu bestehen - unabhängig vom Preis.
Gerade chronisch Kranke, die Medikamente über einen langen Zeitraum einnehmen, sollten in Zukunft darauf achten, dass sie bei einem Wechsel der Apotheken nicht jedesmal ein anderes Alternativ-Präparat bekommen. Das würde das Risisko von Unverträglichkeiten unnötig erhöhen.
Beim chronisch Kranken ist es natürlich so, dass die Dauerwirksamkeit sehr wichtig ist für den langfristigen Behandlungserfolg. Und da ist es natürlich wichtig, dass der Patient das Vertrauen in sein Medikament behält und nicht durch so etwas verunsichert wird.
Trotz berechtigter Vorsicht rät Wolfgang Schuldzinski von der Verbraucherzentrale dazu, das neue Verfahren nicht pauschal abzulehnen:
Zunächst einmal sollten auch Patienten offen sein: Wir sind alle aufgerufen Kosten zu sparen im Gesundheitswesen, und das gilt eben auch für die Patienten. Es sollte aber so sein, dass jeder Arzt das mit dem Patienten bespricht, den Patienten darauf hinweist: In Ihrem Fall gibt es andere Medikamente, Hauptsache der Wirkstoff ist gleich. Und wenn Sie Probleme bekommen, dann melden Sie sich bei mir.
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