Im feinen Zwirn und Krawatte lächelt Adrian Coman erleichtert in die TV-Kameras. Gerade noch stand er vor den höchsten Richtern des Landes:
"Ich war sehr aufgeregt," erzählt Coman, "aber ich fühle mich geehrt, weil ich hier sein kann."
Drei Jahre Rechtsstreit liegen hinter Coman, bis sein Fall jetzt vors rumänische Verfassungsgericht kam. Der 44-jährige NGO-Aktivist lebt mit seinem US-amerikanischen Ehemann in New York, vor Jahren haben beide in Brüssel geheiratet. Nun will Coman, dass seine Eheschließung auch in seinem Heimatland rechtlich Bestand hat:
"Wird unsere Ehe in Rumänien auch in Zukunft nicht anerkannt, würden wir behandelt wie zwei Fremde und nicht wie das, was wir in Wahrheit sind: eine Familie."
Zwei verheiratete Männer? Allein das Wort Homosexualität schreckt viele in Rumänien ab. Umfragen zufolge will die Hälfte der Rumänen lieber niemanden in der Familie haben, der homosexuell ist. Auch nicht im Freundes- und Kollegenkreis.
Offenes Bekenntnis eines Vaters
Comans Vater hat früher auch so gedacht. Beim Prozessbeginn im Juli erzählte er, wie unvorbereitet ihn das Coming-out seines Sohnes traf. So etwas hatte es vor laufender Kamera in Rumänien noch nie gegeben.
"Wie mutig Sie sind", sagt eine TV-Moderatorin zu Liviu Coman. Der 69-jährige Vater winkt ab: "Bis heute hatte ich noch 100 gute Nachbarn. Vermutlich werden es jetzt nur noch zwei sein. Ich verstehe jedoch die 98 anderen. Wenn die mich eines Tages fragen sollten, werde ich sagen: 'Mensch Leute, Homosexualität ist doch nichts Anormales.'"
Wie das Verfassungsgericht im Fall Coman entscheiden wird, ist offen. Adrian Coman beruft sich auf das Freizügigkeitsgesetz, das EU-Bürgern aber auch ihren Ehegatten erlaubt, in allen EU-Staaten zu leben und zu arbeiten. Doch was, wenn der Ehepartner gleichgeschlechtlich ist? Und was, wenn das EU-Land die Homo-Ehe untersagt?
Rückschritt statt Fortschritt
Über 30 christlichen Verbänden geht das Verbot der Home-Ehe im rumänischen Zivilgesetzbuch nicht einmal weit genug. Sie fordern derzeit als sogenannte Koalition für die Familie, dass im Grundgesetz künftig nur noch die Ehe zwischen Mann und Frau erlaubt ist:
"In der Verfassung heißt es, dass die Ehe zwischen Ehegatten geschlossen wird. Doch Ehegatten kann alles bedeuten. Wir wollen eine klarere Bestimmung, eine, die keinen Spielraum für Zweideutigkeit zulässt", sagt Wanda Nicolau. Die Bukarester Marketing-Frau zieht Listen mit Unterschriften aus dem Regal, die die Koalition zuletzt für ein Verfassungsreferendum gesammelt hat: Fast drei Millionen haben unterschrieben, auf der Straße und vor allem beim Gottesdienst.
Remus Cernea, parteiloser Abgeordneter, ist von dem Zuspruch nicht überrascht. Die orthodoxe Kirche hätte seine Landsleute von der Volksabstimmung überzeugt, sagt er.
"Der Priester im Dorf oder in der Kleinstadt sagt, Leute unterschreibt hier, denn unsere Traditionen sind bedroht, wenn Homosexuelle heiraten dürfen. Für diese Leute ist der Priester die einzige moralische Instanz, und sie befolgen, was er am Sonntag predigt."
Ein hohes Maß an Intoleranz
Noch muss das Parlament das Referendum billigen. Der fraktionslose Cernea lehnt es ab. Seit Jahren kämpft er für eingetragene Partnerschaften – auch für Homosexuelle. Die anderen Parlamentarier schweigen lieber zum Thema, um die Wähler nicht zu verprellen. Schließlich sind in drei Monaten Parlamentswahlen.
Wie das Referendum ausgeht, lässt sich leicht vorhersagen. Homosexuelle gelten als Aussätzige in Rumänien. Alle Umfragen belegen das. Florin Buhuceanu, der Chef der Homosexuellen-Organisation Accept, hält eine Volksabstimmung deshalb für falsch. Über Grundrechte müssten Gerichte entscheiden, nicht Referenden, sagt er:
"Es ist riskant, in einem Land mit einem solch hohen Grad an Intoleranz, die Leute über das Schicksal einer Minderheit entscheiden zu lassen. Wenn wir das zulassen, würden wir morgen per Referendum die Todesstrafe wiedereinführen und vermutlich würden wir entscheiden, die Roma außer Landes zu schicken, nur weil die Mehrheit denkt, dass sie unserem Image schaden."