Die Pandemie sei nach ersten Studien ein Rückschlag für die weltweite Gleichstellung der Geschlechter, sagt die Schriftstellerin Jagoda Marinić . "Gerade die häusliche Arbeit presst uns zurück in alte Rollenmuster." Haushalt, Homeschooling, Zusammenhalten der Familie, sehr viel Zusatzarbeit bleibe an Frauen hängen. Viele Frauen hätten ihre Jobs verloren, und global seien vor allem Mädchen die großen Verliererinnen der Lockdowns, deren Lebenswege – einmal aus der Schule raus – "für immer unterbrochen" seien.
Marinić ist allerdings zuversichtlich, dass ein Umdenken und Nachjustieren bei der Gleichstellung möglich ist. Unsere Demokratie könnte auf faktenbasierte Kritik reagieren. In einem Essay von 2020 hatte Marinić eine Vermännlichung des öffentlichen Lebens moniert. Als ein hohes Defizit an Frauen dort nachgewiesen worden sei, seien "die anderen in der Bringschuld" gewesen. Da habe sich etwas gewandelt. Inzwischen sei Melanie Brinkmann die meistgehörte Virologin in Talkshows.
Gleichstellung nicht allein Frauen aufbürden
Die Verantwortung für einen solchen Kulturwandel dürfe aber nicht auch noch allein auf den Schultern der Frauen lasten, betonte Marinić. Ja, Frau müsste sagen, so geht es nicht weiter; aber die Gefahr sei, "dass die Frau in der Situation, wo sie alles zusammenhalten müsste, auch das noch müsste". "Mit diesem Müssen jetzt an Frauen heranzutreten, finde ich den falschen Moment. Sie aber zu stärken, zu sagen, ihr dürft fordern, ihr dürft sagen, was ihr braucht, finde ich den richtigen Weg."
Positiv findet Marinić, dass der Feminismus nach ihrer Beobachtung innere Spaltungen der Vergangenheit hinter sich gelassen habe. Früher hätte jeder an seinem eigenen Feminismus gearbeitet. "Jetzt hat man verstanden, wir müssen das viel größer denken", sagte die Schriftsteller Jagoda Marinić vor dem Internationalen Frauentag am 8. März.