
Die mehr als 275.000 Gletscher weltweit sind durch die fortschreitende Klimakrise stark gefährdet. Ihre Schmelze hat nicht nur Auswirkungen auf den Meeresspiegel und die Wasserversorgung, sondern auch auf das Ökosystem und die Klimaforschung. Experten betonen, dass der Schutz der Gletscher eine zentrale Herausforderung für die Menschheit darstellt, die nur durch entschlossenes Handeln und umfassende Klimaschutzmaßnahmen bewältigt werden kann.
Inhalt
- In welchem Zustand befinden sich die Gletscher weltweit?
- Welche Regionen sind besonders stark von der Gletscherschmelze betroffen?
- Welche Auswirkungen hat der Gletscherschwund auf den Meeresspiegel und die Wasserversorgung?
- Welche Rolle spielen Gletscher für das Ökosystem und die Klimaforschung?
- Gibt es noch Hoffnung, einige Gletscher zu retten – und was wäre dafür notwendig?
In welchem Zustand befinden sich die Gletscher weltweit?
Die Gletscher sind in einem dramatischen Zustand. Laut einer neuen Studie der Universität Zürich haben sie seit dem Jahr 2000 jährlich etwa 273 Milliarden Tonnen Eis eingebüßt – das entspricht dem Wasserverbrauch der Weltbevölkerung über einen Zeitraum von 30 Jahren.
Auch die Weltwetterorganisation (WMO) meldet einen drastischen Rückgang der Gletschermassen weltweit. Im Jahr 2024 schmolzen 450 Milliarden Tonnen Eis, was das viertschlimmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen markiert. Zum dritten Mal in Folge haben damit alle 19 Gletscherregionen der Erde an Masse eingebüßt.
Seit 1975 sind weltweit mehr als 9.000 Milliarden Tonnen Eis verschwunden, was einem Eisblock von 25 Metern Dicke in der Größe Deutschlands entspricht. Zwischen 2022 und 2024 wurde dabei der größte Gletscherschwund innerhalb von drei Jahren festgestellt, basierend auf den Daten des Welt-Gletscher-Beobachtungsdienstes (WGMS) der Universität Zürich.
Welche Regionen sind besonders stark von der Gletscherschmelze betroffen?
Die Gebirgsgletscher weltweit schmelzen in rasantem Tempo, mit den stärksten Eisverlusten seit Beginn der Messungen in den letzten drei Jahren. Besonders betroffen sind die Anden, der Himalaya und die Alpen. In den Anden sind die Gletscher in den letzten 40 Jahren um 30 bis 50 Prozent geschmolzen.
Im Himalaya sowie im Karakorum in Asien könnte die Hälfte ihrer Masse bis Ende des Jahrhunderts verschwinden. Regionen wie die kanadische Arktis und Grönland waren weniger betroffen. Sollte die Schmelze allerdings so weitergehen, würden dennoch viele Gletscher in Kanada, den USA, Skandinavien und Neuseeland das 21. Jahrhundert nicht überstehen, warnt die WMO.
Klimaforscherin Helena Hoffmann von der Uni Tübingen erklärt, dass vor allem die Berggletscher in den Alpen sehr empfindlich auf Temperaturanstiege reagieren. Ihr Eisvolumen ist kleiner als das der riesigen Eisschilde der Antarktis, weshalb sie schneller abschmelzen - in den nächsten 50 Jahren werden ihrer Einschätzung nach zahlreiche Gletscher der europäischen Alpen verschwinden.
Auch Matthias Huss, der das Gletscher-Messnetz in der Schweiz leitet, betont, dass in den Alpen selbst bei optimistischen Szenarien - wenn also alle Staaten inklusive USA, Russland und China ab 2060 kein CO2 mehr emittierten - mindestens zwei Drittel der Gletscher verloren gehen werden. Sollte der Klimawandel weiter voranschreiten, könnte der Verlust sogar bis zu 90 Prozent betragen.
Welche Auswirkungen hat der Gletscherschwund auf den Meeresspiegel und die Wasserversorgung?
Gletscher spielen eine wichtige Rolle für die Wasserversorgung: Sie speichern etwa 70 Prozent des globalen Frischwassers. Mehr als drei Milliarden Menschen sind laut dem Weltwasserbericht der UNESCO 2025 auf das Schmelzwasser von Gebirgsgletschern angewiesen, besonders in Asien. Einige Regionen sind zu 90 Prozent von Gebirgsgewässern abhängig.
Viele Flüsse entspringen in Gebirgssystemen, die von Gletschern gespeist werden. In Trockenperioden ist dieses Wasser eine essentielle Ressource für die Landwirtschaft und Trinkwasserversorgung. Langfristig könnten viele Gebirgsgewässer versiegen – eine Katastrophe für Menschen und Ökosysteme.

Durch die Erderwärmung fällt weniger Schnee, stattdessen mehr Regen, der ungenutzt abfließt. Das kann zu Sturzfluten führen, im Sommer aber zu Wassermangel. Die zwischen den Jahren 2000 und 2023 geschmolzene Menge Gletscherwasser, trug zu einem Anstieg des Meeresspiegels um rund 18 Millimeter bei. Forscher warnen, dass jeder Millimeter des Anstiegs etwa 200.000 bis 300.000 Menschen an Küstenregionen zusätzlichen Überschwemmungen aussetzt.
Besonders betroffen sind bevölkerungsreiche Regionen, die auf Gletscherwasser angewiesen sind wie viele Städte in Nordindien, die an Flüssen mit Quellgebieten im Himalaya liegen. Das beschleunigte Abschmelzen der Gletscher könnte nicht nur die Wasserversorgung dieser Regionen gefährden, sondern auch zu häufigeren Flutkatastrophen führen, befürchten die Forscher.
Welche Rolle spielen Gletscher für das Ökosystem und die Klimaforschung?
Der Rückgang der Gletscher hat weitreichende Folgen für die Wasserversorgung, Küstengemeinden und das Klima. Die Schmelze führt nicht nur zum Anstieg des Meeresspiegels, sondern destabilisiert auch das Klima in betroffenen Regionen. In Gebirgssystemen wie den Alpen und Anden bieten Gletscher einzigartige Lebensräume für spezialisierte Arten, deren Verlust die biologische Vielfalt gefährdet.
Experten betonen, dass Gletscher durch ihre Reflexion von Sonnenstrahlung das Klima kühlen. Zudem sind Gletscher eine wichtige Quelle für Klimadaten, die durch Eisbohrkerne aus der Vergangenheit gewonnen werden. Ohne diese Daten könnte die Entwicklung des Klimas schwer vorhersehbar werden, was die Anpassung an künftige Veränderungen erschwert.
2025 ist das Internationale Jahr des Gletschererhalts – Forscher hoffen, dass es Investitionen in die Gletscherüberwachung anstößt. Denn in vielen Regionen fehlen Messnetze. Während die Alpen und Norwegen gut überwacht werden, gibt es in Asien und Südamerika kaum direkte Messungen. Wissenschaftler warnen: Ohne genaue Daten können weder Gletscherrückgang noch Naturgefahren wie überlaufende Gletscherseen richtig eingeschätzt werden.
Gibt es noch Hoffnung, einige Gletscher zu retten – und was wäre dafür notwendig?
Ja, aber nur, wenn sofort gehandelt wird. Die meisten Gletscher werden weiter schmelzen, doch konsequenter Klimaschutz könnte den Verlust zumindest verlangsamen. Große Gletscher reagieren aber nur langsam auf Klimaveränderungen und werden daher noch Jahrzehnte lang weiter schrumpfen.
Laut Klimaforscherin Helena Hoffmann könnten einige Gletscher erhalten bleiben, wenn der weltweite Treibhausgasausstoß drastisch reduziert wird – doch besonders in den Alpen sind viele bereits unwiderruflich verloren.
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