Archiv


Glitzerwelt Amman

Burger King und McDonalds, Starbucks, Hugo Boss und Yves Saint Laurent: Amerikanische Läden und Nobelboutiquen schießen in Amman aus dem Boden. Westlicher Lifestyle verändert immer mehr das Gesicht der jordanischen Hauptstadt. Der Grund: Jordanien hat zahlreiche Flüchtlinge aus dem Irak aufgenommen, unter ihnen auch Wohlhabende, die bereit sind, ihr Geld zu investieren.

Von Felix de Cuveland |
    Amman boomt. Wo vor 20 Jahren Beduinen zelteten, breiten sich Luxus-Einkaufszentren aus. Wolkenkratzer schießen aus dem Boden. Sechsspurige Autobahnen durchziehen die 2,5-Millionen-Stadt.

    Im Zentrum wächst auf 350.000 Quadratmetern eine "City in der City": das Abdali-Projekt. Eine Glitzerwelt aus Beton, Glas und Stahl. Einkaufsmagnet und künftiger Sitz von Banken und Konzernen - so stellen es sich die Planer vor:

    "Das wird Touristen aus dem ganzen Nahen Osten und weltweit anziehen - ein Shopping Paradies."

    Fünf Kilometer entfernt, im Nobelviertel Abdoun, reiht sich Club an Club, Restaurant an Restaurant. Villen mit Swimming Pools und üppig grünen Gärten säumen die Straßen.

    Am Abdoun Circle, dem Kreisverkehr, hängen die Jugend-Cliquen herum. Man raucht, gibt sich lässig.

    Showtime. Junge Männer, stylisch, Gel im Haar, weiße Hemden, bis kurz überm Gürtel offen, fahren mit schnellen Autos vor, BMW- und Mercedes-Cabrios, palavern eine Viertelstunde mit Freunden, lachen, gestikulieren - dann starten sie wieder:

    "Das ist einfach geil. Wir gehen ins Starbucks Café, chatten, treffen uns mit Mädchen, hängen in Shopping Centern rum - City Mall, Mekka Mall, Baraka Mall."

    Ortswechsel. Das Starbucks Café im geschäftigen Stadtteil Swiefieh. Noura, IT-Studentin, sitzt mit ihren Freundinnen bei einem Latte Macchiato. Sie geht oft aus:

    "Wir gehen meist ins Jeral, ins Houstons, ins Avenue, ins Bird's , ins Casereccio. Am liebsten mag ich das Café Mocca. Im Sommer gehen wir fast jeden Tag aus."

    Die 19-jährige trägt ihr braunes Haar schulterlang und offen. Kopftücher sind hier, im wohlhabenden Westen, seltener als im armen Ost-Amman. Wenn überhaupt, sind es Seidenkopftücher mit Perlen, Strass und Silberstreifen, kombiniert mit engen Jeans und einem schicken Top. "Muhascha-Babes" - "Schleierbabies" - ist der Spitzname der jungen Frauen, die das Kopftuch einfach zum Mode-Accessoire gemacht haben.

    Hier, im Stadtteil Sweifieh, wo Noura von der Terrasse des Starbucks aus das Treiben in der Fußgängerzone beobachtet, verschwinden die alt eingesessenen Geschäfte. Dem Druck der Ketten und Konsumkonzerne können sie nicht standhalten.

    Burger King und McDonalds, Kentucky Fried Chicken, Cola Cola, Marlboro und Jim Beam, Zara, Hugo Boss, Yves Saint Laurent. Selbst Noura reicht es manchmal:

    "Das ist einfach zu viel. Zu viel verschiedene Marken. Das ist überwältigend. Das ist zu viel."

    In den Lebensmittelabteilungen konkurriert kanadischer Wildlachs mit deutschem Schinken. Holländisches Bier mit Weinen aus Südafrika.

    Probleme mit dem Islam? Toleranz ist angesagt; wir sind in Jordanien, wir sind in Amman - nicht in Saudi-Arabien. Wer Alkohol und Schweinefleisch ablehnt, braucht das ja nicht zu kaufen.

    Bleibt die Frage: Woher kommt das ganze Geld, woher kommen die Investitionen? Jordanien hat - anders als andere arabische Länder - kein Öl.

    "Das kommt von draußen, ausländisches Geld."

    Vor allem aus dem Irak, sagt dieser Restaurantbesitzer:

    "Viele kommen aus dem Irak und sie kaufen Grundbesitz und Häuser. Und ich sehe ja, wenn die in meine Restaurants kommen, die haben immer eine Menge Bargeld dabei."

    Mindestens 700.000 irakische Flüchtlinge hat Jordanien in den letzten Jahren aufgenommen - ein Achtel der Bevölkerung.

    Unter denen, die es nach Amman geschafft haben, sind viele Arme, aber eben auch zehntausende Wohlhabende - Ärzte, Rechtsanwälte, Geschäftsleute, die nicht nur sich, sondern auch ihr Geld hier in Sicherheit gebracht haben.

    Weitere Investitionen kommen aus den Ölstaaten am Persischen Golf. Die Nachfrage nach Häusern und Grundstücken hat - zusammen mit den weltweiten Entwicklungen - zu einem rasanten Preisanstieg beigetragen. Bei Lebensmitteln, Benzin, Mieten, Grundstücken.

    Dort, wo das gigantische Abdali-Projekt aus dem Boden gestampft wird, fürchten die benachbarten kleinen Händler um ihre Existenz. Mit dem neuen Shopping Center können sie nicht konkurrieren:

    "Der Preisanstieg ist enorm. Die Miete für meinen Laden hat sich in kurzer Zeit verdoppelt."

    Doch es gibt auch andere Aspekte. Ein Hunger nach Kunst und Kultur, nach Konzerten und Festivals ist erwacht. Neue Galerien entstehen, alte Stadtviertel werden restauriert. Es ist das Interesse und das Engagement der Jugendlichen, das den Direktor der Jordanischen Nationalgalerie, Chaled Chreiss, begeistert:

    "Heute ist es viel besser als vor 20 Jahren. Die junge Generation ist kulturell sehr interessiert. Die Leute haben ein Bedürfnis nach Büchereien, nach Theaterbesuchen, nach kulturellen Aktivitäten."

    Wer will schon im Zeitalter des Internets, der Handys und des Satellitenfernsehens hinter'm Mond leben? Die Jugend bestimmt nicht. Investitionen in Jordanien lohnen sich, sagt Noura.

    "In diesem Land kann man sehr gut investieren. Die Leute gehen gern in Restaurants und Cafés - und haben Spaß."