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Globaler Kampf um Rohstoffe

Der Export brummt, Deutschland verkauft gut und viel an Schwellen- und Entwicklungsländer. Deren Produktion profitiert. Machthungrige Länder wie China denken weiter: Sie sichern sich kostbare Rohstoffe - weltweit.

Von Christoph Birnbaum |
    Rot glühend rollt der Stahl nach dem Abstich vom Hochofen über das Transportband. Zischend taucht er in das Wasserband ein, gefolgt von den ersten Schlägen einer Presse, die ihn in Form bringen – Alltag im Stahlwerk von Thyssen-Krupp in Duisburg-Bruchhausen.

    3,86 Millionen Tonnen Rohstahl wurden hier und in den übrigen Stahlwerken allein in Deutschland im letzten Monat geschmolzen. 50 Prozent mehr als im Vorjahresmonat, im Juni 2009. Die Stahlindustrie boomt wieder, und damit auch die deutsche Wirtschaft, denn am Stahl hängt fast alles - der gesamte Maschinenbau, die Automobilindustrie, Flugzeug- und Schiffbau, Hoch- und Tiefbau – eben alles.

    Da verlieren Themen von gestern, wie etwa Sorgen vor einer Kreditklemme oder Kurzarbeit schnell an Bedeutung. Dafür rückt fast unerwartet ein Problem der meisten Industriestaaten nach oben: die Sicherung ihrer Rohstoffversorgung. Denn für die Stahlproduktion braucht man vor allem Eisenerze und Kokskohle, die Deutschland zu 90 Prozent importieren muss. Neben einer verlässlichen Versorgung mit Energie – vorwiegend durch Öl und Gas - wird deshalb die Frage der sicheren Versorgung mit industriellen Massenrohstoffen zu einer Kernfrage für die Zukunft westlicher Industriestaaten.

    Kein Wunder, dass Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle in seiner Regierungserklärung Anfang Juli zum wirtschaftlichen Wiederaufschwung das Thema Rohstoffsicherung als Schwerpunkt seiner Arbeit in dieser Legislaturperiode hervorhob.

    "Das wird ein Mega-Thema der nächsten Jahre. Die großen Aktivitäten der Investmentbanken auf diesem Feld geben dafür erste Hinweise. In zwölf Monaten haben sich die Preise für Eisenerz mehr als verdoppelt. Uns muss es darum gehen, dass Deutschland weiterhin verlässlich und kostengünstig mit Rohstoffen versorgt wird. Klar ist: Der Staat wird nicht selbst in den Markt eingreifen, und etwa Rohstoffe einkaufen. Wir helfen dort, wo die Kooperation von Wirtschaft und Politik einen Mehrwert bringt."

    Deutschland als Exportnation muss mit dabei sein, sagt der FDP-Minister. Zum einen soll dies durch eine neu geschaffene Rohstoffagentur geschehen, die bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover angesiedelt wird. Sie soll der Wirtschaft helfen, Informationen über Rohstoffvorkommen zu erhalten und konkrete Projekte anzupacken. Zum anderen durch eine gezielteren Rohstoffsicherungspolitik als Teil der deutschen Außen- und Entwicklungshilfepolitik.
    Doch die Wirklichkeit sieht längst anders aus. Wo Deutschland erst einmal mühsam neue Zuständigkeiten schafft, sind andere Länder längst aktiv vor Ort - in den rohstofffördernden Ländern. Das gilt vor allem für China. Rainer Brüderle weiß dies, und auch weite Kreise der schwarz-gelben Koalition. Denn eine Woche nach der Regierungserklärung des Bundeswirtschaftsministers veranstaltete die CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Bundestag Anfang Juli eine Anhörung zum gleichen Thema. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder machte aus seinem Erstaunen denn auch keinen Hehl:

    "Offensichtlich nehmen doch immer mehr Menschen wahr, dass die Frage der Rohstoffversorgung zu einer zentralen, ja zu einer existenziellen Frage geworden ist. Noch vor einigen Jahren galt die gängige Faustregel, dass 20 Prozent der Menschen 80 Prozent der Rohstoffe für sich verbrauchen. Das ist heute grundlegend anders geworden. Und von vielen zunächst unbemerkt hat sich vor allem ein Land dieser Frage mit besonderer Nachhaltigkeit gewidmet: Und das ist China. Zunächst einmal ist es gar nicht groß aufgefallen, dass China sich auch in Afrika gemeldet hat und jeder dachte, China mache nun auch in der Entwicklungshilfepolitik mit und haben dort auch ihre Interessen. Bis deutlich wurde, dass ihre Interessen vor allem darin liegen, sich die Rohstoffvorräte, die in Afrika reichlich vorhanden sind, zu sichern."

    Doch es ist eben nicht nur Afrika, in das vor allem das energie- und rohstoffgierige China seine Fühler ausstreckt. Auch über die jüngsten chinesischen Aktivitäten konnte Volker Kauder berichten:

    "Vor wenigen Tagen erst habe ich mich von einer Fachgruppe von Leuten informieren lassen über die neuesten Entwicklungen, über die Vorbereitung der Nutzung von Rohstoffen in Afghanistan. Während wir uns darum bemühen, auch mit unserer Bundeswehr, den Menschen dort Zukunftsperspektiven und Frieden zu sichern haben sich die Chinesen zuerst einmal weitgehend unbemerkt, sich darum bemüht, welche Rohstoffquellen es in Afghanistan gibt. Das ist zunächst einmal eine legitime Sache. Wir Deutsche allerdings müssen zur Kenntnis nehmen, dass wir von dieser Thematik der Rohstoffgewinnung noch mehr und mehr abgeschnitten wurden und uns zum Teil auch selbst abgeschnitten haben."

    Denn der Wettlauf um neue Rohstoffquellen für industrielle Massenrohstoffe wie Eisenerz und Kohle, aber auch seltenere Rohstoffe wie Lithium oder Tantal, ist in vollem Gang. Und die Deutschen bleiben dabei weitgehend außen vor. Der Wettlauf ist in vielerlei Hinsicht sehr viel härter, als der um Öl und Gas. Hubertus Bardt, Rohstoff-Experte des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln:

    "Also, wir sprechen ja immer in der Öffentlichkeit sehr angespannt darüber, wie lange reicht das Öl und machen uns darüber große Sorgen. Die Situation ist jedoch bei vielen dieser kleinen Rohstoffe, die man gar nicht so kennt, eigentlich sehr viel ernster als bei dem großen und heiß diskutierten Thema Öl."

    Dabei geht es noch nicht einmal so sehr um die physische Begrenztheit von Rohstoffen, um das sogenannte Endlichkeitsproblem. Industrielle Rohstoffe aller Art gibt es genug auf der Welt. Viel entscheidender ist der Zugang zu den einzelnen Rohstoffen, denn das Vorkommen vieler Rohstoffe ist höchst ungleichmäßig auf unserem Globus verteilt: Knapp ein Dutzend Länder in Lateinamerika, Asien und Afrika - und es sind weiß Gott nicht gerade die politisch stabilsten - verfügen über weltweit begehrteste Rohstoffe. Und die betreffenden Regierungen wissen mittlerweile genau, die Abhängigkeiten des Rests der Welt für sich auszunutzen.

    Die größte Gefahr für eine sichere Rohstoffversorgung liegt deshalb auch im neuen Protektionismus der Förderländer. Hubertus Bardt vom Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln:

    "Wir müssen lernen, international, Rohstoffe weiterhin als handelbare Güter zu betrachten und nicht als politische Güter zu betrachten. Also es muss darum gehen, dass man Rohstoffe fördern kann, dass man in Länder, die Rohstoffe haben, investieren kann, um sie dann auch zu fördern und sie dann auch exportieren kann. Wir brauchen hier freie Märkte, wir brauchen hier Handelsabkommen, hier ist Europa gefragt, hier ist auch letztlich die WTO gefordert. Das ist meines Erachtens die größte Bedrohung."

    Dabei ist das Ringen um Rohstoffe auch längst ein Kampf zwischen Systemen geworden. Das liberale System offener Märkte tritt an zum Beispiel gegen den zentral gesteuerten Staatskapitalismus chinesischer Prägung. Und Indien folgt China auf dem Fuß. Zwei Milliardenvölker sind derzeit mit Riesenschritten unterwegs zu westlichem Wohlstand. Und sie brauchen in ihrer gegenwärtigen Entwicklungsphase mehr Rohstoffe je zusätzlicher Einheit Wirtschaftsleistung als etwa die Europäer. So produziert heute China fast die Hälfte allen Stahls der Welt. China ist der zweitgrößte Ölverbraucher und konsumiert mehr Kohle als jedes andere Land. Insofern bietet der Rohstoffmarkt einen Vorgeschmack auf das, was uns insgesamt beim Kampf um die Vorherrschaft in der Weltwirtschaft noch bevorstehen wird. Und das ist nicht nur für die Politik eine Herausforderung.
    Die klassischen Industriestaaten haben dabei in der Vergangenheit stets darauf gesetzt, dass sie ihren Rohstoffbedarf auf freien Märkten zu akzeptablen Preisen decken können. Die Ölpreisschocks der siebziger und achtziger Jahre haben Europa, Nordamerika und Japan nicht davor abgeschreckt, immer abhängiger von Rohstoffimporten zu werden. So hat die deutsche Industrie nicht nur darauf verzichtet, in neue Bergwerke und Ölquellen zu investieren, sie hat sogar viele solcher Beteiligungen in den letzten Jahren verkauft.

    Im Gegenzug hat China darauf reagiert, wie man es von einem zentralistischen System erwartet: mit einer umgerechnet Hunderte Milliarden Euro schweren staatlichen Beschaffungsstrategie. Staatskonzerne schwärmten auf der ganzen Welt aus, um systematisch Rohstoffe für die Industrialisierung des Landes zu sichern. Dabei machten sie früh die Erfahrung, dass ihnen eine Beteiligung an westlichen Konzernen durch politische Eingriffe verwehrt wurde.

    Eine andere Strategie funktionierte besser: Chinesische Firmen kauften sich dort in Minen und Ölfelder ein, wo die großen westlichen Konzerne aus wirtschaftlichen oder politischen Gründen nicht investieren wollten. Zum Beispiel in Afrika. Die Chinesen revanchieren sich dafür, dass sie – gegen Geld versteht sich – Rohstoffe abbauen dürfen zusätzlich mit dem Ausbau der dortigen Infrastruktur und der Vergabe billiger Kredite. So ist China beispielsweise in großem Stil in Guinea in die Förderung von Bauxit eingestiegen, das für die Aluminiumproduktion benötigt wird.

    Im Kongo geht es um den Abbau von Kupfer. Peking ist darüber hinaus im Sudan und in Niger höchst aktiv. Zusätzlich sind chinesische Staatskonzerne auch den großen Bergbaukonzernen als Ko-Investoren und Geldgeber für Projekte willkommen – beispielsweise in Peru. "Die Chinesen werden immer mehr zu den Rohstoffherren dieser Welt", resümiert etwa der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Werner Schnappauf.

    Ist China den Deutschen und Europäern also in der Rohstoffpolitik um Längen voraus? Hubertus Bardt, Rohstoffexperte des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln, sieht dies differenziert:

    "Klar, wenn man eine zentral geplante Wirtschaftspolitik hat, dann kann man da relativ simpel reingehen. Aber ich glaube nicht, dass das nachhaltig funktioniert. Man hört Beispiele aus Drittländern, die sagen, jetzt haben die Chinesen hier eine Handvoll von Jahren gearbeitet, wir wollen die nicht mehr haben, weil das ökologischer Raubbau zum Teil ist, weil das Sicherheitsstandards sind, die nicht zu verantworten sind und die sich dann wieder anderen Ländern, westlichen Ländern hinzu orientieren."

    Und doch wendet China die gleiche Strategie jetzt nicht nur in Afrika, sondern auch am Südrand der ehemaligen Sowjetunion an - dort, beispielsweise in Kasachstan, von wo aus Bundeskanzlerin Angela Merkel erst vor wenigen Tagen von ihrer letzten Auslandsreise wieder zurück gekehrt ist.

    Hechelt Deutschland mithin den globalen Entwicklungen hinterher, die Länder wie China und Indien schon seit Langem erkannt haben? Manuel Frondel, Professor am Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung in Essen, zögert:

    "Zu früh kommt man also sicherlich nicht mit solch einer Politik. Es dürfte allerdings noch nicht zu spät sein, denn Rohstoffe sind reichlich auf der Welt vorhanden, insbesondere natürlich in Afrika. Aber man sollte mittlerweile sich beeilen, bevor China und andere Länder diese Claims bereits abgesteckt haben."

    Häufig genug haben europäische Kritiker dabei das Vorgehen Chinas als Neokolonialismus geschmäht. Jetzt versuchen sie, es zu kopieren und China in Afrika Konkurrenz zu machen. Mit einer "Rohstoff-Partnerschaft" möchten Deutschland - aber auch die EU-Kommission in Brüssel - künftige Entwicklungshilfe an den Zugang zu Rohstoffvorkommen koppeln.

    Aber es geht um mehr und nicht nur um Rohstoffe. Es geht um die Zukunft der globalen Industriepolitik überhaupt. Denn nur wer Zugang zu wertvollen und seltenen Rohstoffen hat, wird künftig beim technischen Fortschritt einen Spitzenplatz einnehmen können.

    Wie eng Hochtechnologie und die Rohstofffrage dabei miteinander verbunden sind, darauf weist der Rohstoffexperte des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln, Hubertus Bardt, hin:

    "Wir haben vor 20 Jahren für einen Mikrochip zwölf Rohstoffe gebraucht, heute brauchen wir 60, das heißt, wir müssen die Verfügbarkeit von 60 Rohstoffen sichern. Das heißt, die Anfälligkeiten sind sehr viel größer geworden."

    Beispielsweise zur Verwendung von Batterien für Hybridfahrzeuge, Mobiltelefone, Hochleistungsmagnete und Flachbildschirme. Oder aber auch für Festplattenlaufwerke, Röntgenapparate und bestimmte Waffen- oder Radarsysteme. Sie alle kommen heute ohne Rohstoffe wie Yttrium, Lanthan, Neodym oder Promethium nicht mehr aus. Oftmals braucht man nicht mehr als ein Milligramm von ihnen – aber ohne sie läuft buchstäblich nichts im Hochtechnologiebereich. Manuel Frondel vom RWI in Essen:

    "Es werden immer seltenere Rohstoffe auch verlangt – angefangen von 'Seltenen Erden' und Rohstoffe beispielsweise, die für Halbleitermaterialien dienen, wie Germanium und so weiter und Tantal und andere – insofern ist die Facette, die heute an Rohstoffen gebraucht wird, sehr viel größer als früher."

    "Seltene Erden" - der Terminus ist irreführend, denn so vermeintlich rare Metalle wie Scandium gibt es eigentlich in ausreichender Menge. Allerdings sind ihre bekannten Vorkommen zu fast 50 Prozent auf China konzentriert, wo sie auch zu fast 100 Prozent abgebaut werden. Das macht die Sache nicht eben leichter. In der Nähe von Baotou in der Inneren Mongolei liegt der mit Abstand größte Tagebau für "Seltene Erden".

    Peking hat jedoch strengere Förder- und Ausfuhrquoten für diese Rohstoffe erlassen und mit dem Aufbau einer sogenannten "strategischen Reserve" von 200 000 Tonnen begonnen. Darüber hinaus soll es demnächst eine Erhöhung der Exportzölle auf bis zu 25 Prozent geben. Im Gespräch ist auch, bestimmte "Seltene Erden" nach 2015 gar nicht mehr zu exportieren. Der neueste Schritt im "Land des Lächelns" ist die Schließung illegaler Minen und die Konzentration des Abbaus auf einige wenige Staatskonzerne.

    Nach Ansicht der Europäer und der Amerikaner führt dies alles dazu, die Weltmarktpreise künstlich heraufzusetzen und die chinesische Industrie zu bevorteilen. Mittlerweile stufen die Vereinigten Staaten die "Seltenen Erden" als "hoch kritische" Ressourcen ein. In Washington erinnert man sich an den Ausspruch des ehemaligen Staatsführers Deng Xiaoping: "Der Nahe Osten hat Öl, China hat 'Seltene Erden'." 1999 ergänzte Präsident Jiang Zemin, China gehe es darum, "den Ressourcenvorteil in wirtschaftliche Überlegenheit" zu verwandeln.

    Bedenklich ist auch, dass Peking in jüngster Zeit Druck auf westliche Hochtechnologie-Unternehmen ausübt, um sie zur Ansiedlung in China zu bewegen. Das Land erforscht neue Anwendungen für "Seltene Erden" vor allem in "grünen" Techniken - etwa bei Katalysatoren, Energiesparlampen oder Windturbinen. Denn statt nur die Bodenschätze zu exportieren, will Peking mit diesen Endprodukten künftig Milliarden einnehmen – auf Kosten des Westens. Rohstoffexperte Hubertus Bardt:

    "China hat damit das Ziel, Wertschöpfung ins Land zu holen. Sie sagen ja nicht, ihr dürft die 'Seltenen Erden' nicht haben, sondern ihr dürft sie haben, aber ihr müsst sie im Land, in China, verarbeiten und dann das Produkt entsprechend exportieren. Also, wenn es darum geht Wertschöpfung in den Industrieländern zu behalten, Wertschöpfung in Deutschland zu behalten, ist das schon eine bedrohliche Situation, die sich zumindest jedes Unternehmen, was mit diesen Rohstoffen zu tun hat, erst mal durchdenken muss, ob es hier sicher aufgestellt ist oder nicht."

    Und das gilt ganz besonders für "das" Hochtechnologieprojekt der Zukunft schlechthin: die Elektromobilität. Bereits heute argumentiert die Pekinger Staatsführung gegenüber westlichen Firmen ganz offen: Wir haben die "Seltenen Erden", die ihr für die zukunftsweisende Batterietechnik braucht, und wir haben die Ingenieure vor Ort – nicht 1000, sondern 10.000 -, die ihr für die Entwicklung neuer Antriebsaggregate braucht. Kommt also her nach China, um hier zu produzieren!

    Doch wenn China als exklusives Förderland von "Seltenen Erden" in Zukunft globale Industriepolitik macht, das heißt bestimmt, wer was in Sachen Elektromobilität und vor allem wo entwickeln und produzieren darf, dann bedeutet dies mehr oder weniger das Aus für einen freien Welthandel im Hochtechnologiebereich. Manuel Frondel vom RWI in Essen:

    "In Zeiten der Globalisierung und des stark wachsenden Handels über Grenzen hinweg ist das natürlich sehr bedenklich, so eine Einstellung. Nichtsdestotrotz können wir nicht mehr als klagen über diese Haltung Chinas. Es gibt zwar eine Welthandelsorganisation, die auf diese Missstände wie beispielsweise Exportsteuern ( ... ) hinweist, aber letztendlich haben wird keine weltumfassende Organisation, die so etwas verbieten kann."

    Und die Pekinger Machthaber wissen dies nur allzu gut. Deshalb versuchen bereits heute vor allem japanische Ingenieure, in der Batterietechnik alles daran zu setzen, um ohne "Seltene Erden"-Rohstoffe aus China auszukommmen. Ähnliches gilt für den Bau von Brennstoffzellen. Für den elektrischen Antrieb mit Wasserstoff braucht man Platin, für die Batterien von Hybridmotoren unter anderem Lithium. Aber noch ist es nicht gelungen, eine Alternative von "Seltene-Erden"-Metallen in elektronischen Geräten und Zukunftstechnologien zu finden.

    Kehrt sich also weltwirtschaftlich und auch weltgeschichtlich gesehen die Situation in nicht allzu ferner Zukunft um? Werden aus den einstmals reichen westlichen Industriestaaten die Bittsteller von morgen, die gegenüber Ländern wie China um Rohstoffe betteln müssen? Auf der Rohstofftagung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion erinnerte sich der Fraktionsvorsitzende der Union, Volker Kauder, an eine Begegnung mit dem sozialistischen Staatspräsidenten Lula da Silva in Brasilien. Brasilien verfügt über beträchtliche Vorkommen an Eisen, Mangan, Kohle und Bauxit, die längst noch nicht alle erschlossen sind.

    "Ich erinnere mich noch sehr gut an ein Gespräch mit dem brasilianischen Präsidenten Lula über die Frage, wem die Natur in Brasilien eigentlich gehört. Und da habe ich gesagt: 'Was Sie in der Natur, in den Regenwäldern haben, da haben Sie Dinge, Herr Präsident, die wir nicht haben und die wir auch brauchen. Daraufhin sagt er knochentrocken: 'Ihre Steinkohlevorräte interessieren mich auch nicht.' Um damit klar zu machen: Jeder hat eben das in seinem Boden, das gehört ihm, und ansonsten müsst ihr halt mit mir darüber reden, was ihr bereit seid zu zahlen. Ich glaube, wir haben relativ spät das Thema Rohstoffsicherheit als Teil einer wertegeleiteten Außenpolitik entdeckt. Es ist noch nicht zu spät, aber es ist höchste Eisenbahn, dass wir uns an dieses Thema heranmachen."

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