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Globaler Wettbewerb
EVP-Vorsitzender Weber: Donald Trump die Hand ausstrecken

Wenn die USA und Europa weiter die Standards in der Weltwirtschaft setzen wollten, müssten sie zusammenarbeiten, sagte Manfred Weber, Vorsitzender der EVP-Fraktion im EU-Parlament im Dlf. Das Problem seien nicht die geplanten US-Importzölle, sondern China mit seiner subventionierten Stahlproduktion.

Manfred Weber im Gespräch mit Dirk-Oliver Heckmann |
    Der CSU-Europapolitiker Manfred Weber mit zu Fäusten geballten Händen am 19.05.2016 in Berlin.
    Europa müsse geschlossen reagieren, forderte Manfred Weber, Fraktionsvorsitzender der EVP im EU-Parlament, im Dlf (picture alliance / dpa / Michael Kappeler)
    Dirk-Oliver Heckmann: Morgen soll es soweit sein. Ab morgen werden die Strafzölle in Kraft treten, auch auf Stahl und Aluminium aus Deutschland und Europa. US-Präsident Trump hatte diese Zölle verfügt, auch mit Verweis auf den deutschen Außenhandelsüberschuss. Wirtschaftsminister Altmaier hat sich in den vergangenen Tagen in Washington bemüht, die Zölle noch abzuwenden. Das gleiche versucht EU-Handelskommissarin Malmström – bisher jedenfalls erfolglos. Das Ganze wird auch den EU-Gipfel heute und morgen beschäftigen.
    Am Telefon begrüße ich jetzt Manfred Weber. Er ist Vorsitzender der EVP-Fraktion. Das ist die Fraktion der Christdemokraten im Europaparlament. Schönen guten Morgen, Herr Weber.
    Manfred Weber: Guten Morgen, Herr Heckmann.
    "China ist das eigentliche Problem"
    Heckmann: Herr Weber, der Handelsbeauftragte von Donald Trump, Robert Lighthizer, der hat jetzt vor einem Parlamentsausschuss angedeutet, die EU-Staaten könnten so lange von den Zöllen ausgenommen werden, bis Handelsgespräche beendet seien. War also bisher alles Schall und Rauch?
    Weber: Wir haben schon zunächst mal sehr provokative Äußerungen aus Washington gehört, vor allem vom Präsidenten Trump, und jetzt die ersten Signale der Partnerschaft. Wenn man etwas den Nebelrauch der letzten Tage und Wochen bei Seite schiebt, dann stellt man eigentlich fest, dass wir gemeinsam eine gleiche Herausforderung haben, nämlich zunächst mal im Stahlbereich die chinesischen Überschüsse. Die sind ja unser Problem. China produziert deutlich mehr Überschüsse für den Weltmarkt und wir haben bei China sogar Beweise, dass sie staatlich subventioniert sind. Das heißt, China ist das eigentliche Problem im Stahl- und Aluminiumbereich, und das ist ein Problem für Amerika und für die europäische Wirtschaft.
    Das Zweite, was wir feststellen können, ist, dass Donald Trump ja eigentlich den Abbau von Zöllen will. Er verweist ja darauf, dass wir Europäer relativ hohe Einfuhrzölle für Autos, für amerikanische Autos haben. Und diesen Abbau der Zölle, den wollen wir eigentlich auch. Wir hatten ja TTIP angeboten, Gespräche zur Verbesserung der Handelsbeziehungen zwischen Europa und den USA. Insofern: Wenn wir den Nebelrauch jetzt etwas wegziehen lassen, dann wäre es eigentlich jetzt richtig, eine Neuauflage der TTIP-Gespräche zu machen, die TTIP-Gespräche jetzt neu anzugehen mit den Amerikanern und unsere Handelsbeziehungen auf neue Grundlage zu stellen.
    Heckmann: Wäre vielleicht richtig, aber erst mal steht es, denke ich, nicht auf der Agenda, sondern erst mal stehen die Strafzölle in Rede, die morgen in Kraft treten, und da steht ja Deutschland und Europa immer noch auf der Liste. Donald Trump hatte ja speziell Deutschland auch aufs Korn genommen und hat gesagt, der deutsche Außenhandelsüberschuss ist einfach unfair, und es gibt den einen oder anderen Wissenschaftler, der sagt, das stimmt, da hatte er recht, weil Deutschland durch niedrige Löhne quasi Dumping betrieben hat. Sind wir Europäer da nicht bigott in der Frage?
    Weber: Nein, sind wir nicht. Wir haben einfach gute Produkte und dafür brauchen wir uns auch nicht verstecken. Wir sind im Wettbewerb. Auch Donald Trump liebt hoffentlich den Wettbewerb. Wenn unsere Produkte, beispielsweise die deutsche Autoindustrie einfach wettbewerbsfähige, tolle Produkte anbietet, dann dürfen wir die auch verkaufen.
    "Wir wollen Welthandel praktizieren, weil wir alle davon profitieren"
    Heckmann: Wir haben gute Produkte, aber auch niedrige Lohnsteigerungen.
    Weber: Die letzten Steigerungen sind schon ganz gewaltig. Was aber allerdings richtig und gut ist, ist das, dass die deutsche Bundesregierung jetzt auch in Investitionen einsteigt. Wir senken in Deutschland Steuern. Das heißt, die Kaufkraft wird in Deutschland gestärkt. Und es werden Investitionen angestoßen in Deutschland. Das heißt, die Akzentsetzung ist angesichts der Überschüsse, die wir haben, jetzt in Deutschland richtig. Das gilt übrigens beim Handelsüberschuss auch innerhalb der EU-Länder, dass Deutschland im Moment sehr stark ist, und die Akzente wurden richtig gesetzt. Aber noch mal: Ich glaube, dass Wettbewerb eine gute Sache ist. Wir glauben daran, dass wir Welthandel praktizieren wollen, weil wir alle davon profitieren. Aber auch, wenn wir in die digitalen Bereiche schauen, bei Facebook und Google und bei Apple, da hat Amerika tolle Produkte und sie werden auf der Welt verkauft. Es nützt nichts, das gegeneinander aufzurechnen. Lasst uns Wettbewerb betreiben und lasst uns den jetzt so gestalten, dass er fair ist.
    Mit den USA "über Zölle reden und die auch abbauen wollen"
    Heckmann: Wettbewerb ist eine gute Sache, lasst uns das so gestalten, dass er fair ist. – Wie passt denn das damit zusammen, dass in Europa die Zölle im Durchschnitt bei über fünf Prozent liegen und die amerikanischen bei gut drei Prozent? Auch darauf hat Donald Trump hingewiesen.
    Weber: Das ist ein richtiger Punkt und gerade deswegen plädiere ich und auch meine Fraktion dafür, dass wir uns einfach an einen Tisch setzen und miteinander über Zölle reden und die auch abbauen wollen. Das Bekenntnis ist da. Wir hatten es ja mit Kanada bei CETA praktiziert, dass wir Zölle möglichst abbauen und die Menschen entscheiden lassen, welche Produkte sie kaufen wollen, und auf eine moderne Art von Handelspolitik gesetzt.
    Heckmann: Europa könnte die Zölle ja auch von sich aus reduzieren. Hat es jetzt einfach dieser Erpressung von Donald Trump bedurft, damit die Europäer sich endlich bewegen?
    Weber: Nein. Wir waren immer bereit zur Diskussion über Zölle und Zölle senkt man nicht einseitig, sondern man senkt sie im gegenseitigen Einvernehmen, weil auch wir Produktbereiche haben, wo die Amerikaner nach wie vor sehr hohe Zölle verlangen. Im Mix ist die Bilanz auf beiden Seiten so, dass wir ordentliche Zölle verlangen, und die sollten wir abbauen. Auch im Interesse noch mal der Verbraucher, weil die Verbraucher ja auch ein Interesse daran haben. Und ich bleibe dabei: Unsere große ökonomische, handelspolitische Herausforderung ist nicht die Beziehungen zwischen den USA und der Europäischen Union. Die müssen wir stärken und verbessern. Die große Frage unserer Zeit ist, wie können wir die Mächte in Asien in diese Strukturen einbinden. Das gilt sowohl bei den Handelsüberschüssen, bei den Zöllen, bei den Fragen der unfairen Handelsmethoden, beispielsweise Subventionen, die in China für den Stahl bezahlt werden. Das gilt aber noch viel mehr bei den Standardsätzen für die Zukunft. Ich denke an die digitale Welt. Da sind natürlich heute die chinesischen Märkte die Top-Märkte, die großen Märkte, wo viel Geld verdient wird, und wenn wir Europäer gemeinsam mit den Amerikanern noch Standards setzen wollen in dieser Welt, wie wir Datenschutz diskutieren beispielsweise, dann werden wir gezwungen sein, zusammenzuarbeiten. Deswegen erhoffe ich mir, dass wir Trump die Hand ausstrecken und sagen, wir wollen das gemeinsam angehen. Wir haben auch in Washington wie Paul Ryan beispielsweise, den Speaker oft he House, Partner, die mit uns zusammenarbeiten wollen. Diese Hand müssen wir ausstrecken. Ich hoffe, dass jetzt in Washington die Kurve gelingt.
    Heckmann: Herr Weber, das ist Ihre Perspektive. Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass die Perspektive von Donald Trump, des US-Präsidenten offenbar eine etwas andere ist. Der nimmt nicht wahr, dass die Asiaten, dass China hier ein unfaires Spiel betreibt, sondern Deutschland und auch Europa. Und er hat einen weiteren Punkt genannt, dass Deutschland nicht entfernt die zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung ausgibt, wie vereinbart. Ist es nicht eine Wahrheit, dass die Europäer sich immer wieder und lange Zeit zu Lasten der USA einen schlanken Fuß gemacht haben und immer noch machen?
    Weber: Das ist richtig, ja. Herr Heckmann, das ist richtig und das ist eine berechtigte Kritik. Wir Europäer müssen mehr für unsere eigene Verteidigung tun, und da hat auch Donald Trump einen echten Punkt, den wir auch ernst nehmen müssen.
    EU-Gipfel: "Klares Signal aussenden, dass man mit Europa nicht spielt"
    Heckmann: Und der ist nicht neu!
    Weber: Der ist nicht neu, aber wir sehen auch, dass die Verteidigungsausgaben in der Europäischen Union anwachsen. Alle investieren mehr, auch die Bundesrepublik Deutschland. Und wenn wir das auch noch schaffen würden, wir Europäer, dass wir die Investitionen gemeinsam tätigen würden, dann würden wir viele Steuergelder unserer Bürger sparen, weil wir effizienter wären, wenn nicht 28 Staaten einseitig ihre Verteidigungsbudgets planen, sondern wir Europäer das gemeinsam machen würden. Wir würden Effizienz gewinnen. Insofern: Da ist ein Punkt. Die Frage ist nur, muss man jetzt alles in den Beziehungen vermischen untereinander? Wir schwächen uns gegenseitig auch in den militärischen Fragen, wenn wir jetzt in Richtung eines Handelskrieges gehen. Und ich sage noch mal: Natürlich haben wir heute Spannungen. Natürlich muss der EU-Gipfel ein klares Signal aussenden, dass man mit Europa in dieser Frage nicht spielt, dass wir Europäer selbstbewusst sind. Wir haben 2,5 Prozent Wirtschaftswachstum, mehr als die Amerikaner. Wir bauen die Arbeitslosigkeit in Europa ab. Wir sind wirtschaftlich als Europa gut unterwegs. Und aus dieser Position der Stärke heraus muss man Amerika auch sagen, setzen wir uns bitte an einen Tisch, lasst uns sachlich über die Fragen reden, aber hören wir auf mit den Drohungen, die im Raum stehen. Ich fordere vom Gipfel Gemeinsamkeit, Geschlossenheit und Entschlossenheit.
    "Wir brauchen weiter die ausgestreckte Hand"
    Heckmann: Wenn diese Verhandlungen nicht stattfinden sollten, wenn diese Zölle jetzt doch in Kraft treten sollten am Freitag, also morgen, wie sollte Europa dann reagieren? Sollten dann sofort Gegenmaßnahmen ergriffen werden, wie sie auch vorbereitet sind, Zölle auf amerikanische Motorräder beispielsweise?
    Weber: Europa muss wie gesagt geschlossen reagieren, gemeinsam. Nur dann haben wir Gewicht in der Welt. Und wir müssen entschlossen reagieren. Wenn es wirklich zu Strafzöllen kommt, dann muss es Gegenreaktionen der Europäischen Union geben, und ich glaube, dass die Maßnahmen, die derzeit von Jean-Claude Juncker und der EU-Kommission vorbereitet werden, maßvolle Antworten sind. Es ist keine Überreaktion, wenn wir über Motorräder, über Jeans und über Whisky reden. Es ist keine Überreaktion. Wir wollen deutlich machen, dass wir uns dann auch wehren können als Markt, als Europäische Union, und unsere Arbeitsplätze auch schützen können. Es geht ja um viele tausende Arbeitsplätze. Auf der anderen Seite brauchen wir weiter die ausgestreckte Hand.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.