Tino Chrupalla, sächsischer Bundestagsabgeordneter der AfD, plant der "Sächsischen Zeitung" zufolge eine Liste mit Namen "unseriöser" Journalisten. Ziel sei es, Pressevertretern, die voreingenommen seien oder gegen die AfD arbeiteten, in Zukunft die Weitergabe jeglicher Informationen zu verweigern. Das geht aus einem Schreiben an die Mitglieder seines Kreisverbands in Görlitz hervor. Dem Zeitungsbericht zufolge seien auch Hintergrundinformationen über "als Journalisten getarnte Zersetzungsagenten" stets willkommen.
Kommt ’ne Frau zur Autowaschanlage. Sagt sie zu dem Mitarbeiter: "Bitte einmal Fahrzeuginnenreinigung". Brüllt der Mitarbeiter: "Hauen Sie ab! Den Schwachsinn gibt’s bei mir nicht! Innen, innen - jetzt reichts mal langsam mit dem Genderwahn."
Man könnte sagen, dass die AfD inzwischen genauso überempfindlich reagiert. Und zwar auf jede Art der ansatzweise skeptischen Berichterstattung. Da könnte eine Reporterin erzählen, dass ein Abgeordneter der AfD im Bundestag ständig am Naschen sei: weiße Schokolade. Ich meine, seit Helmut Kohl ist eine gewisse parlamentarische Schokoschwäche durchaus salonfähig.
Mit Rassismus gewürzte Schokolade
Aber ich wette darauf: Die AfD würde sich über den Bericht beschweren. Wieso wird extra erwähnt, dass der AfD-ler weiße Schokolade aß? Was steckt da wieder drin für eine Rassismuskeule? Da steckten doch in Wirklichkeit nur Knusperflakes drin, und so weiter und so fort. Aber wenn es dunkle Schokolade gewesen wäre, dann hätte das auch wieder keiner sagen dürfen, weil die ja braun ist, und "braun" zur AfD... Hallo? Ich fang gar nicht erst an.
Mir reicht’s jetzt nämlich auch langsam. Selbst in der AfD gibt es doch zumindest noch ein Lippenbekenntnis zum Sinn von kritischer Berichterstattung für die Demokratie. Und da kommt es einfach nicht glaubwürdig rüber, wenn man jede einzelne kritische Nachricht über sich selbst als komplett erfunden zurückweist. Immer. Das kann einfach nicht angehen. Nobody’s perfect. Jeder hat Schwächen.
Ein eigener Sender für AfD-Skandale
Die einzig glaubwürdige Rettung vor der Kritik durch die "Lügenpresse" ist also: Die AfD muss eine eigene, AfD-kritische Zeitung gründen. Oder gleich einen Fernsehsender. Ich würde so was von einschalten. Da würden nämlich den ganzen Tag lang so kleine, sehr unterhaltsame und völlig irrelevante Skandälchen aufgedeckt über die AfD, vom Niveau her so in etwa zwischen "Gala" und RTL2.
Man würde erfahren, dass Jörg Meuthen früher Rastalocken hatte oder dass Alexander Gauland insgeheim in seine Zahnarzthelferin verknallt ist, die ein Kopftuch trägt und ihn natürlich nicht mehr mit dem Arsch anguckt, aber genau da drauf steht er auch ein bisschen und so weiter, und so weiter – alles erfunden natürlich. Aber kritisch! Das wird toll.
Zersetzungsgefahr auch durch Tierpflegerinnen
Und noch ein Vorschlag für die schwarze Liste der AfD in Sachsen. Natürlich sollten nicht nur unseriöse Journalisten an den Pranger gestellt werden. Oh nein! Was ist mit der Zersetzungsgefahr, die beispielsweise von unseriösen Balletttänzern, Tierpflegerinnen und Hausmännern ausgeht, wenn die ständig ihre verleumderische Meinung verbreiten, nämlich, dass Rassismus scheiße ist. Und dass jemand, der auf der ganzen weiten Welt nur zwei Geschlechts-Identitäten erträgt, in Wahrheit zutiefst neidisch ist auf jede Person, die weniger rigide eingeklemmt lebt als er selbst. Alles nur üble Verallgemeinerung.
So. Wenn ich mit diesen tollen Ideen jetzt nicht sofort einen Platz im neuen AfD-Presseteam kriege, dann will ich aber zackig, aber dalli, aber pronto selber auf die schwarze Liste.