Das Buch "Schön. Schnell - Frauen und die Formel 1" aus dem Jahr 2014 braucht in keiner erweiterten Neuauflage mehr zu erscheinen. Denn im Februar verkündete das US-amerikanische Unternehmen Liberty Media - seit September 2016 Eigentümer der Formel 1 - dass die Grid Girls mit sofortiger und totaler Wirkung abgeschafft werden, weil die Damen in der Startaufstellung, erklärte Marketingchef Sean Bratches, nicht länger "zu den Werten unserer Marke" passen. Was immer heute die hehren Werte der Marke Formel 1 sein mögen, nachdem man sie - Stichwörter Hybridmotoren und Spritmengenbegrenzung - zu einer ökologisch verbrämten Heuchelei im Dienste der Großkonzerne degradiert hat; Werte wohlgemerkt jenseits der altbekannten Hinter-den-Kulissen-Schieberei und der traditionellen Geldschaufelei.
Außer Claire Williams, der stellvertretenden Chefin des Rennstalls Williams, tauchen also in der "neuen, modernen Formel 1" an vorderer Front keine Frauen mehr auf. Die schönen Damen mit den Nummerntafeln, fuhr Bratches in einer Mischung aus Anbiederung an irgendeinen Modegeist, Prüderie und Bigotterie fort, stünden "im Widerspruch zu den Gesellschaftsnormen der heutigen Zeit". Nach dem Greenwashing nun das Political Washing - die "neue, moderne Formel 1" passt wahrlich in eine Gegenwart, in der der Wirklichkeitssinn unter einer klebrigen, global aber auch alles angleichenden pseudofortschrittlich-opportunistischen Tünche vollends verschwindet.
Feministische Website kritisiert Verlogenheit
Freilich mag wenig verwundern, dass etwa der kregle Krachmacher Niki Lauda röhrte: "Haben die einen Vogel?" Doch in den Formel-1-Foren beschweren sich auffällig viele Frauen, die ehemalige Testfahrerin Susie Wolff gibt zu Protokoll, sie sehe in Grid-Girls, die seit Jahrzehnten fester Bestandteil der Formel 1 waren, kein Problem, öffentlich ergreifen jetzt arbeitslose Grid-Girls verbittert das Wort. Und sogar auf der renommierten feministischen Website thefeministcurrent.com wurde die ganze Verlogenheit moniert. Wer nicht über die organisierte Prostitution an den Rennstrecken rede, solle nicht im Namen des Feminismus die Stimme erheben. Und schon der Begriff "Grid Girls" sei ein Schmarren, es seien "erwachsene Frauen", die "aus freien Stücken" als Grid Girls gearbeitet haben. "Wenn Frauen CEOs werden wollen, warum dürfen sie nicht Grid-Girls werden wollen?" Kurzum: Grid-Girls seien "Ikonen des liberalen Feminismus".
"Das einzige, wofür sich Liberty Media mit dieser Entscheidung feiert", ätzt thefeministcurrent, "ist der Nachweis, dass Autorennen ‚familienfreundlich‘ seien." Weshalb nun, "Grid-Kids" als kleine Kinder zwischen die Autos gepackt werden - und zwar, dummschwätzt FIA-Präsident Jean Todt, um "ihnen diesen Traum ein bißchen näherzubringen", den Traum von der frühestmöglichen Abrichtung zu einem Leben für Big Money.
Was ist aus diesem mythenbefrachteten und spektakulären, blödsinnig luxurierenden Sport geworden? Ein lachhaftes, sicherheitsfixiertes Narrenspiel. Eine Art "Hallenhalma", wie der Ex-Pilot Mark Webber meckert. Ein Kindergeburtstag. Eine öde Soap, die sogenannte Entscheider in eine Propagandaveranstaltung zwecks restloser Nannysierung der Welt verwandeln. Ein scheinheiliger, moralapostolischer PR-Witz.
Die Formel 1 ist so tot wie ein Saurier. Man packe sie am neuen, gräßlichen, jedes ästhetische Empfinden verstümmelnden Cockpitschutzaufbau Halo, schmeiße sie in eine dunkle Ecke und vergesse sie. Ja. Laden dichtmachen. Abreißen. Einstampfen. Es langt.
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