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Glosse
Pistole erlaubt, Geigenkasten verboten

In einer Konzerthalle in Forth Worth, Texas, kam es zu einem Eklat: Beteiligt waren zwei Polizisten, ein Geigenkasten und der Chefdirigent des dort ansässigen Fort Worth Symphony Orchestra, Miguel Harth-Bedoya. Der Dirigent wurde aufgrund des Geigenkastens seiner Tochter vor die Tür gesetzt - mit einer offen getragenen Waffe wäre ihm das nicht passiert. Eine Glosse von Georg Hirsch.

Von Georg Hirsch |
    Alte Violine im Geigenkasten
    Gefährlicher als eine offen getragenen Pistole? (imago/Niehoff )
    Vorschrift ist Vorschrift: Seit dem 1. Januar gelten in der Bass Hall neue Regeln, denen zufolge nur noch ganz kleine Taschen mitgebracht werden dürfen. Das soll dem Komfort und der Sicherheit dienen. Musiker müssen die Kästen für ihre Instrumente nun durch die Hintertür hinein- oder hinausschaffen und in gesonderten Sicherheitszonen abladen. Dem verdutzten Dirigenten Miguel Harth-Bedoya sollen die eifrigen Polizisten noch mitgeteilt haben, dass er zwar eine geladene Pistole mitbringen dürfe, nicht aber einen Geigenkasten, der nun einmal die maximal zugelassene Größe von 30 mal 30 Zentimetern überschreitet.
    In Texas dienen auch Pistolen der Sicherheit
    Das hat seine Logik. Denn nach Denkart texanischer Gesetzgeber dienen auch Pistolen der Sicherheit. In Texas sowie in etlichen anderen US-Bundesstaaten sind der Besitz und das Mitführen von Waffen fast ohne Einschränkung erlaubt, solange die Waffe nicht versteckt, sondern offen getragen wird. Dann weiß gleich jeder Verbrecher, von wem er besser die Finger lässt.
    Schon Tschaikowsky verlangt Kanonen im Konzertsaal
    Und überhaupt sind doch Waffen, wenn sie nur offen und ehrlich zur Schau gestellt werden, viel sicherer als Instrumentenkoffer, die irgendjemand herumträgt und von denen man keine Ahnung hat, was darin wirklich transportiert wird. Damit sollte auch die ewige Diskussion, ob für Peter Tschaikowskys 1812-Ouvertüre echte Kanonen zu verwenden sind, oder nur Schlagzeug zur Imitation der Schüsse, ein für alle Mal beendet sein. Natürlich Kanonen! Denn nicht nur in der Transportkiste für eine große Trommel, nein, auch in der großen Trommel selbst könnten Messer, Pistolen oder Sprengsätze versteckt sein.
    Dirigieren mit Knarre
    Was kann Miguel Harth-Bedoya nun aus dem zunächst für ihn nicht so schönen Vorfall lernen? Flucht nach vorne! Also nicht mehr mit einem Taktstock in der Hand dirigieren, sondern mit einer Knarre. Das würde nicht nur Waffenliebhaber ansprechen und damit der klassischen Musik möglicherweise neues Publikum zuführen, sondern auch allerhöchste Konzentration bei den Orchestermusikern bewirken.