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Glück in der Arbeit

Unglückliche Angestellte sind weniger produktiv und häufiger krank. Was den arbeitenden Menschen aber zufriedener und glücklich macht, war Thema einer einer Tagung in der Deutschen Arbeitsschutzausstellung DASA in Dortmund.

Von Andrea Groß |
    "Was gemeint ist, ist so die allgemeine Lebenszufriedenheit der Menschen. Wenn man sie befragt: Wenn sie ihr Leben im Moment betrachten, würden sie sich dann als zufrieden bezeichnen, oder weniger zufrieden oder eben nicht zufrieden. Und diese Antwort ist es also dann, die hier verwendet wird."

    Mathias Binswanger ist Professor für Volkswirtschaft an der Universität St. Gallen in der Schweiz. Zu seinem eigenen Glück bei der Arbeit, oder wie er es definiert, zu seiner Zufriedenheit trägt erheblich bei, wenn er seine Forschungsprojekte selbst wählen und dabei seine Zeit frei einteilen kann. Die Höhe des Gehalts ist ihm dabei nicht so wichtig.

    Damit befindet sich Binswanger in guter Gesellschaft. Die durchschnittlichen Einkommen in Deutschland haben sich in den letzten 50 Jahren verdreifacht. Die durchschnittliche Zufriedenheit der Beschäftigten hat sich im gleichen Zeitraum aber nicht erhöht. Geld macht also nicht glücklich. Dennoch funktioniert Wirtschaft genau so: Ein höheres Gehalt wird mit höherem sozialem Prestige gleichgesetzt. Man kann sich eine bessere Wohnung in einer besseren Gegend leisten und an besseren Orten Urlaub machen. Dass damit mehr Verantwortung, mehr Stress und weniger Selbstbestimmung einhergehen kann, wird von vielen gerne in Kauf genommen. Zufriedener macht das nicht. Ein Dilemma, sagt Volkswirtschaftler Mathias Binswanger.

    "Es würde den Menschen insgesamt wahrscheinlich besser gehen, wenn wir etwas gemächlicher wachsen würden, also mehr Sicherheit hätten, eben dann auf der anderen Seite auch nicht diesen Stress, der einhergeht mit diesem ganzen Wachstum."

    Gerade die jüngsten Finanzkrisen hätten gezeigt, so Binswanger, dass die hohen Wachstumserwartungen von Politik und Unternehmen mit realen Wirtschaftsleistungen gar nicht zu erzielen seien. Das habe zu unvernünftigen Risiken auf den Finanzmärkten geführt, deren Zusammenbrüche ihrerseits weltweit zu Angst und Stress bei Beschäftigten geführt haben.

    Auch was die Unternehmen selbst angeht, ist der Schweizer Volkswirtschaftler nicht sonderlich optimistisch. Zwar sei es mittlerweile Konsens, dass zufriedene Angestellte gesünder und leistungsfähiger sind. Die entsprechenden Programme aufzulegen brauche aber Zeit. Auf den Vorstandsetagen sei jedoch das kurzfristige Erreichen von Wachstums- und Unternehmenszielen sehr viel wichtiger, als langfristige Planung.

    Das Glück bei der Arbeit liegt auch Norbert Breutmann am Herzen. Als Vertreter der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände hat er die Aufgabe, wissenschaftliche Erkenntnisse und betriebliche Wirklichkeit in Einklang zu bringen. Die empirischen Studien zur Arbeitszufriedenheit, so seine Kritik, betreffen überwiegend Angestellte mit akademischem Hintergrund. Für das produzierende Gewerbe sei das wenig hilfreich.

    "Wir haben natürlich arbeitsgestalterisch andere Aufgaben. Wir müssen gerade in Produktionsteams sehr viel personelle Dynamik umsetzen, weil Leistungswandlungen eintreten, weil neue Leute in den Arbeitsmarkt drängen, die üblicherweise sonst nicht da waren, Diversity. Wir haben dann eben mehr Frauen in überwiegend Männerdomänen zu organisieren. All das ist nicht leicht zu machen."

    Das Glück bei der Arbeit ist also auch für den Arbeitgeber eine relative Sache. Besonders wenn er gerade in neue Produktionstechnologie investiert hat und aufpassen muss, dass bei der Umstellung keiner seiner Mitarbeiter auf der Strecke bleibt und weder Migranten, noch Alte oder Junge von der Gruppe ausgegrenzt werden. Aber auch sogenannte High Performer, die völlig in ihrem Job aufgehen, müssen nicht zwangsläufig glücklich sein, sagt der Arbeitgebervertreter Breutmann. Manchmal merken sie es nicht einmal.

    "Wenn die im Auslandsdienst sehr stark eingebunden sind, wird im Gesundheitsmanagement ein Coaching mit Ehepartnern gemacht. Um zu sehen, ob das, was der Hochmotivierte an Aussagen macht, auch wirklich stimmt. Ob denn wirklich die Work-Life-Balance, wie man früher sagte, heute wird es sehr kritisiert – letztendlich ob das Rundum im Leben, ob das richtig organisiert ist. Das ist oft in der Eigensicht etwas verzerrt."