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Glyphosat-Entscheidung
Merkel kritisiert Schmidt

Bundeskanzlerin Merkel wirft Landwirtschaftsminister Schmidt vor, mit seiner Zustimmung zur Weiterverwendung von Glyphosat gegen die Geschäftsordnung der Regierung verstoßen zu haben. Zuvor hatten zahlreiche SPD-Politiker Schmidts Entscheidung als Vertrauensbruch bezeichnet.

    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht mit Christian Schmidt (CSU), Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft und kommissarischer Minister für Verkehr und digitale Infrastruktur, am 28.11.2017 in Berlin zur Eröffnung des 2. Dieselgipfels im Kanzleramt.
    Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt und Bundeskanzlerin Merkel (dpa/Michael Kappeler)
    Merkel erklärte in Berlin, Schmidts Entscheidung habe nicht der ausgearbeiteten Weisungslage entsprochen. Sie erwarte, dass sich so etwas nicht wiederhole. Merkel machte allerdings zugleich deutlich, dass sie in der Sache hinter Schmidt steht.
    Nach Informationen von WDR, NDR und "Süddeutscher Zeitung" war die Entscheidung Schmidts möglicherweise schon lange vorbereitet. Dies gehe aus internen Akten hervor, berichten die Medien. Fachleute seines Ministeriums hätten schon im Sommer vorgeschlagen, das Bundesumweltministerium bei der Abstimmung zu übergehen oder Kanzlerin Merkel zu einer Anweisung im Rahmen ihrer Richtlinienkompetenz zu bewegen.
    Der Minister hatte zuvor im ARD-Fernsehen gesagt, er habe die Entscheidung für sich und in seiner Ressortverantwortung getroffen. Schmidt betonte, die EU-Kommission hätte die Verlängerung ohnehin beschlossen - auch ohne das Votum im Berufungsausschuss der Länder.
    Hendricks: Kanzlerin muss Vertrauensverlust heilen
    Umweltministerin Hendricks (SPD) hatte Merkel heute früh im Deutschlandfunk aufgefordert, "den großen Vertrauensverlust zu heilen". Es sei nicht klar gewesen, ob die Kommission die Glyphosatzulassung allein verlängert hätte. Die SPD-Politikerin betonte, so könne man nicht regieren. Hendricks sagte in Berlin, der Agrarminister habe den Versuch unternommen, sich bei ihr zu entschuldigen. "Ich will auch nicht auf Dauer eine Entschuldigung zurückweisen. Aber ich hab ihm gesagt, dass man so blöd eigentlich nicht sein könnte." Sie ließ zudem erklären, dass sie prüfen werde, inwieweit der Einsatz des Unkrautvernichtungsmittels in Deutschland eingeschränkt werden könne.
    Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Stegner erklärte im ARD-Fernsehen, Schmidts Votum sei ein glatter Vertrauensbruch. Das Verhalten des Ministers diene nicht den Bemühungen für eine Regierungsbildung. Die SPD-Fraktionsvorsitzende Nahles sagte, es stelle sich die Frage, ob die Kanzlerin ihre Leute noch im Griff habe.
    Auch Grünen-Politiker reagierten empört, forderten Aufklärung und personelle Konsequenzen.
    Der CDU-Politiker Bosbach sagte im Deutschlandfunk, man könne eine einzelne Entscheidung nicht der gesamten Union anlasten. Die Härte der Wortwahl bei den Kritikern der Glyphosat-Entscheidung sei ein Zeichen dafür dass die SPD eine erneute Große Koalition nicht wirklich wolle. Bosbach äußerte die Vermutung, die SPD verlange im Grunde einen "Hofknicks" von der CDU. Damit würden die Verhandlungen über eine mögliche Große Koalition nicht nur politisch und inhaltlich, sondern auch atmosphärisch schwierig.
    Zustimmung auch Deutschlands
    Die EU-Mitgliedsstaaten hatten gestern in Brüssel beschlossen, die Zulassung von Glyphosat um fünf Jahre zu verlängern. In früheren Abstimmungen hatte sich die Bundesregierung noch enthalten. Über den Einsatz von Glyphosat wird seit Jahren gestritten. Es gibt mehrere Gutachten mit unterschiedlichen Ergebnissen über eine mögliche krebserregende Wirkung.
    Deutschland hatte auf Geheiß von Schmidt - und gegen den Willen von Hendricks - zugestimmt, dass die EU-weite Zulassung für das umstrittene Pestizid Glyphosat um fünf Jahre verlängert wird. Die Entscheidung fiel im Berufungsausschuss der Mitgliedsstaaten und dient der EU-Kommission als Grundlage.
    (riv/jasi)