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Göring-Eckardt schließt weitere Änderungen an Hartz IV aus

Engels: Seit gestern Abend steht es fest, das neue Arbeitslosengeld II wird schon Anfang Januar ausbezahlt und nicht erst im Februar. Zudem bleibt das Geld, das Eltern für die Ausbildung ihrer Kinder ansparen durch hohe Freibeträge unangetastet. Dies sind die zwei Änderungen der Hartz-IV-Reformen, die gestern beschlossen wurden. Damit haben sich Teile der SPD-Linken und Die Grünen mit Forderungen durchgesetzt. Vor zwei Stunden sprachen wir mit Katrin Göring-Eckhardt, sie ist Fraktionschefin von Bündnis 90/Die Grünen und die erste Frage an sie, ein Grüner Punktsieg gegen Clement?

Moderation: Silvia Engels |
    Göring-Eckhardt: Nein, es geht nicht um einen Punktsieg, sondern wir haben darüber gesprochen, welcher Auszahlungstermin sinnvoll ist, so dass all diejenigen, die ab 1.1. berechtigt sind, Arbeitslosengeld II zu empfangen, dies auch bekommen. Deshalb haben wir uns gestern gemeinsam auf den Termin 1.1. geeinigt und sind damit jetzt auch klar, dass es zwölfmal Zahlungen gibt im Jahr 2005.

    Engels: Vorsorgeverträge für die Ausbildung von Kindern werden nun ebenfalls geschont, wenn es darum geht, das anrechenbare Vermögen für die Höhe des Arbeitslosengeldes II zu ermitteln. Nach Schätzungen von Wirtschaftsminister Clement fehlen durch die beiden Änderungen rund 800 Millionen Euro im Bundeshaushalt. Wie wird das ausgeglichen?

    Göring-Eckhardt: Was zunächst mal ganz wichtig ist, glaube ich, ist, dass wir die Situation für Kinder auf der einen Seite verbessert haben, auf der anderen Seite für alle Kinder gleichgemacht haben. Der Schritt von 14 zu 15 Jahren ist in der heutigen Situation ja wirklich nicht sinnvoll, deswegen vom ersten Tag an 4100 Euro. Wir werden in den Haushaltsberatungen auch dafür sorgen, dass das Geld entsprechend da ist. Wir müssen einen verfassungsgemäßen Haushalt aufstellen, das ist völlig klar, aber darüber, das werden Sie verstehen, haben wir gestern Abend nicht diskutiert, sondern wir haben darüber diskutiert, wie es werden soll und ich glaube, dass es richtig ist, dass das Vermögen von Kindern besser gestellt werden soll, als das bisher in den Vorschlägen der Fall gewesen ist.

    Engels: Ist das der Schlusspunkt oder gibt es noch weitere Veränderungen bei der Umsetzung von Hartz IV?

    Göring-Eckhardt: Nein, auch hier geht es ja nicht um Veränderungen des Gesetzes sondern es geht jetzt darum, dafür zu sorgen, dass es auch eine nachvollziehbare, sinnvolle Ausgestaltung gibt. Wir werden keine Veränderungen am Gesetz vornehmen, wir werden jetzt auch nicht weitere Veränderungen in Details vornehmen. Wir werden natürlich sehr genau beobachten, wie sich im nächsten Jahr, wenn das Gesetz in Kraft tritt, die Regelungen auswirken, zum Beispiel beim Thema Zuverdienst. Und werden mit der Monitoringgruppe, die wir eingesetzt haben, uns anschauen, wie wirkt was und dann auch gegebenenfalls weitere Änderungen vornehmen, aber jetzt wird das Gesetz so in Kraft treten mit diesen beiden Punkten, die wir gestern besprochen haben. Wir werden uns in diesem Herbst vor allen Dingen um Eines zu kümmern haben, nämlich um die Frage, wie genau soll das mit dem Fördern passieren, insbesondere in Ostdeutschland. Da werden wir mit Unternehmen reden müssen wegen Praktika, Ausbildungsplätzen, neuen Arbeitsplätzen, wir werden mit Wohlfahrtsverbänden zu sprechen haben wegen der Frage von Arbeitsgelegenheiten auf dem zweiten Arbeitsmarkt, weil die zentrale Frage der Angebote für jeden und jede, übrigens für Jugendliche ab 1.1. als Rechtsanspruch, das ist die entscheidende Frage, wenn wir das Vertrauen für diese Reform und für den Sinn dieser Reform ab 1.1. gewinnen wollen und daran werden wir jetzt arbeiten.

    Engels: Sie haben gesagt, erstmal soll das Gesetz so in Kraft treten, sie haben aber auch einen heiklen Punkt angesprochen, die Frage, wie viel darf man hinzuverdienen beim Arbeitslosengeld II. Da ist ja die Verwirrung jetzt schon groß. Sogar Experten haben Mühe, daraus Einzelfallregelungen abzuleiten und ihre Parteifreundin Thea Dückert schlägt hier ein vereinfachtes System vor, dass beispielsweise jeder die Hälfte von einem 400 Euro Job, was er da verdient, behalten darf. Ist das nicht einfach die bessere Variante?

    Göring-Eckhardt: Das ist unser Vorschlag gewesen, aber man muss bei Thema Zuverdienst sehr eindeutig sagen, hier hat die Union im Bundestag noch viel härtere Vorstellungen gehabt, was die Zuverdienstmöglichkeiten angeht. Wir haben das sehr bedauert, aber wir waren bei den Hartz-IV-Gesetzen auf die Union angewiesen, das muss man jetzt diejenigen fragen, die dafür gewesen sind, weniger Zuverdienst zu ermöglichen. Ich glaube, dass für die Möglichkeit in Arbeit zu kommen, die Frage des Zuverdienst eine wichtige Rolle spielt, aber wir können natürlich jetzt nicht Regelungen aufmachen, wo wir die Zustimmung der Union brauchen, die noch viel verschärftere Zuverdienstmöglichkeiten machen wollte. Da muss man Herrn Milbradt beispielsweise, der ja gleichzeitig auf Montagsdemonstrationen gehen will, fragen, wieso er solche Regelungen vorgeschlagen hat? Da war das, was die Regierung vorgesehen hat, deutlich besser.

    Engels: Die Kritiker der Hartz-Reformen haben eher verhalten reagiert und setzen jetzt wohl darauf, dass sie noch mehr durchsetzen können. Haben Sie denen durch die Nachbesserungen möglicherweise jetzt erst richtig Material gegeben?

    Göring-Eckhardt: Nein, das sind ja auch keine Nahbesserungen des Gesetzes, es sind Konkretisierungen an zwei Punkten. Was klar ist, dass es natürlich solche gibt, die diese Hartz-Gesetze insgesamt ablehnen und die auf die Straße gehen, sich auch Proteste zu Nutze machen, um diese ganze Reform zu kippen. Das wird nicht passieren. Das wird deswegen nicht passieren, weil wir es richtig finden, weil ich es auch ganz persönlich richtig finde, dass wir sehr, sehr viel Aufmerksamkeit darauf verwenden, wo Beschäftigungsmöglichkeiten sind, hoffentlich am ersten Arbeitsmarkt, aber auch eben gerade im Osten am zweiten Arbeitsmarkt und dass wir solche Beschäftigung für jeden und jede finden im ersten Schritt, für die Jugendlichen ab 1.1. Darauf kommt es aus meiner Sicht jetzt an und darauf werden wir auch alle Energie setzen und das ist der Kern der Reform, um den es uns geht, weil wir der Auffassung sind, dass es keinen Sinn macht Menschen zu alimentieren und dann zu Hause sitzen zu lassen, ohne dass wir uns verantwortlich fühlen, was denn weiter geschieht, ob sie eine Chance haben, ob sie Weiterbildungsmöglichkeiten haben et cetera, darauf kommt es uns an. Das ist auch ein neues Verständnis von Sozialstaat übrigens, weil es nämlich bedeutet, dass wir wollen, dass alle mitmachen können, dass alle dabei sind. Das ist übrigens gerade richtig und wichtig für Familien, die wissen, was Sozialhilfebiographien gerade für Kinder bedeuten.

    Engels: Katrin Göring-Eckhardt, Fraktionschefin der Grünen heute früh im Deutschlandfunk.