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Goethe in Amerika

Holger Noltze: Mit Joachim-Felix Leonhard, dem Generalsekretär des Goethe-Instituts/ Inter Nationes möchte ich versuchen, einmal die andere Perspektive einzunehmen: Die Arbeit der Goethe Institute gilt der Vermittlung der deutschen Kultur und Lebensart. Ist das derzeit in den USA schwerer geworden?

Joachim Felix Leonhard, Generalsekretär von Goethe-Institut/Inter Nationes im Gespräch |
    Leonhard: Es ist ein bisschen schwieriger geworden, aber nicht erst in den letzten Wochen, sondern im Grunde genommen schon nach der Wiedervereinigung. Wir müssen ja deutlich machen, dass wir ein wieder vereinigtes Land aus zwei Nationen sind. Dafür zu werben, dass wir mit unserer Sprache, mit unserer Kultur, mit unseren Programmen nach wie vor interessant und nicht uncool sind, das ist aber nicht nur Aufgabe in den USA, sondern auch in Europa.

    Noltze: Das heißt, es gab schon vor der Irak-Krise eine Grundstimmung, dass Amerikaner die Deutschen uncool finden.

    Leonhard: Das ist die Einschätzung, die wir auch in Großbritannien haben, dass unser Land als ein bisschen langweilig gilt, obwohl wir viel zu bieten haben. Aber bei den jungen Zielgruppen gelten wir als nicht so spannend, wie es im Lifestyle für andere Nationen oder Regionen der Welt gilt.

    Noltze: Das ist die Grundstimmung. Was hat sich jetzt in den letzten Monaten geändert? Gibt es da etwas zu beobachten? Denn wir sind ja jetzt alles andere als uncool.

    Leonhard: Was zu beobachten ist, ist auf jeden Fall, dass wir besonders der älteren Generation, aber auch der jüngeren einen Begriff erklären müssen. Wir müssen erklären, was ein deutscher Weg ist. Dabei haben wir Schwierigkeiten. Wir haben kein Problem zu erklären, dass die Deutschen keine Anti-Amerikanisten sind, sondern sich schlicht und einfach in der Verbundenheit mit Amerika zeigen. Dafür gibt Schüler- und Studentenaustausche und dergleichen. Schwierig wird es immer dann, wenn Klischees auftauchen. Wenn die Rede vom deutschen Weg ist, ist es genauso ungünstig für die Verständigung wie die Zusammenführung von Herrn Rumsfeld, uns in eine Ecke mit Kuba und Libyen zu stellen.

    Noltze: Sie haben letzte Woche in einem Gespräch gesagt, es müssen immer stärker für Verständnis geworben werden und dafür dass die Deutschen zur Völkergemeinschaft gehörten.

    Leonhard: Das ist sehr verkürzt wiedergegeben worden. Ich habe damals lediglich gesagt, dass wir uns in Abwehr des Terrorismus mit allen einig sein müssen, das heißt auch mit der Einbindung in die Beschlüsse und Empfehlungen der Vereinten Nationen. Wenn über die Vereinten Nationen eine Notwendigkeit entsteht, in der letzten Konsequenz, ich bin sonst gegen jede Form von militärischem Eingreifen, einen Diktator zur Aufgabe zu zwingen, dann ist die Situation ähnlich wie sie 1945 war, als die Amerikaner auch dazu beigetragen haben, dass die Deutschen wieder in die Völkergemeinschaft zurückgekehrt sind.

    Noltze: Am Rande ist ja hin und wieder schon von einem Anti-Germanismus die Rede. Gibt es den?

    Leonhard: Den habe ich bisher noch nicht bemerkt.

    Noltze: Die Demonstrationen am Wochenende weltweit und auch in den USA haben ja deutlich gemacht, dass es auch eine verbreitete Skepsis gegen einen Irak-Krieg in den USA gibt. Spielt da die deutsche Position irgendeine Rolle?

    Leonhard: Die spielt mit Sicherheit eine Rolle, weil sie auch eine europäische Position ist. Die Hinweise von Bundeskanzler Schröder und von Außenminister Villepin sowie von der belgischen Seite, noch weitere Verhandlungen, noch mehr Klarheit und Informationen zu bekommen, sind absolut berechtigt gewesen, bevor man sich vorschnell auf ein militärisches Abenteuer einlässt.

    Noltze: Was tun Sie jetzt? Gibt es neben Sprachkursen und Kulturprogrammen auch Versuche, die deutsche Politik und das alte Europa zu erklären und zu vermitteln?

    Leonhard: Das versuchen wir ganz intensiv. Gerade mit unserem Besucherprogramm versuchen wir Multiplikatoren, Journalisten, aber auch jüngere Leute in unser Land zu holen, damit sie dann in den USA berichten, dass sich unser Land keinesfalls so isoliert darstellt, wie es die anderen im Mittleren Westen oder in Amerika wahrnehmen könnten. Man muss immer vor Augen halten, dass das Wissen über Europa und über Deutschland nicht unmaßgeblich von den amerikanischen Medien bestimmt ist. Es kann tage-, aber auch wochenlang nichts in den Medien nichts Berichtenswertes erscheinen, gibt es aber einen Skinheadüberfall irgendwo in diesem Lande hier, dann ist das oft in den Medien der USA. Dann muss erklärt werden, dass wir nicht 99 Prozent Skinheads unter den Jugendlichen in Deutschland haben, sondern dass genau das Gegenteil der Fall ist.

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