In den Stadien der Fußball-Bundesliga gibt es seit Wochen immer wieder diese Bilder: geworfene Tennisbälle, Süßigkeiten oder ferngesteuerte Wagen auf dem Rasen sorgen für Unterbrechungen. Die Fans protestieren damit gegen einen geplanten Einstieg eines Investors in die Fußball-Bundesliga.
Die DFL sucht gerade nach einem entsprechenden Partner. Die Idee: Ein Investor soll bis eine Milliarde Euro an die Liga zahlen, im Gegenzug erhält er für 20 Jahre acht Prozent an den Einnahmen aus den Medienrechten.
Göttlich doppelt involviert
Die Milliarde soll dafür genutzt werden, um mehr Geld im Ausland einzunehmen, zum Beispiel über eine DFL-Streamingplattform, die aufgebaut werden soll. Für die US-Investmentfirma Blackstone ist dieser Deal offenbar nicht gut genug gewesen. Blackstone hat sich aus den Verhandlungen zurückgezogen. Nun bleibt nur noch CVC aus Luxemburg übrig. Und die Verhandlungen gehen trotz der Proteste weiter.
Oke Göttlich hat grundsätzlich Verständnis für den Unmut und die Proteste der Fans gegenüber einem Einstieg eines Geldgebers beim Dachverband der beiden höchsten deutschen Ligen im Männerfußball. Der zweite Anlauf sei allerdings verbessert gegenüber dem ersten, abgelehnten Versuch der DFL. Der neue Vorschlag sei "was den Geld-Verteilungsprozess angeht, zumindest schonmal klarer und eingeschränkter und führt damit zu einer möglichen besseren Verteilung und eben nicht einer größeren Ungleichverteilung.“
Göttlich ist gleich doppelt in Entscheidungen der Deutschen Fußball Liga involviert. Zum einen stimmt er als Präsident von Zweitligist FC Sankt Pauli ab. Als Mitglied im Präsidium der DFL ist er noch stärker in die Vorgänge eingebunden.
Erst glaubwürdig werden, dann Investor finden
Für Göttlich ist klar, dass zuerst die Glaubwürdigkeit gestärkt werden muss, bevor es um den Einstieg von Geldgebern gehen kann: "Ich glaube, man darf das eine nicht zuerst machen, bevor man das andere getan hat. Man muss erst glaubwürdig mit sich selbst sein. Man muss diesen Abstimmungsprozess glaubwürdig gestalten."
Eine weitere Abstimmung sei juristisch aber diffizil, weil es bereits ein Votum für den Vorstand gebe, mit potenziellen Geldgebern zu verhandeln. Über eine weitere Abstimmung, die auch St. Pauli fordert, sollte man aber beraten, findet Göttlich.
Das Problem aus seiner Sicht: "Das Vertrauen, das über mehr als ein Jahrzehnt in die Strukturen verloren gegangen ist. Egal, ob es den Verband angeht oder aber auch vielleicht in einzelnen Vereinen und Clubs." Entscheidungen seien nicht transparent und gut miteinander besprochen und erklärt worden. "Die DFL hat in vielen Jahren teilweise Entscheidungen getroffen, die nicht nachvollziehbar sind, die die Satzungsregeln möglicherweise weit ausgeprägt und interpretiert haben."
"Das muss Hannover intern klären"
Damit bezieht sich Göttlich auch auf die 50+1-Regel. Damit ist im deutschen Fußball geregelt, wie stark sich Geldgeber bei Vereinen und Mannschaften beteiligen dürfen. Genau darüber gibt es bei Hannover 96 seit Jahren einen Streit, der jetzt auch Einfluss auf die Investoren-Entscheidung hat. Der Stammverein von Hannover 96 hatte einen Einstieg nämlich abgelehnt. Martin Kind, Geschäftsführer der Hannover 96 Management GmbH soll allerdings bei der DFL dafür abgestimmt haben. Das wäre ein Verstoß gegen die 50+1 Regel. Hannover sei daher ein Beispiel für die in der Vergangenheit nicht konsequent durchgesetzten Regeln, sagt Göttlich.
"Da ist ein Hannover-Vertrag entstanden, der eben diese Unsicherheiten mit sich bringt, die der Hannover e.V. (eingetragener Verein, Hinweis der Redaktion) mit der Hannover-Kapitalseite austrägt. Und was mich daran so ein bisschen stört, das muss Hannover schon auch selbst intern klären, inwieweit sie da ihre Themen miteinander klären. Aber natürlich muss auch die DFL am Ende sagen: Bei 50+1 sind Weisungsrechte für die e.V.s natürlich maßgeblich."
Es gebe zwar die Gefahr, dass bei einer härteren Durchsetzung der 50+1-Regeln ein betroffener Verein vor ein ordentliches Gericht ziehen könnte. Deswegen müsse man vorsichtig abwägen, wie stark man Verstöße sanktioniert.
"Steuergelder" der Vereine statt Investor?
Die eigenen Statuten wieder härter durchzusetzen, sieht Göttlich auch als mögliche Maßnahme, um bei den Protestierenden wieder Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen: „Dass die sagen: 'Wir glauben den Leuten, dass sie ihr Regelwerk selbst ernst nehmen. Und deswegen können wir auch gerne mal darüber diskutieren, inwieweit wir möglicherweise denn zu Geldmitteln oder Finanzmitteln kommen, die diesen Sport auch weiterentwickeln.' Weil da sind sich alle Vereine, und ich würde sogar behaupten viele Fans einigermaßen einig, dass man investieren muss, um ein paar Dinge im Fußball auch nach vorne zu treiben.“
Göttlich sieht allerdings weitere Probleme, wenn der Einstieg eines Geldgebers erneut scheitert: "Mögliche Investitionen in weitere Entwicklung und auch ein möglicher Zusammenhalt der beiden Ligen und auch die Solidarität innerhalb der Liga, was zumindest die zentrale Vermarktung miteinander angeht, sind bestimmt von einigen Vereinen dann in Frage gestellt."
Die Alternative zu externen Geldgebern sind aus Göttlichs Sicht mehr „Steuergelder“ von den Vereinen für die Liga. Auch das könnte problematisch gesehen werden: "Man muss dann auch sagen, wie viel aus deiner eigenen Vereins-Liquidität geht eventuell dann an die DFL, um mögliche Investitionsprojekte zu finanzieren. Und damit wäre dann weniger Möglichkeit, in deine eigenen Vereins-internen Themen zu investieren."