Mungiu weiß das aus eigener Erfahrung:
"Es ist sehr deprimierend, egal ob mit oder ohne Goldene Palme in einem Kino ohne Zuschauer gezeigt zu werden. Das ist, als ob man die Filme nur für den eigenen Genuss macht."
Seinen in Cannes prämierten Film ließ Mungiu diesmal auch in Orten aufführen, wo das Kino längst geschlossen ist. Wie zum Beispiel in Calarasi, einer typisch rumänischen Stadt, mit ein bisschen Industrie und rund 74.000 Einwohnern. Die sind in den vergangenen Jahren nicht gerade mit Kultur verwöhnt worden. Es gibt eine Bibliothek und einen Theatersaal, in dem Mungiu seinen Film zeigen ließ. Bis Anfang der 90er Jahre hatte die Stadt auch drei Kinos. Der damalige Kino-Verwaltungschef Ion Coman meint über Calarasi:
"Hier ist das Kino gestorben, so kann man das sagen. Es ist endgültig vorbei."
Totengräber für das Kino gibt es viele. Das Publikum zum Beispiel. Es kaufte sich gleich nach der Wende statt Kinokarten ein Abo fürs Kabelfernsehen. Dauerberieselung pur. Dem Kino hingegen fehlten plötzlich die Zuschauer und damit die Einnahmen. Was tun, wenn das Kino nicht sterben soll? Man sucht beispielsweise kapitalkräftige Investoren. Abgelehnt. Das rumänische Parlament verweigerte die Privatisierung der Kinos, weil es sie als marktunabhängige Einrichtungen erhalten wollte. Die angebliche Liebeserklärung für das Kino war in Wirklichkeit sein Totenschein. So blieb das Kino staatlich, doch Zuschüsse bekam es keine. Die Kulturmittel seien zu knapp, hieß es zur Begründung. Die Kinos sollten sich alleine unterhalten. Ion Coman aus dem rumänischen Calarasi ist bei dieser Vorstellung himmelangst geworden. Er war Kinochef und kein Unternehmer. Er wusste nicht, wie man Verträge für Hollywood-Filme aushandelt und mit welchem Geld sollte er bezahlen, wenn die Zuschauer ausblieben?
"Es war ein neues Management gefragt. Man musste sehr aufpassen, was man da überhaupt unterzeichnet. Und ich habe noch überlegt, mir Geld zu borgen, aber wie sollte ich es zurückzahlen? Niemand hat uns geholfen. Wir sollten auf eigenen Füßen stehen. Das war nicht möglich."
Der Staatliche Filmbetrieb hat sich auch selbst zu Grabe getragen. Um die eigenen Arbeitsplätze zu sichern, vermietete die Zentralverwaltung leer stehende Kinosäle, jedoch als Kneipen, Spielhöllen, Wechselstuben. Wenn der Filmbetrieb schon nicht mehr zum eigenen Kino steht, wer sollen es dann retten? Im Kulturministerium hofft man jetzt auf die Kommunen. Die verfügen seit jüngstem über wachsende Einnahmen, die sie beispielsweise in Kultur investieren wollen. Ein Hoffnungsschimmer für die rund 70 Kinos, die es in Rumänien noch gibt. Doch nicht alle werden Kinos bleiben, meint Staatssekretär Virgil Nitulescu vom Kulturministerium schon jetzt:
"Wir wissen, dass nicht alle lokalen Behörden sich ein Kino wünschen, manche wollen es in einen Konzert- oder Theatersaal umgestalten. Wenn aber in den Sälen weiterhin Kultur stattfindet, werden wir die Übergabe der Kinos an die Kommunen genehmigen."
In der Kinoförderung hat die rumänische Kulturpolitik auf der ganzen Linie versagt. Von rund 5.400 Kinos vor der Wende ist rund ein Prozent übrig geblieben. Man stelle sich Cannes-Preisträger Cristian Mungiu in seiner Heimat in einem Kino vor. Erbärmlicher Sound, abgewetzte Stühle, zerschlissene Leinwand. Es wäre die Filmszene für eine Tragikkomödie, die Mungiu so erfolgreich machen. In Wirklichkeit ist das die bittere Realität, die hätte anders stattfinden können. In der rumänischen Filmförderung hat sich das gezeigt. Hier gibt es staatliche Zuschüsse, wenngleich nicht klar ist, wie sie vergeben werden, kritisieren erfolgreiche rumänische Regisseure. Doch wird damit immerhin die rumänische Filmbranche gefördert, aus der zahlreiche gute Filmemacher kommen: Cristi Puiu, Corneliu Porumboiu, Catalin Mitulescu. Die Aufzählung ließe sich lange fortsetzen. Sie alle sind derzeit die beste Werbung fürs rumänische Kino.
In der Stadt Calarasi sind die Menschen ins Theater geeilt, um Cristian Mungius Film zu sehen. Florin Marinescu hat deswegen einen Traum. Er war früher Filmvorführer in der Stadt und sagt, mit den rumänischen Filmen könnte man das einheimische Kino wieder beleben. Marinescu will ein Happyend für Calarasi:
"Wenn wir das Kino mit welchen Mitteln auch immer, dem Publikum zurückgeben könnten, es wieder öffnen könnten - wem das gelänge, der müsste Ehrenbürger von Calarasi werden."
"Es ist sehr deprimierend, egal ob mit oder ohne Goldene Palme in einem Kino ohne Zuschauer gezeigt zu werden. Das ist, als ob man die Filme nur für den eigenen Genuss macht."
Seinen in Cannes prämierten Film ließ Mungiu diesmal auch in Orten aufführen, wo das Kino längst geschlossen ist. Wie zum Beispiel in Calarasi, einer typisch rumänischen Stadt, mit ein bisschen Industrie und rund 74.000 Einwohnern. Die sind in den vergangenen Jahren nicht gerade mit Kultur verwöhnt worden. Es gibt eine Bibliothek und einen Theatersaal, in dem Mungiu seinen Film zeigen ließ. Bis Anfang der 90er Jahre hatte die Stadt auch drei Kinos. Der damalige Kino-Verwaltungschef Ion Coman meint über Calarasi:
"Hier ist das Kino gestorben, so kann man das sagen. Es ist endgültig vorbei."
Totengräber für das Kino gibt es viele. Das Publikum zum Beispiel. Es kaufte sich gleich nach der Wende statt Kinokarten ein Abo fürs Kabelfernsehen. Dauerberieselung pur. Dem Kino hingegen fehlten plötzlich die Zuschauer und damit die Einnahmen. Was tun, wenn das Kino nicht sterben soll? Man sucht beispielsweise kapitalkräftige Investoren. Abgelehnt. Das rumänische Parlament verweigerte die Privatisierung der Kinos, weil es sie als marktunabhängige Einrichtungen erhalten wollte. Die angebliche Liebeserklärung für das Kino war in Wirklichkeit sein Totenschein. So blieb das Kino staatlich, doch Zuschüsse bekam es keine. Die Kulturmittel seien zu knapp, hieß es zur Begründung. Die Kinos sollten sich alleine unterhalten. Ion Coman aus dem rumänischen Calarasi ist bei dieser Vorstellung himmelangst geworden. Er war Kinochef und kein Unternehmer. Er wusste nicht, wie man Verträge für Hollywood-Filme aushandelt und mit welchem Geld sollte er bezahlen, wenn die Zuschauer ausblieben?
"Es war ein neues Management gefragt. Man musste sehr aufpassen, was man da überhaupt unterzeichnet. Und ich habe noch überlegt, mir Geld zu borgen, aber wie sollte ich es zurückzahlen? Niemand hat uns geholfen. Wir sollten auf eigenen Füßen stehen. Das war nicht möglich."
Der Staatliche Filmbetrieb hat sich auch selbst zu Grabe getragen. Um die eigenen Arbeitsplätze zu sichern, vermietete die Zentralverwaltung leer stehende Kinosäle, jedoch als Kneipen, Spielhöllen, Wechselstuben. Wenn der Filmbetrieb schon nicht mehr zum eigenen Kino steht, wer sollen es dann retten? Im Kulturministerium hofft man jetzt auf die Kommunen. Die verfügen seit jüngstem über wachsende Einnahmen, die sie beispielsweise in Kultur investieren wollen. Ein Hoffnungsschimmer für die rund 70 Kinos, die es in Rumänien noch gibt. Doch nicht alle werden Kinos bleiben, meint Staatssekretär Virgil Nitulescu vom Kulturministerium schon jetzt:
"Wir wissen, dass nicht alle lokalen Behörden sich ein Kino wünschen, manche wollen es in einen Konzert- oder Theatersaal umgestalten. Wenn aber in den Sälen weiterhin Kultur stattfindet, werden wir die Übergabe der Kinos an die Kommunen genehmigen."
In der Kinoförderung hat die rumänische Kulturpolitik auf der ganzen Linie versagt. Von rund 5.400 Kinos vor der Wende ist rund ein Prozent übrig geblieben. Man stelle sich Cannes-Preisträger Cristian Mungiu in seiner Heimat in einem Kino vor. Erbärmlicher Sound, abgewetzte Stühle, zerschlissene Leinwand. Es wäre die Filmszene für eine Tragikkomödie, die Mungiu so erfolgreich machen. In Wirklichkeit ist das die bittere Realität, die hätte anders stattfinden können. In der rumänischen Filmförderung hat sich das gezeigt. Hier gibt es staatliche Zuschüsse, wenngleich nicht klar ist, wie sie vergeben werden, kritisieren erfolgreiche rumänische Regisseure. Doch wird damit immerhin die rumänische Filmbranche gefördert, aus der zahlreiche gute Filmemacher kommen: Cristi Puiu, Corneliu Porumboiu, Catalin Mitulescu. Die Aufzählung ließe sich lange fortsetzen. Sie alle sind derzeit die beste Werbung fürs rumänische Kino.
In der Stadt Calarasi sind die Menschen ins Theater geeilt, um Cristian Mungius Film zu sehen. Florin Marinescu hat deswegen einen Traum. Er war früher Filmvorführer in der Stadt und sagt, mit den rumänischen Filmen könnte man das einheimische Kino wieder beleben. Marinescu will ein Happyend für Calarasi:
"Wenn wir das Kino mit welchen Mitteln auch immer, dem Publikum zurückgeben könnten, es wieder öffnen könnten - wem das gelänge, der müsste Ehrenbürger von Calarasi werden."