Ohne Umweg ist das Nationalteam Saudi-Arabiens mit der heimischen Fluglinie nach Doha gereist. Dabei ist der direkte Flugverkehr eigentlich ausgesetzt. Für die weitere Reise in Katar wurde der saudischen Mannschaft ein Bus in ihren Nationalfarben zur Verfügung gestellt. Zudem verbreiteten katarische Medien Kommentare aus den Blockadestaaten, die auf eine Annäherung hindeuten. Der Nahost-Experte Mehran Kamrava forscht an der Georgetown University in Doha.
"In den vergangenen zwei Jahren hätte es einige Anlässe gegeben, um die Krise zu beenden, zum Beispiel die Treffen des Golf-Kooperationsrates. Aber diese Gelegenheiten sind verstrichen. Doch bei den Saudis scheint sich die Einsicht breitzumachen, dass Katar vor der Blockade nicht auf die Knie gehen wird. Wir wissen, dass es seit einigen Monaten auf diplomatischer Ebene Gespräche zwischen Katar und Saudi-Arabien gibt. Der Golf-Cup ist nun eine weitere Chance. Denn Fußball schafft einen größeren Kontext, in dem Politiker sich leichter annähern können. Eine Art Fußball-Diplomatie."
Katarische Spieler mit Schuhen beworfen
Im Januar dieses Jahres sah das anders aus. Bei der Asienmeisterschaft in den Vereinigten Arabischen Emiraten waren Fans und Journalisten aus Katar unerwünscht. Im Halbfinale gegen den Gastgeber wurden katarische Spieler mit Schuhen beworfen, ein Inbegriff für Verachtung. Bei anderen Anlässen verließen saudische Spieler Pressekonferenzen, wenn sie Mikrofone katarischer Sender erblickten.
Zu den politischen Forderungen Saudi-Arabiens gehörte, dass Katar sich von Iran distanziert und seinen Nachrichtensender Al Jazeera schließt. Doch in den vergangenen Monaten ist einiges passiert, etwa der mutmaßlich iranische Beschuss einer Öl-Anlage in Saudi-Arabien und Proteste gegen das Regime in Teheran.
Offenbar richtet Riad seinen Fokus nun wieder mehr auf die Isolation seines Erzrivalen Iran. Zumal die Blockade gegen Katar nicht die gewünschte Wirkung erzielt habe, sagt der Politikwissenschaftler Mehran Kamrava.
"Am Anfang der Blockade waren die Kataris geschockt, sie fühlten sich von ihren Nachbarn verraten. Aber mit der Zeit ergriffen sie die Initiative. Es setzte sich das Bewusstsein durch, dass man neue Einnahmequellen braucht. Die Kataris konzentrierten sich stärker auf die eigene Landwirtschaft und die eigene Industrie. Heute glauben die Menschen, dass Katar mächtiger ist als vorher."
Konflikte bestehen weiter
In den ersten Monaten der Blockade hatten die Kataris mehrere Milliarden Dollar auf ausländischen Konten platziert. Die staatliche Fluglinie Qatar Airways musste sich auf neue Strecken einstellen. Tausende Familien wurden durch unterbrochene Reisewege voneinander getrennt. Doch auch wenn die Blockade bald aufgehoben werden sollte, dürften Konfliktthemen zwischen den Golfmonarchien fortbestehen, etwa der Krieg im Jemen oder die katarische Nähe zu den Muslimbrüdern. Der britische Wissenschaftler Simon Chadwick erforscht Sportpolitik an der University of Salford.
"In der Region wirken sich politische und stammeskulturelle Blockbildungen auf den Sport aus. Die Formel-1-Standorte Bahrain und Abu Dhabi sträubten sich dagegen, dass in Katar ein drittes Rennen in der Golfregion etabliert wird. Katar wiederum lehnte eine Erweiterung seiner Fußball-WM von 32 auf 48 Mannschaften ab. Das war auch ein Zeichen gegen mögliche Co-Gastgeber wie Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate. Darüber hinaus wollte eine Agentur nachweisen, wie ungeeignet Katar als Gastgeber sei. Dann stellte sich heraus, dass Saudi-Arabien diese Kampagne finanziert hat."
"Die Blockade prägt die nationale Identität"
Beim Golf-Cup sind die Teams der Blockadestaaten mit wenigen Fans vertreten. Dem Anschein nach sind sie in den Stadien keinen Anfeindungen ausgesetzt. Jenseits dieser Prestige-Ereignisse werden Sportbegegnungen zwischen Katar und Saudi-Arabien häufig von Provokationen begleitet. So kam es zu Kündigungen von Sponsorenverträgen, abgesagten Spielertransfers oder verweigerten Handschlägen bei Nachwuchspartien. Diese Entwicklung habe in Katar zu einem neuen Nationalstolz geführt, sagt Craig LaMay, Medienwissenschaftler an der Northwestern University in Doha.
"In Doha sieht man das Bild des Emirs überall, die Blockade prägt die nationale Identität stark. Auch im katarischen Sportsender BeIN gibt es politische Kommentare, zumindest in den arabischen Programmen. Diese Kommentare richten sich gegen die Blockade und den saudischen Piratensender BeoutQ, der Inhalte von BeIN abschöpft. BeoutQ sendet mit einer Zeitverzögerung, so dass er die politischen Kommentare entfernen kann."
Seit 1981 sind die arabischen Golf-Staaten im sogenannten Kooperationsrat organisiert. In den vergangenen Jahren galt dieses Netzwerk als weitgehend lahmgelegt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich das nach dem Golf-Cup in Katar wieder ändern wird.