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Golf-Touren
Was steckt hinter dem Zusammenschluss von PGA und LIV?

Seit Gründung der von Saudi-Arabien finanzierten Golftour LIV stand die nordamerikanische PGA-Tour in Fundamentalopposition. Jetzt haben sie sich überraschend zusammengeschlossen. Ein Überblick.

Von Victoria Reith |
Cameron Tringale bei der LIV-Golf-Serie im Trump National Golf Club Washington DC im Mai 2023.
Cameron Tringale bei der LIV-Golf-Serie im Trump National Golf Club Washington DC im Mai 2023. (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Mike Stobe / LIV Golf)

Was war die Ausgangslage?

Seit 2019 hatte es Gerüchte über eine mögliche Konkurrenz-Serie zur PGA Tour gegeben. 2022 entstand dann die LIV Tour. Finanziert wurde sie mit zwei Milliarden Euro aus dem Public Investmend Fund (PIF), einem saudi-arabischen Staatsfond, dessen Vorsitzender der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman ist. PIF kennt man in der Sportwelt bereits, zum Beispiel als Investor in den englischen Premier League Club Newcastle.
Die Turnier-Preisgelder für die Golfer lagen zwischen 120.000 und vier Millionen Euro im Fall eines Sieges – mehr, als bei PGA-Turnieren gezahlt wird. Die Golfer wurden zudem mit Handgeldern von mehr als 100 Millionen Euro gelockt. Dem US-Golfer Tiger Woods alleine sollen um die 700 Millionen Euro angeboten worden sein. Er lehnte ab. Mehr als 50 Golfer folgten aber dem verlockenden Angebot, darunter Master-Gewinner wie Bryson DeChambeau, Sergio Garcia und Martin Kaymer.
Die US-amerikanische PGA-Tour schloss daraufhin die Profis aus, die am neuen Wettbewerb der Saudis teilnahmen. Beide Parteien verklagten sich zudem gegenseitig.
Kurz nach der Gründung bezeichnete der PGA-Geschäftsführer Jay Monahan die LIV-Serie als „irrationale Gefahr, die nicht an einem wahren Wachstum des Spiels interessiert sei.“ Monahan weigerte sich zudem lange, sich mit der Saudi-Golf-Gruppe zu treffen. Laut „Financial“ Times hat es aber in den vergangenen zwei Monaten Geheimtreffen zwischen Monahan und  Yasir Al-Rumayyan gegeben, dem Verwalter des PIF.

Worauf haben sich die Parteien jetzt geeinigt?

Die nordamerikanische PGA Tour, die ehemals in Europa gestartete DP World Tour sowie die LIV Tour haben bekannt gegeben, künftig zusammenzuarbeiten. Sie selbst nennen es in einer Presseerklärung eine „bahnbrechende Vereinbarung zur Vereinheitlichung des Golfsports“. Mit der Fusion ist nun auch der saudi-arabische Staatsfond PIF, der bisher an der LIV Tour beteiligt war, Teilhaber einer neuen gemeinsamen Organisation, die die kommerziellen Rechte der PGA, DP World Tour und der LIV Tour verwalten soll. Yasir Al-Rumayyan, Fondsmanager des PIF, wird Verwaltungsrat-Vorsitzender des neuen Golf-Konglomerats.
Ob die drei Turnierserien trotz der Fusion weiter bestehen bleiben oder sich zum Beispiel die LIV-Serie auflöst, ist noch unklar. Bis Ende 2023 wird es auf jeden Fall noch LIV-Turniere geben. Ab der kommenden Saison sollen zudem Möglichkeiten geschaffen werden, dass die Spieler von der LIV Tour wieder zur PGA Tour oder zur DP World Tour zurückkehren können. Auch hier ist unklar, ob die Rückkehrer eventuell eine Geldstrafe zahlen müssen.
Mit der Fusion wurden zugleich alle Rechtsstreitigkeiten zwischen den beteiligten Parteien beendet. Damit entledigt sich die PGA dem Risiko, ihre Monopol-Stellung zu verlieren. Zudem verspricht der PIF massive Investitionen in den Golfsport, die die PGA auf Dauer nicht hätte erbringen können.

Was sind die aktuellen Reaktionen auf die Fusion?

Die Sportler:
Die Spieler, die der PGA die Treue gehalten und höchst lukrative Angebote der LIV Tour abgelehnt hatten, fühlen sich vor den Kopf gestoßen. Sie werfen dem PGA-Commissioner Jay Monahan angesichts seiner bisherigen Kritik an der LIV-Serie Heuchelei vor.
Ein Treffen zwischen Monahan und den Spielern der PGA kurz nach Verkündung der Fusion sei „hitzig“ und „intensiv“ gewesen, so der PGA-Funktionär. PGA-Toursieger Johnson Wagner sagte dem „Golf Channel“, es habe mehrere Momente gegeben, in denen Monahan zum Rücktritt aufgefordert worden sei. Zudem habe man an Monahans Versprechen erinnert, dass nie wieder ein LIV-Golfer auf die PGA-Tour zurückkehren solle. Der frühere Golfprofi Brandel Chamblee, lautstarker Kritiker von LIV, sprach von einem der traurigsten Tage im Profigolf.
Bryson DeChambeau, früherer U.S. Open-Sieger sowie einer der ersten Stars, die zur LIV-Serie gewechselt sind, sagte nach der Entscheidung, er fühle sich schlecht für diejenigen, die loyal zur PGA gestanden hätten. Ihnen seien Versprechungen gemacht worden, die nicht eingehalten wurden. Zur Menschenrechtsproblematik wollte er sich gegenüber dem Sender CNN nicht äußern.
Weitere Reaktionen:
Der frühere US-Präsident Donald Trump zeigte sich erfreut über den Deal zwischen PGA und LIV. Der passionierte Hobbygolfer sprach von einem „großen, schönen und glamourösen Deal für die wunderbare Welt des Golfs“. Die Sympathie dürfte beidseitig sein. PIF-Chef Al-Rumayyan wurde schon bei LIV-Events auf Trumps Golfkursen mit “MAGA”-Mütze („Make America Great Again“) gesichtet.
Demokratische Politiker zeigten sich vor allem über die Kehrtwende der PGA-Tour verwundert. Senator Richard Blumenthal teilte in einer Erklärung mit, die PGA Tour habe zwei Jahre damit verbracht, das saudische Sportswashing an den Pranger zu stellen und Lippenbekenntnisse zur Integrität des Golfsports abzugeben. Jetzt würde Saudi-Arabien Gold ungeniert dafür benutzen, um von seinen vielen Verbrechen abzulenken.
Senator Chris Murphy twitterte: „Seltsam. Noch vor wenigen Monaten sprachen PGA-Vertreter in meinem Büro darüber, dass die Menschenrechtsverbrechen der Saudis sie von einer Beteiligung an einem wichtigen amerikanischen Sport ausschließen sollte.“
Der Zusammenschluss "9/11 Families United", eine Vereinigung von Familien mit Opfern und Überlebenden des Terroranschlags vom 11. September 2001, fand vernichtende Worte für den Deal. In einer Stellungnahme verurteilte sie die "Heuchelei und Gier" der PGA-Führung, die zum "saudischen Handlanger" geworden sei. "Saudische Agenten spielten eine Rolle bei den Terroranschlägen vom 11. September und finanzieren jetzt den gesamten professionellen Golfsport."

Wieso will Saudi-Arabien eigentlich eine Golf-Tour?

Das Land hat in den letzten Jahren im Rahmen der Initiative "Vision 2030" von Mohammed bin Salman unter anderem in den Sport investiert, um die Abhängigkeit vom Öl zu verringern.
Saudi-Arabien wird aber vielfach auch „Sportwashing“ vorgeworfen. Damit ist der Versuch gemeint, mit Sportinvestitionen Menschenrechtsverletzungen zu vertuschen, wie etwa die Ermordung des Washington-Post-Journalisten Jamal Khashoggi im Jahr 2018, die laut CIA auf Befehl von bin Salman erfolgte.
Und die Investitionen sind mannigfaltig: Neben der LIV-Golftour und dem Einstieg bei Newcastle United hat Saudi-Arabien versucht, die Frauen-Fußball-WM in Australien und Neuseeland zu sponsern. Massive Proteste sorgten dafür, dass die FIFA dem Deal nicht zustimmte. Doch Saudi-Arabien läuft sich bereits warm für den nächsten Coup: Das Land will die Fußball-WM 2030 austragen.
Vor diesem Hintergrund sind auch die Transfers von Christiano Ronaldo und Karim Benzema zu sehen. Beide Fußballer sind für enorme Gehälter in die saudi-arabische Liga gewechselt – weitere Weltstars sollen folgen, um die Aufmerksamkeit für den Wüstenstaat zu erhöhen.