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Golf
So gut wie noch nie

Die Veranstalter der US Open legen großen Wert darauf, den besten Golfern jedes Jahr einen besonders schwierigen Platz in den Weg zu legen. Manche fühlen sich dabei regelrecht gedemütigt. Nicht so Martin Kaymer. Der spielt so gut spielt wie noch nie und erzeugt so den Eindruck, als das Spiel eine der einfachsten Sportarten der Welt.

Von Jürgen Kalwa |
    Das Spiel mit dem Schläger und dem kleinen Ball besteht für die Besten aus vielen Facetten. Es ist ein Denksport, bei dem es um ganz viel Taktik geht. Ein Geschicklichkeitsspiel, bei dem manchmal Zentimeter über Sieg und Niederlage entscheiden. Und es ist eine mentale Herausforderung, die auf den ganz schweren Plätzen vier Tage lang absolute Konzentration verlangt.
    Wenn das alles klappt wie im Traum, dann macht das einen schon "sehr, sehr zufrieden", hat Martin Kaymer in dieser Woche bei den US Open festgestellt. Einem der vier bedeutendsten Profi-Turniere der Welt, bei dem der Sieger ein Preisgeld von 1,5 Millionen Dollar erhält. Am Freitag sagte er zu seinem Caddie, der ihn seit ein paar Jahren durch das Auf und Ab seiner bemerkenswerten Karriere begleitet: "There were a couple of shots that I was surprised how good they were." - Martin Kaymer, inzwischen 29 Jahre alt und seit vielen Jahren in der Weltspitze dabei, ist manchmal selber überrascht, wie präzise er den Ball schlägt.
    So präzise, dass er am Donnerstag auf der ersten Runde eine neue Bestmarke für die 18 Löcher von Pinehurst No. 2 aufstellte, dem schweren Platz in North Carolina: 65 Schläge, fünf unter Par. So gut, dass er das auf der zweiten Runde am Freitag noch einmal mit einer 65 bestätigte. Womit er einen weiteren Rekord zumindest einstellte. Sechs Schläge Vorsprung auf den Zweiten, das ist eine Rarität für dieses Turnier, an dem abgesehen von dem Langzeitverletzten Tiger Woods, die besten Golfprofis der Welt teilnehmen. Eine Vorentscheidung obendrein. Denn in der über hundertjährigen Geschichte der US Open hat noch kein Spieler den Sieg verschenkt, der nach der Hälfte so weit vor den anderen lag.
    Allerdings kann es manchmal noch knapp und nervenzehrend werden. So wie vor fünf Wochen, als Kaymer bei der Players Championship in Florida ebenfalls vier Tage lang dominierte, aber beinahe auf den allerletzten Löchern den Sieg verschenkt hätte. Weshalb er sich für die Entscheidung am Sonntag eines wünschte: "Ich hätte gerne einen Platz, der so schwierig ist wie möglich". Denn dann – und das sagte er nicht – haben es natürlich auch seine Verfolger schwer. Denn dann könnte der Mann aus Mettmann auf Nummer sicher gehen, statt mit jedem Schlag alles zu riskieren.