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Google-Projekt "Dragonfly"
Gefährlicher Präzendenzfall für Internetzensur

Die Mitarbeiter-Petition gegen das China-Projekt von Google setze genau da an, wo es dem Konzern weh tut, sagt der Journalist Stephan Scheuer im Dlf. Er sieht vor allem die Gefahr, dass andere autoritäre Staaten dem Vorbild Pekings folgen könnten.

Stephan Scheuer im Gespräch mit Antje Allroggen | 28.11.2018
    Google-Stand auf einer Ausstellung in Shanghai im August 2016
    Im Projekt "Dragonfly" arbeitet der Internetkonzern Google an einer Suchmaschine für den chinesischen Markt. (picture alliance/dpa)
    Mit einer Petition wehren sich Google-Mitarbeiter derzeit gegen das Projekt "Dragonfly", mit dem der Konzern an einer für China optimierten Suchmaschine arbeitet. Die 300 protestierenden Mitarbeiter bildeten nur eine kleine Gruppe unter den mehr als 80.000 Konzernangestellten und könnten das Projekt wohl nicht verhindern, sagte der Journalist und China-Experte Stephan Scheuer im Dlf.
    "Aber sie setzen genau da an, wo es bei Google richtig weh tut: Google wollte schon immer mehr sein als nur irgendein Unternehmen." Die Firma habe sich unter dem Motto "Don't be evil", also "Sei nicht böse", einen eigenen Verhaltenskodex gegeben – das Motto selbst allerdings aus dem Kodex schon wieder gestrichen.
    Google konnte sich gegen Baidu nicht durchsetzen
    Erst 2010 habe sich der Konzern mit Verweis auf die strengen Zensurvorgaben aus dem chinesischen Markt zurückgezogen. "Faktisch war es allerdings so, dass es Google in den vier Jahren, die sie dort waren, nicht so richtig geschafft hat, sich gegen den lokalen Wettbewerber Baidu durchzusetzen", sagte Scheuer. Er vermutet deshalb, dass auch ökonomische Gründe bei Googles Rückzug im Spiel gewesen sind.
    Dass der Internetkonzern ausgerechnet jetzt wieder in China aktiv wird, findet der China-Experte überraschend. Denn inzwischen habe sich die Medienzensur in China eher noch verschärft. Zwar gebe es in allen Ländern, auch in Deutschland, gesetzliche Rahmbedingungen und Vorschriften, inwiefern Suchanfragen gefiltert werden müssen – zum Beispiel, um die Verbreitung von Kinderpornographie zu verhindern.
    "China schafft allerdings einen Präzedenzfall, der viel, viel weiter geht und natürlich von vielen anderen Staaten auch angewendet werden kann, um Opposition zu unterdrücken", warnte der Journalist. Länder wie Saudi-Arabien könnten dem Vorbild Chinas folgen.