Wir wissen noch nicht, wie es sein wird, wenn in einer vernetzten Datenwelt jeder Dödel alles weiß. Denn bis jetzt war Wissen immer etwas Exklusives. Gewiss, es war und ist auch einfach nützlich - besonders wenn es sich um sogenanntes Sachwissen handelt, aber es wirkte nicht zuletzt als Statussymbol, als Zeichen der Zugehörigkeit zur Klasse der Gebildeten. Bücherlesen beispielsweise ist eine zeitraubende Beschäftigung, um die man nicht herumkommt, wenn man gebildet sein oder zumindest gebildet erscheinen möchte. Man muss im Ozean der Schriften schon etliche Tauchgänge absolviert haben, um ein paar Perlen auslegen zu können.
Das alles galt vor Google. Denn mit der Google-Büchersuche lassen sich ganze Bibliotheken in Sekundenschnelle nach Stichwörtern und Stichwort-Kombinationen durchforsten. Wofür man früher echtes, tiefes Wissen brauchte, das kann man heute mit einer pfiffigen Suchstrategie am Internet-Computer erzeugen: triftige Literaturzitate, begriffliche Zusammenhänge, Panoramen des Denkens. Alles per Knopfdruck abrufbar, weil nicht mehr wir alles lesen müssen: die große Suchmaschine tut es.
Die Kränkung, die darin liegt, ist für jeden Geistesmenschen offenkundig. Zu einem guten Teil erklärt sich damit das fortschrittsfeindliche Spektakel, das viele potentielle Nutznießer der neuen Technik aufführen: Schriftsteller, Wissenschaftler, Intellektuelle, Bibliothekare und Verleger. Vor allem in Europa hat sich eine Anti-Google-Front gebildet, die auf drei Überzeugungen beruht: Erstens, ein Buch ist keine Datei, Literatur und Bildschirm gehen nur um den Preis eines immensen Kulturverlustes zusammen. Zweitens, wenn schon unsere Bibliotheksbestände elektronisch aufbereitet werden sollen, dann gefälligst nicht durch eine amerikanische Privatfirma. Und drittens, was macht Google eigentlich sonst noch so?
Das erste Argument ist nicht bloß ein ästhetisches. Natürlich dreht sich jedem Bibliophilen beim bloßen Gedanken an ein E-Book der Magen um. Auf der Frankfurter Buchmesse war vor zwei Wochen die ganze Resistenz, um nicht sagen: Renitenz der Branche gegenüber diesem Thema deutlich zu spüren. Aber dieselben Literaturkritiker, die jetzt noch große Töne gegen die kleinen Lesegeräte spucken, finden es doch recht praktisch, dass sie von einer Verlagspressestelle ein ganz eilig benötigtes Buch als .pdf-Datei per E-Mail geschickt bekommen können.
Das heißt, unsere Art und Weise des Umgangs mit Literatur hat sich bereits verändert, ohne dass der alte Streit zwischen "Formalisten" und "Inhaltisten", zwischen denen, die Lektüre als Lebensform pflegen, und jenen, die bloß wissen wollen, was im Text steht, irgendwie entschieden wäre. Auch das rasche Nachschlagen - wenn der Begriff noch erlaubt ist - im Internet gehört längst zu den Vergewisserungsroutinen im geistigen Milieu. Bei der Google Büchersuche führt das allerdings zu drolligen Deformationen, denn urheberrechtlich geschützte Werke werden nur auszugsweise präsentiert, damit man sich nicht den Kauf spart. Und so fehlen in der Bildschirmanzeige immer wieder einzelne Seiten; es ist, als läse man ein schwer beschädigtes Buch, doch aus Kostengründen arrangiert man sich mit diesem Text-Vandalismus und gleicht die fehlenden Passagen in der Phantasie aus.
Das zweite gegen Google gerichtete Argument scheitert an der schlichten Tatsache, dass eben nur diese amerikanische Privatfirma und keine wie immer geartete europäische Institution über genügend Geld, Technologie und Willenskraft verfügt, um die Digitalisierung ganzer Bibliotheken in Angriff zu nehmen. Das dritte hingegen lässt sich nicht von der Hand weisen: Wer die Firma Google nutzt, nutzt der Firma Google. Jeder Klick wird registriert, jede Suche ausgewertet. Google weiß, was wir gelesen und was wir überblättert haben. Natürlich ist es komfortabel, wenn wir das Buch, das unsere Stichwörter enthält, prompt zum Kauf angeboten bekommen. Dieser Komfort ist mit dem Schrumpfen der Anonymität verbunden. Was immer Google tut, es befeuert die allgemeine Datenparanoia. Aber wie Henry Kissinger zu sagen pflegte: Auch Paranoiker werden manchmal wirklich verfolgt!
Das alles galt vor Google. Denn mit der Google-Büchersuche lassen sich ganze Bibliotheken in Sekundenschnelle nach Stichwörtern und Stichwort-Kombinationen durchforsten. Wofür man früher echtes, tiefes Wissen brauchte, das kann man heute mit einer pfiffigen Suchstrategie am Internet-Computer erzeugen: triftige Literaturzitate, begriffliche Zusammenhänge, Panoramen des Denkens. Alles per Knopfdruck abrufbar, weil nicht mehr wir alles lesen müssen: die große Suchmaschine tut es.
Die Kränkung, die darin liegt, ist für jeden Geistesmenschen offenkundig. Zu einem guten Teil erklärt sich damit das fortschrittsfeindliche Spektakel, das viele potentielle Nutznießer der neuen Technik aufführen: Schriftsteller, Wissenschaftler, Intellektuelle, Bibliothekare und Verleger. Vor allem in Europa hat sich eine Anti-Google-Front gebildet, die auf drei Überzeugungen beruht: Erstens, ein Buch ist keine Datei, Literatur und Bildschirm gehen nur um den Preis eines immensen Kulturverlustes zusammen. Zweitens, wenn schon unsere Bibliotheksbestände elektronisch aufbereitet werden sollen, dann gefälligst nicht durch eine amerikanische Privatfirma. Und drittens, was macht Google eigentlich sonst noch so?
Das erste Argument ist nicht bloß ein ästhetisches. Natürlich dreht sich jedem Bibliophilen beim bloßen Gedanken an ein E-Book der Magen um. Auf der Frankfurter Buchmesse war vor zwei Wochen die ganze Resistenz, um nicht sagen: Renitenz der Branche gegenüber diesem Thema deutlich zu spüren. Aber dieselben Literaturkritiker, die jetzt noch große Töne gegen die kleinen Lesegeräte spucken, finden es doch recht praktisch, dass sie von einer Verlagspressestelle ein ganz eilig benötigtes Buch als .pdf-Datei per E-Mail geschickt bekommen können.
Das heißt, unsere Art und Weise des Umgangs mit Literatur hat sich bereits verändert, ohne dass der alte Streit zwischen "Formalisten" und "Inhaltisten", zwischen denen, die Lektüre als Lebensform pflegen, und jenen, die bloß wissen wollen, was im Text steht, irgendwie entschieden wäre. Auch das rasche Nachschlagen - wenn der Begriff noch erlaubt ist - im Internet gehört längst zu den Vergewisserungsroutinen im geistigen Milieu. Bei der Google Büchersuche führt das allerdings zu drolligen Deformationen, denn urheberrechtlich geschützte Werke werden nur auszugsweise präsentiert, damit man sich nicht den Kauf spart. Und so fehlen in der Bildschirmanzeige immer wieder einzelne Seiten; es ist, als läse man ein schwer beschädigtes Buch, doch aus Kostengründen arrangiert man sich mit diesem Text-Vandalismus und gleicht die fehlenden Passagen in der Phantasie aus.
Das zweite gegen Google gerichtete Argument scheitert an der schlichten Tatsache, dass eben nur diese amerikanische Privatfirma und keine wie immer geartete europäische Institution über genügend Geld, Technologie und Willenskraft verfügt, um die Digitalisierung ganzer Bibliotheken in Angriff zu nehmen. Das dritte hingegen lässt sich nicht von der Hand weisen: Wer die Firma Google nutzt, nutzt der Firma Google. Jeder Klick wird registriert, jede Suche ausgewertet. Google weiß, was wir gelesen und was wir überblättert haben. Natürlich ist es komfortabel, wenn wir das Buch, das unsere Stichwörter enthält, prompt zum Kauf angeboten bekommen. Dieser Komfort ist mit dem Schrumpfen der Anonymität verbunden. Was immer Google tut, es befeuert die allgemeine Datenparanoia. Aber wie Henry Kissinger zu sagen pflegte: Auch Paranoiker werden manchmal wirklich verfolgt!