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Gottesdienste
"Das ist mir zu langweilig"

Noch immer gehören Gottesdienste für Millionen Deutsche zum Wochenendprogramm, aber die Besucherzahlen gehen zurück. Das liegt an großen Trends wie Säkularisierung und Individualisierung. Ein Teil der Probleme ist jedoch hausgemacht: unpersönliche Predigten und pastoraler Jargon.

Von Mechthild Klein |
    Totale einer Kirche in Tain während des Gottesdienstes
    Langweilige Predigten, Pastoren, die nicht auf die Menschen eingehen: Viele Menschen wünschen sich, dass die Kirche mehr auf sie zukommt. (Andreas Noll / Deutschlandfunk)
    Jeden Sonntag läuten unbeirrt die Glocken. Doch sie rufen oft vergeblich. Rund 3,3 Millionen Menschen besuchen zwar laut kirchlicher Statistik am Wochenende einen Gottesdienst, aber - gemessen an 46 Millionen evangelischen und katholischen Christen im Land - ist das wenig.
    Gut gefüllte Kirchenbänke sind die Ausnahme
    Laut Statistik gehen nur 3,4 Prozent aller evangelischen Kirchenmitglieder zum Gottesdienst. Bei der katholischen Kirche kommt man noch auf gut zehn Prozent. Ob in der Stadt oder auf dem Land - gut gefüllte Kirchenbänke sind die Ausnahme. In der Regel folgen ein paar alte Frauen und sehr wenige Männer dem Glockengeläut, der Rest schläft sich aus. Oder lässt sich allenfalls bei hohen Feiertagen blicken. Dass Menschen nicht in den Gottesdienst gehen, hat mit dem großen Wort Säkularisierung zu tun. Es hat jedoch auch Gründe, die innerhalb der Kirchenmauern liegen:
    Jörn Iken: "Nee, das ist mir zu langweilig. Weil ich zieh da keinen Gewinn draus, aus der Predigt nicht. Die ganze Liturgie gefällt mir ganz gut, aber dieser ganze Eindruck wird wieder zunichte gemacht - durch die langweilige Predigt. Die ganze Predigt besteht, meiner Ansicht nach, aus Worthülsen."
    "Das finde ich peinlich"
    Dabei würde der Publizist Jörn Iken gerne in den Gottesdienst gehen, ihn stößt der Duktus auf der Kanzel ab oder auch die Ansprache:
    "Es hat so bestimmte Ausdrucksformen, die fast immer gleich ist, bei allen Pastoren. Als wenn die alle durch die gleiche Schule gegangen sind zum Predigen. Und dazu kommen so Spielelemente, wo ich mich als Erwachsener veräppelt fühle. Da hoppelt ein Küster durch die Kirche, weil er den Osterhasen mimt. Das finde ich peinlich für den Küster - noch peinlicher für die Zuschauer. Fremdschämen. Man rutscht so ein bisschen auf den Kirchenbänken hin und her, wenn der da angehoppelt kommt. Wozu sitze ich hier und was hat das alles mit mir zu tun."
    Helmut Teipelke: "Sonntags zum Gottesdienst: Wir müssen da nicht unbedingt noch hin. Wir gehen Weihnachten und dann hat sich das. Allgemein würde ich sagen, dass die Pastoren, dass die zu wenig auf die Menschen, auf ihre Gemeinde zugehen. Dass sie kaum Hausbesuche machen. Das kenne ich ganz anders."
    Leere Kirchenbänke stehen in der St.Anna Kirche in Düren. Foto: Horst Ossinger / dpa
    "Wir gehen Weihnachten und dann hat sich das" - die Kirchenbänke verwaisen (dpa / Horst Ossinger)
    Viele Menschen fühlen sich nicht gesehen in den Kirchengemeinden, sagt Helmut Teipelke, der einst Küster in einer Hamburger Gemeinde war. Er kannte durchaus noch Zeiten, in denen die Kirchen voller waren. Andere wünschen sich mehr Seelsorge - aber das machen Pastoren kaum noch selbst, dafür suchten sie meist Freiwillige. Frau Teipelke sagt:
    "Ich bin der Meinung, Kirche muss auf einen zukommen. Und die Pastorin oder der Pastor muss einen ins Gespräch bringen."
    Dabei experimentieren die Kirchen durchaus mit verschiedenen Formen des Gottesdienstes. Zur "Nacht der Kirchen" in zahlreichen Städten sind die Gotteshäuser proppenvoll. Allerdings sind das einmalige Veranstaltungen, in denen Literatur, Musik, Theater, Gespräche oder auch Kabarett im Mittelpunkt stehen.
    Der Gottesdienst - angestaubtes Zentrum der Gemeinde?
    Dennoch halten die Kirchen daran fest: Der Gottesdienst - bei den Katholiken die Messe - sei die zentrale gemeinschaftliche Versammlung. Dort wird der aus der Bibel gelesen, gepredigt und das Glaubensbekenntnis gesprochen. Im Gottesdienst oder in der Messe wird das Abendmahl oder die Eucharistie gefeiert. Kurz: Dort zelebriert die Gemeinschaft der Christen ihren Glauben.
    Doch vielleicht muss da mehr am Gottesdienst selbst geändert werden. Menschen möchten mehr auf Augenhöhe angesprochen werden. Das 2000 Jahre alte Modell, nach dem der Gläubige zur Schafherde gehört und der Pastor der Hirte ist - das klingt doch ziemlich angestaubt und lässt die Gleichrangigkeit vermissen. Übrigens, vor zehn Jahren waren die Kirchenbänke auch nicht viel voller. Über 15 Prozent Gottesdienstgänger waren es ohnehin nie, seit Beginn der Zählung nach 1945. Aber immerhin gibt es keine Beschimpfung der Gläubigen mehr, die sonntags zu Hause bleiben.