"Dantons Tod". Die Uraufführung der Georg-Büchner-Oper am 6. August 1947 bei den Salzburger Festspielen macht ihren Komponisten über Nacht berühmt: den 29-jährigen Österreicher Gottfried von Einem.
Geboren wird Gottfried von Einem am 24. Januar 1918 in Bern – offiziell der Sohn des österreichischen Militärattachés und späteren Generals William von Einem, tatsächlich aber das Kind einer Affäre seiner Mutter mit einem ungarischen Grafen. Eine einerseits konservativ-monarchistische, andererseits liberal-kosmopolitische Familie, die den Jungen früh prägt.
"Ich hab' mich eigentlich fast überall dort wohlgefühlt, wo ich relativ bald Freunde mir gewann."
"Ich hab' mich eigentlich fast überall dort wohlgefühlt, wo ich relativ bald Freunde mir gewann."
Seine Kindheit und Jugend verbringt von Einem in Schleswig-Holstein – in Plön und Ratzeburg; er lernt Klavierspielen und begeistert sich so sehr für Musik, dass er beschließt, "Componist" zu werden – was er zeit seines Lebens mit "C" schreibt statt mit "K".
"Weil es etwas sehr Fremdes ist. Mit 'K', das wäre etwas 'bourgeois'."
Festhalten an der Tonalität gegen alle Avantgarde
Mit 19 kommt er 1937 nach Berlin, arbeitet als Korrepetitor und studiert ab 1941 bei Boris Blacher. Trotz aller Anfeindungen der Nationalsozialisten – seine Mutter sitzt über ein Jahr in Gestapo-Haft – genießt er die Protektion der Dirigenten Wilhelm Furtwängler und Herbert von Karajan, der 1943 von Einems Concerto für Orchester uraufführt und feiert 1944 in Dresden mit dem Ballett "Prinzessin Turandot" seinen ersten Bühnenerfolg. Von Einems musikalische Sprache ist alles andere als avantgardistisch, dabei aber sehr expressiv und vor allem rhythmisch überaus abwechslungsreich – wie im Violinkonzert von 1967.
Das Festhalten an der Tonalität – gegen alle Strömungen der Avantgarde – macht seinen Erfolg beim Publikum aus, und vor allem seine Bühnenwerke werden überall gespielt und gefeiert. Gottfried von Einems Liebe zum Wort prädestiniert ihn für die Oper – vor allem für die Literaturoper.
"Ja, also, ich hab' das Wort sehr gern – vor allem das geschliffene. […] Das Wort kann erhellen und muss es."
Nach "Dantons Tod" folgen "Der Prozess" (nach Kafka), "Der Zerrissene" (nach Nestroy), "Der Besuch der alten Dame" (nach Dürrenmatt) und "Kabale und Liebe" (nach Schiller) sowie drei weitere Opern nach Libretti seiner zweiten Ehefrau, der österreichischen Dichterin Lotte Ingrisch. Mit einem sicheren Gespür für Sprach-Dramaturgie schafft er eine perfekte Balance zwischen Text und Musik.
"Das Wort ist nicht in der Oper unbedingt der Sinnträger, sondern die Musik – und die Kombination von Wort und Klang."
"Von Einem ließ sich von keinerlei Moden beeinflussen"
Seit 1953 lebt von Einem in Wien, wird Professor für Komposition an der Musikhochschule und Direktoriumsmitglied der Salzburger Festspiele. Am Ende umfasst sein oeuvre mehr als 100 Werke, die international viel Anerkennung finden – etwa 1975 in New York die Brecht-Kantate "An die Nachgeborenen", ein Auftrag zum 30-jährigen Bestehen der Vereinten Nationen.
Der Weltbürger und Grandseigneur stirbt am 12. Juli 1996 in Oberdürnbach in Niederösterreich – ein wenig 'aus der Zeit gefallen' zwar, doch hoch geehrt und geachtet, wie seine Biografin Ingrid Fuchs schreibt:
"Gottfried von Einem ließ sich in seinem Schaffen von keinerlei Moden beeinflussen. Was manchen damals als konservativ erschien, war nichts anderes als die bewusste Weigerung der Anpassung an den Zeitgeist."
"Gottfried von Einem ließ sich in seinem Schaffen von keinerlei Moden beeinflussen. Was manchen damals als konservativ erschien, war nichts anderes als die bewusste Weigerung der Anpassung an den Zeitgeist."